„Nein, was soll die Frage überhaupt? Stellst du jetzt alles infrage, wegen einer Bemerkung?" Ich verdrehe die Augen, für mich ist das so viel mehr als nur eine Bemerkung, die Leons Mama da von sich gegeben hat. Warum sieht mein Freund nicht, wie weh mir das tut? Ich will nicht zwischen ihm und seiner Familie stehen, aber ich glaube kaum, dass die Situation mit seiner Mama nochmal anders wird. Bevor ich etwas sage, das ich später bereue, schweige ich lieber. Stumm wende ich mich meinen Unterlagen zu. Leon schnaubt daraufhin, verschwindet im Schlafzimmer und kommt wenig später in Sportklamotten heraus. „Ich geh laufen, dann haben wir beide ein bisschen Zeit für uns selbst." Er drückt mir einen Kuss auf die Wange und verlässt das Haus. Als die Tür ins Schloss gefallen ist, stoße ich einen frustrierten Schrei aus. Ich hasse es mit ihm zu streiten. Jetzt wo gerade alles so gut läuft, kommt sowas.
Nach circa einer Stunde höre ich wie die Haustür geöffnet wird und Leon ins Wohnzimmer hereinkommt. Er geht vor meinem Stuhl in die Hocke, seine braunen Augen suchen meine. „Ich habe dir nie das Gefühl geben wollen, dass du wegen mir zurückstecken solltest oder so. Wir sind doch glücklich miteinander oder nicht?" Das holt mich aus meiner Wut: „Doch natürlich sind wir glücklich. Oh man warum streiten wir hier eigentlich?" „Weil du dich offensichtlich nicht so ganz mit meiner Mama verstehst und ich möchte, dass du dich bei meiner Familie wohl fühlst." Auch Leons Härte verschwindet, sein Blick wird warm und ich greife nach seiner Hand. „Ich weiß wie wichtig dir das ist. Und ich wünschte wirklich, dass es nicht so wäre. Vor allem an Weihnachten vermiesen solche Auseinandersetzungen nur die Stimmung. Ich habe mich von Lydia ziemlich angegriffen gefühlt, deshalb war ich einfach sauer. Das hat sich irgendwie auf dich übertragen und ich war enttäuscht, dass du nichts zu ihr gesagt hast. Es ist nicht so einfach, wenn einem so viel Misstrauen und Vorurteil entgegen gebracht wird. Ich hatte auch irgendwie Angst, dass du ihre Meinung vielleicht teilen würdest." „Hübsche, du weißt doch wie stolz ich auf dich bin. Du machst das was dir Spaß macht und bist so unfassbar gut. Ich habe wirklich großen Respekt davor, wie du das Studium durchziehst. Ich bin nie davon ausgegangen, dass du nicht erfolgreich sein willst und wirst in dem was du tust. Wenn das zwischen uns funktionieren soll, dann brauchen wir eine Beziehung in der wir beide Platz haben, das ist mir bewusst. Bisher hat das doch auch ganz gut geklappt. Es tut mir leid, dass ich dir heute nicht vermitteln konnte, dass ich immer hinter dir stehe. Ich habe nicht das ganze Gespräch mitbekommen und ich kenne Mama, ich dachte sie ist einfach ein bisschen zu fürsorglich. Ich habe vor morgen mit ihr zu sprechen, an Weihnachten wollte ich kein Drama losbrechen. Tut mir leid." Leon zieht mich an sich und schlingt die Arme um mich.
„Es wäre schön gewesen, wenn du direkt mit ihr gesprochen hättest. Ich hab deinen Rückhalt vermisst. Aber ich kann verstehen, dass du heute nicht mit ihr streiten wolltest. Mir tut es auch leid." ,ich lege meine Arme um seinen Körper und erwidere die Umarmung. Leon vergräbt sein Gesicht in meinen Haaren. „Ich hasse es mit dir zu streiten." ,murmelt er. „Ich hasse es auch, lass uns das auf ein Minimum beschränken." Leon nickt. „Was machen wir noch mit dem Abend?" ,frage ich schließlich. „Du siehst aus als würdest du noch arbeiten wollen. Ich koch uns was, danach können wir auf der Couch chillen und einen Film ansehen, was meinst du?" „Ich kann dir auch helfen beim Kochen. Gemütlich kuscheln und was anschauen klingt gut." Ich spüre ein Kopfschütteln an meinem Hals: „Ne mach du mal schön das da fertig, Papa hat den Kühlschrank gefüllt, ich komme klar." „Okay danke." Ich lasse mich wieder auf den Stuhl fallen und mache mit meinem Übungsfall weiter. Leon streicht mir noch kurz über den Arm, ehe er in der Küche verschwindet.
