Chapter 59

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Die nächsten Tage vergingen wie im Flug. Die meiste Zeit verbrachten Katherine und ich in unserer Wohnung oder wir stiegen ins Auto und fuhren ohne Ziel los. Kat zeigte mir die verschiedensten Orte und Dinge, die "man einfach nicht verpassen" durfte und wir ignorierten die meisten Updates, die Kat von ihren Informanten aus Mystic Falls bekam. Wir wussten, dass sich die Salvatores aus irgendeinem mir völlig unerklärlichen Grund mit Klaus verbündet hatten, aber eigentlich war mir das auch egal. Wenn sie beschäftigt waren, bedeutete das nur, dass uns niemand stören konnte. Und da ich das Gefühl hatte, Katherine mit jedem gemeinsamen Tag ein wenig näher zu kommen, war es mir nur recht, von niemandem gestört zu werden. Zumindest bis ich langsam begann mich zu fragen, warum sich meine Schwester nicht bei mir meldete. Seit ihrer Party, von der ich frühzeitig verschwunden war, hatte ich sie nicht mehr gesprochen. Zuerst hatte ich gedacht, sie wäre vielleicht beleidigt und würde mich ignorieren, aber als sie selbst nach mehr als einer Woche nicht an ihr Handy ging, fing ich an, mir wirklich Sorgen zu machen. Selbst Katherines Informanten hatten seit einigen Tagen nichts mehr von ihr gehört. Also hatte ich beschlossen, die einzige Person zu fragen, die vielleicht wissen würde, wo sie war. Katherine war zwar dagegen gewesen, dass ich so spät abends noch bei ihm zu Hause auftauchte, aber ich wollte nicht mehr länger als nötig warten.

"Ah, Schwesterherz, womit verdiene ich diese Ehre?", begrüßte mich mein Bruder, während ich in die Eingangshalle des Mikaelson-Anwesens trat. Bei seinem Anblick jedoch spannte ich mich sofort ein wenig an. Er war beinahe vollständig mit Blut beschmiert.

"Hallo, Klaus. Hat dir niemand beigebracht, wie man isst, ohne zu kleckern?"

Seine Augen verengten sich leicht, aber das war das einzige Zeichen, dass er gerade ziemlich mieser Laune war. "Das ist das Blut von zwölf meiner Hybriden, die ich gerade abgeschlachtet habe, weil sie vorhatten, mich umzubringen. Du kommst nicht gerade zu einem günstigen Zeitpunkt, also sag mir, was du willst."

Einige Sekunden musterte ich ihn verwirrt, zuckte dann aber mit den Schultern. Ich kannte seine Hybriden nicht und ehrlich gesagt, war es mir ziemlich egal, was er mit ihnen machte. Das war nicht mein Problem. "Ich kann Rebekah nicht erreichen", kam ich also gleich zur Sache. "Weißt du, wo sie ist?"

"Natürlich weiß ich das. Ich habe sie erdolcht."

Schockiert sah ich meinen Bruder an und verschränkte die Arme vor der Brust. "Du hast WAS?!"

"Tu doch nicht so überrascht, du weißt, dass ich so etwas häufiger mache. Sei lieber froh, dass ich für dich noch keine so praktische Methode habe, um dich loszuwerden."

Ich ignorierte seine Drohung und funkelte ihn an. "Wieso hast du sie erdolcht? Dieses Mal. Sie ist doch ausgezogen, also hat sie dich sicher nicht nur genervt."

"Rebekah hat etwas gewusst, was sonst niemand erfahren sollte. Aber was soll's, mittlerweile scheint ja eh jeder davon zu wissen, also kann ich es dir auch gleich erzählen. Wir sind auf der Suche nach einem Heilmittel."

"Einem Heilmittel?", fragte ich verwirrt nach. "Wogegen?"

"Gegen Vampirismus natürlich", antwortete mein Bruder mir, als ob das so selbstverständlich wäre. Ich hatte mein Vampirsein nie als Krankheit gesehen, aber anscheinend ging das den meisten wohl anders. "Es hat mit diesem Vampirjäger angefangen, der in der Stadt war. Er war einer der Fünf, ein ganz besonderer Kreis aus Jägern. Jedes Mal, wenn sie einen Vampir töten, erweitert sich ein Tattoo, das nur sie selbst sehen können, bis es zum Schluss einen Weg zum Heilmittel zeigt. Einen Weg, den man nur mit diesem Schwert hier entschlüsseln kann. Ich habe Rebekah erdolcht, damit sie niemandem davon erzählen kann, und das zwischen Stefan und mir bleibt, aber leider hat der kleine Salvatore seine Klappe nicht halten können. Wenn du Rebekah also aufwecken willst, tu dir keinen Zwang an. Sie ist im alten Lockwood-Keller, soweit ich weiß."