Wenig später dringt ein leckerer Duft zu mir und ich versuche mich zu beeilen, damit wir essen können. Gerade als ich mein Buch zuklappe, kommt mein Freund aus der Küche. „Ich wäre fertig, wie sieht's bei dir aus?" ,fragt er mich. Ich gehe auf ihn zu und schlinge meine Arme um seine Taille. „Ich bin auch gerade fertig." Leon drückt mir einen Kuss auf den Scheitel, dann gehen wir gemeinsam in die Küche. Leon füllt Tomatensuppe in zwei Schüsseln, während ich den Bulgur mit dem Gemüse auf zwei Teller verteile. Mit Gläsern und Besteck bewaffnet setzen wir uns an den Esstisch. Ich nehme einen Löffel Suppe und schließe genießerisch die Augen, die ist wirklich gut. Man muss dem Fußballer definitiv lassen, dass er sehr gut kochen kann. „Es schmeckt total lecker." ,teile ich ihm mit. „Freut mich. Ich habe auch Glühwein entdeckt, den können wir nachher noch warm machen." „Oh ja, das ist super nett von deinem Papa. Wir könnten ihn morgen zum Abendessen einladen, er hat hier alles so toll für uns vorbereitet." ,schlage ich vor. „Ja klar gute Idee. Ich weiß nicht ob es gut wäre, wenn wir Mama auch einladen? Ich könnte mit ihr sprechen und naja vielleicht du auch? Wenn Papa dabei ist, wird er sie eh ein bisschen runterbringen. Die Beiden verstehen sich immer noch ziemlich gut." Ich verziehe bei Leons Worten mein Gesicht. Eigentlich hat er Recht, mir wäre es auch lieber wir würden das aus der Welt schaffen, auch wenn ich nicht weiß, ob das funktionieren wird. „Na gut, versuchen wir es." ,stimme ich schließlich zu, wodurch ich Leon ein Lächeln ins Gesicht zaubere. „Danke Hübsche."
Nach dem Essen räumen wir die Küche auf und erwärmen nebenbei den Glühwein. Leon hat frische Orangenscheiben sowie eine Zimtstange mit in dem Topf getan, deren Duft jetzt durch die Wohnung zieht. Wir reden nicht viel, doch die Stille ist, im Gegensatz zu der vorhin, nicht unangenehm oder erdrückend. Ich bin froh, dass zwischen mir und Leon wieder alles gut ist. Ein Streit an Weihnachten ist nun wirklich nicht schön. Wenig später stelle ich die dampfenden Tassen vor mir auf dem Wohnzimmertisch ab. Ich lasse mich neben dem Brünetten auf die Couch sinken und genieße es wie er augenblicklich meine Nähe sucht. Er umfasst meine Taille mit seinem Armen, während er seinen Kopf auf meinem Bauch bettet. Ich fahre mit meiner rechten Hand durch seine Haare und kraule sanft seinen Nacken. Auf dem FlatScreen beginnt der Film „Rudolph mit der roten Nase", von dem ich dem Mann in meinen Armen vor ein paar Tagen erzählt habe. Er zählt zu meinen absoluten Lieblingsweihnachtsfilmen. Ich hauche ihm einen Kuss auf den Kopf, ehe ich nach meiner Tasse greife. „Danke, dass du so aufmerksam bist." „Ich bin gespannt wie der Film ist, wenn du so von ihm schwärmst." ,entgegnet Leon und lässt seine Hand unter meinen Pulli fahren, um meine Seite mit seinen warmen Fingern zu streicheln. So könnte ich es für immer aushalten. Nur wir beide, sonst niemand.Am nächsten Morgen werde ich sanft durch ein Kitzeln an meiner Wange geweckt. Leon sitzt auf der neben mir im Bett und küsst mich sobald ich die Augen geöffnet habe. „Guten Morgen Hübsche." „Morgen." ,wünsche auch ich ihm. „Ich hab Frühstück gemacht." ,er zeigt grinsend auf das riesige Tablett, das neben uns im Bett steht. „Dankeschön. Wie spät ist es denn schon?" „Erst neun, ich war schon kurz laufen und anschließend gleich beim Bäcker." Ich grinse: „Na wenigstens einer von uns macht Sport im Urlaub." Das entlockt ihm ein dreckiges Schmunzeln: „Du machst doch auch Sport, nur eher mit möglichst wenig Kleidung." Ich setze mich lachend auf und lehne mich an das Kopfteil des Bettes. „Stimmt irgendwie." Leon reicht mir eine Tasse mit Cappuccino, ehe er das Tablett zwischen uns schiebt und nach seinem Kaffee greift. „Was machen wir jetzt eigentlich mit Silvester?" ,fragt er nach einer Weile. „Also von mir aus können wir hier bleiben. Meine Eltern sind in Italien, Anne und Dominik machen spontan einen Kurztrip, Paula und Jannik feiern dieses Jahr bei seinen Freunden, Michi und Katja sind auch unterwegs und Lukas macht nen Männertrip mit seinen ehemaligen Kommilitonen vom Studium. Meine Freunde sind also eh alles raus." ,erzähle ich. Das bringt meinen Freund zum Strahlen: „Marius macht eine Silvesterparty." „Das klingt doch toll, dann lerne ich auch mal ein paar mehr Leute als Marius und Tim aus deinem Freundeskreis kennen." Leon nickt und drückt mir einen Kuss auf. „Wollen wir nachher ins Bergbaumuseum und zum VfL Stadion? Dann kann ich dir auch ein bisschen was von der Stadt und so zeigen, bevor wir mit dem Kochen starten." „Oh ja gerne, wir können dann einfach auf dem Rückweg noch kurz einkaufen." ,stimme ich zu.
Der restliche Vormittag und auch der frühe Nachmittag in Bochum sind wirklich toll. Wir haben uns dick angezogen und Leon zeigt mir seine Stadt. Ich merke wie viel ihm das alles bedeutet, er blüht total auf. Zuerst klärt er mich im Museum über die lange Bergbautradition der Region und seiner Familie auf. Ich finde es tatsächlich sehr spannend, da mich die Mentalität der Leute so fasziniert, dieses Malochergen haben immer noch so viele in sich. Danach zeigt mir Leon das Stadion des VfL Bochum, er führt mich durch das Heiligste seines Jugendclubs. Auch hier merke ich, was das für ihn heißt, hier zu sein. Er wird von allen Mitarbeitern, denen wir begegnen äußerst nett begrüßt und erwidert das mindestens genauso herzlich. Er kennt jeden einzelnen beim Namen, obwohl er schon eine Weile nicht mehr hier spielt. Ich glaube es tut ihm gut hier Kraft zu tanken. Außerdem ist es für mich auch schön endlich seine Welt kennenzulernen. München ist nicht seine Heimat, sondern einfach nur sein Arbeitsplatz. Dieser Teil von ihm in seinem Zuhause hat mir bisher gefehlt.
Heute mal wieder ein Update zum Wochenstart, ich hoffe ihr hattet ein schönes Wochenende. Unsere beiden Turteltäubchen haben sich ja Gott sei Dank wieder versöhnt und von euch ist hoffentlich niemand sauer auf mich ;)
DU LIEST GERADE
nulla accade senza ragione // Leon Goretzka
Fiksi PenggemarMathea ist zurück zuhause in München, um dort ihre Semesterferien bei ihren Eltern und Freunden zu verbringen. Sie stattet ihrem Vater, einem bekannten Arzt einen Überraschungsbesuch ab und platzt dort mitten in eine Untersuchung. Der Anblick des Pa...