"Du weißt nicht einmal sicher, wo ihr Körper gerade ist?", fragte ich fassungslos nach und warf nur einen kurzen Blick auf dieses mysteriöse Schwert, bevor ich enttäuscht den Kopf schüttelte. "Was willst du überhaupt mit diesem Heilmittel? Ich hätte gedacht, dass du gerne unsterblich bist."

"Das Heilmittel ist ja auch nicht für mich, sondern für Elena. Ich brauche ihr menschliches Blut, um neue Hybriden zu schaffen. Jetzt, wo mich all meine Hybriden hintergangen haben, mehr denn je. Es gibt nichts, was mir wichtiger wäre."

Einige Sekunden musterte ich Klaus und seufzte dann leise. "Also gut, dann viel Spaß noch bei deiner Suche. Ich gehe jetzt unsere Schwester wieder aufwecken. Versuch doch bitte, sie dieses Mal wenigstens bis Weihnachten am Leben zu lassen."

Mit diesen Worten ging ich auf direktem Weg zu dem Lockwood-Keller, wo ich jedoch von einer unerwarteten Situation begrüßt wurde. Der Sarg meiner Schwester stand tatsächlich in der kleinen Höhle, direkt neben der Leiche von einem von Klaus' Hybriden. Allerdings war der Sargdeckel bereits geöffnet und direkt neben Rebekahs Körper, der langsam wieder Farbe annahm, stand ein junges, dunkelhaariges Mädchen mit dem Dolch in der Hand, den sie offenbar aus meiner Schwester gezogen hatte.

"Wer bist du denn?", fragte ich und das Mädchen drehte sich panisch zu mir um, als sie mich bemerkte.

"Ich... Ich bin April. April Young.", stellte sie sich leise vor, aber ich konnte ihren Namen nicht zuordnen.

"Woher kennst du meine Schwester?", wollte ich wissen und kam ihr näher. April wich sofort vor mir zurück. Sie war also klug, das war gut zu wissen.

"Deine Schwester? Ich wusste nicht, dass Rebekah eine Schwester hat..."

"Hat sie. Also?"

"Ich kenne sie aus der Schule", beeilte April sich zu sagen. "Ich dachte, sie wäre ein ganz normaler Mensch. Aber ich habe heute ein Gespräch von Caroline mit angehört, und sie hat davon geredet, dass Rebekah hier ist, und sie war tot, und dann wieder nicht, und..."

"Ist gut, das reicht mir", unterbrach ich das Gestammele von April. Offenbar hatte sie heute erst von der Existenz von Vampiren erfahren, aber das war nicht mein Problem. Sie konnte froh sein, dass ich ihr nichts antun würde, aber das auch nur, weil sie Rebekah geholfen hatte, und deshalb wohl nicht ganz so übel sein konnte.

"Malina?", murmelte Rebekah, die gerade aufwachte und sich aufrichtete. "April?" Ich konnte ihr ansehen, wie verwirrt sie war, anscheinend hatten April und sie sich bisher gar nicht so nahe gestanden.

"Guten Morgen", grinste ich schief. "Tut mir leid, dass ich nicht eher gekommen bin, ich habe heute erst erfahren, dass Klaus dich schon wieder erdolcht hatte und wollte dich sofort befreien. Aber die kleine April hier ist mir zuvorgekommen."

"Ehrlich?", fragte Rebekah überrascht nach und April nickte.

"Ja. Ich dachte, das wäre das einzig Richtige... Aber ich habe so viele Fragen..."

"Keine Sorge, ich werde dir alles beantworten", beruhigte Rebekah sie.

"Brauchst du noch irgendwas von mir?", fragte ich schnell, bevor sie mit der Frage-Antwort-Stunde anfangen konnte. Ich hatte kein Interesse daran, irgendeinem Menschen die übernatürliche Welt zu erklären. Dementsprechend froh war ich, dass meine Schwester mit dem Kopf schüttelte.

"Nein, ich komme zurecht."

Zufrieden drehte ich mich um und lief aus dem Keller. Das würde Katherine sicher interessieren.

Hidden Past - The Story of Malina MikaelsonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt