Chapter 89

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Pünktlich zum Sonnenaufgang am nächsten Tag standen Elijah, Kat und ich in Niks Zimmer, während mein Bruder meinen anderen Bruder von den unendlichen Qualen erlöste, die er selbst ihm aufgebürdet hatte.

Langsam kam Nik wieder zu sich, während Elijah uns noch einmal ermahnte, unserem Bruder nicht zu viel Blut auf einmal zu geben, damit er sich nur langsam erholen würde. Er warf noch einmal einen Blick auf Nik, der sich gerade zu Elijah drehte und ihm fest in die Augen sah. "Dafür wirst du bezahlen", flüsterte er mit heiserer Stimme, aber Elijah ging nicht darauf ein, sondern blickte nur zu mir.

"Denk daran, immer nur ein wenig Blut. Ich kümmere mich darum, Hayley zu finden."

Mit diesen Worten verschwand er und ließ Kat und mich mit Nik allein. Sofort nahm ich mir den Blutbeutel, der hier bereits lag und setzte mich zu meinem Bruder ans Bett. "Und, werde ich auch dafür bezahlen?", fragte ich halb scherzend und hielt ihm den offenen Blutbeutel hin.

"Wie lange?", lautete seine einzige Antwort und mein schwaches Lächeln verblasste.

"Ein paar Stunden. Es war gestern Abend, jetzt geht gerade die Sonne auf", sagte ich leise und fragte dann, auch wenn ich mich vor der Antwort fürchtete: "Wie lange hat es sich für dich angefühlt?"

"Dieses Messer ist die Hölle auf Erden. Es gibt keine Zeit in der Hölle", antwortete Nik mir und trank dann erst von dem Blutbeutel.

"Das tut mir leid", flüsterte ich ehrlich. "Ich war nicht einverstanden damit, aber... ich hätte dich eher davon befreien können, wenn ich es wirklich versucht hätte. Aber ich hatte Angst, dass du dann Rebekah etwas antun würdest, und ich wollte ihr zumindest die Gelegenheit geben, ein wenig Abstand zwischen euch zu bringen. Vielleicht war das ein Fehler."

"Bevor du jetzt aber beschließt, Malina dafür verantwortlich zu machen", mischte Kat sich ein, die mit verschränkten Armen im Türrahmen lehnte, "sie ist auch diejenige gewesen, die darauf bestanden hat, dich so schnell wie möglich wieder zu befreien. Elijah wollte sicher gehen, dass Rebekah es bis ans andere Ende der Welt schafft, bevor du wach wirst, aber Mal hat ihm die Frist von heute Morgen gesetzt. Also solltest du deine Rachefantasien ihr gegenüber gleich wieder vergessen."

Nik musterte mich einige Sekunden, nickte dann aber nur und blickte zu meiner Freundin. "Malina ist also hier, um darauf aufzupassen, dass ich nicht verschwinde, um unsere Schwester umzubringen. Und was genau machst du hier?", fragte er sie. Seine Stimme klang jetzt schon viel besser und auch wenn ich wohl aufpassen sollte, dass er nicht zu schnell wieder gesund wurde, beruhigte mich das.

"Na ja, ich habe gehört, dass mein ehemaliger Erzfeind gerade geschwächt ist und leidet, das wollte ich mir doch nicht entgehen lassen", grinste Kat provozierend, woraufhin Nik leicht die Augen verengte.

"Sehr lustig. Ich hoffe, du genießt das, denn sobald ich wieder bei Kräften bin, wird dir das Lachen noch vergehen."

"Sie ist hier, um dir regelmäßig Blut zu bringen", mischte ich mich schnell wieder ein und verdrehte leicht die Augen. "Also kein Grund, auszurasten."

Mein Bruder bestrafte mich mit Ignoranz und reagierte auch in den kommenden Stunden weder auf Kats noch auf meine Versuche, ein Gespräch zu beginnen. Erst als Kat wieder einmal nach unten lief, um ihm einen neuen Blutbeutel zu holen, richtete Nik seinen Blick auf mich. "Du hast versprochen, mich nicht zu verraten", flüsterte er und ich zwang mich, seinen Blick weiterhin zu erwidern.

"Das habe ich", erwiderte ich leise.

"Stimmt es, was Katherine gesagt hat? Dass du Elijah befohlen hast, den Dolch rauszuholen?"

"Ich würde nicht sagen, dass ich es befohlen hätte", antwortete ich ehrlich. "Ich habe nur deutlich gemacht, dass dieses Messer bei Sonnenaufgang aus dir verschwinden wird, und dass, wenn er es nicht tun würde, ich das übernehmen würde."

Einige Sekunden schwieg Nik wieder, nickte dann aber, als hätte ich ihm die Antwort auf irgendeine nur ihm bekannte Frage gegeben. "Dann hast du dein Wort gehalten", stellte er leise fest. "Du hast mich nicht verraten."

"Ich bin froh, dass du das so siehst", erwiderte ich ehrlich.

"Aber Rebekah hat es getan", fügte er sofort hinzu. "Sie hat mich verraten. Sie hat Mikael hergebracht."

"Okay, Nik, ich will dir ja wirklich nicht zu nahe treten, und eigentlich will ich dich auch nicht daran erinnern, was ich schon alles verbrochen habe, aber... Streng genommen habe ich Mikael auch schon einmal wieder aufgeweckt, um dich zu töten. Und Elijah war schon einmal so weit, dein Herz in seinen Händen zu halten, bereit, es dir rauszureißen. Und du warst deshalb wütend auf uns, völlig zu recht, aber du hast nicht versucht, uns dafür umzubringen. Wieso ist es bei Rebekah so anders?"

"Es ist anders, weil sie wusste, was sie mir damit antut", antwortete Nik durch zusammengebissene Zähne. "Elijah wollte mich damals umbringen, weil er dachte, ich hätte unsere Geschwister im Meer versenkt, und du wusstest nicht, wie grausam Mikael geworden ist, nachdem du fort warst. Aber Rebekah wusste es, sie wusste, was Mikael mir schon als Mensch angetan hat, und sie wusste, dass er der einzige Mann war, vor dem ich wirklich Angst hatte. Ich weiß, ich habe ihr oft ihre Beziehungen ruiniert, aber bei Marcel war das anders. Sie hätte mit mir reden können. Aber stattdessen hat sie beschlossen, meinen schlimmsten Albtraum wahr werden zu lassen."

Mit diesen Worten stand er von seinem Bett auf und schmiss wie selbstverständlich eine kleine Statue auf den Boden, die auf dem Tisch stand. Er bückte sich, um etwas aus den Scherben zu holen und ich starrte ihn fassungslos an. Nur am Rande bekam ich mit, wie meine Freundin die Treppen wieder hochkam und neben mir stehen blieb. "Ich habe etwas gehört, was ist... Heilige Scheiße, ist das etwa der Weißeichenpfahl?"

Grinsend musterte Nik uns und erst jetzt wurde mir klar, dass wir ihm vielleicht zu viel Blut gegeben hatten. "Nik... Ich weiß, dass Rebekah einen Fehler gemacht hat, aber deshalb kannst du sie doch nicht gleich umbringen", flüsterte ich, aber noch bevor ich mehr sagen konnte, stand er bereits vor uns und hatte Kats Genick gebrochen.

Ich war wie erstarrt, schaffte es aber dann doch noch, mich ihm in den Weg zu stellen, als er an mir vorbeigehen wollte. "Nik, hör mir zu. Du weißt doch nicht einmal, wo Rebekah gerade ist."

"Natürlich weiß ich das. Sie ist bei Marcel. Und Marcel wird nicht ohne Davina gehen, nicht wenn es die Chance gibt, dass sie wieder zurückkommen könnte. Ich weiß ganz genau, wo ich die beiden suchen muss. Sie haben einen Fehler gemacht und dafür werden sie teuer bezahlen."

"Du kannst doch nicht deine eigene Schwester umbringen. Nik, das ist wahnsinnig! Damit wärst du nichts besser als sie. Wenn... Wenn du Rebekah wirklich ermorden willst, dann musst du auch mich töten. Elijah wird dich hassen und nicht eher aufgeben, bis du tot bist. Oder er. Willst du wirklich deine gesamte Familie umbringen?"

Einige Sekunden blieb mein Bruder ruhig vor mir stehen und sah mir in die Augen. "Ich werde Rebekah nicht umbringen", verkündete er leise. "Aber ich will, dass sie weiß, wie ich mich gefühlt habe, als Mikael plötzlich da war und mir genau so einen Pfahl ans Herz gehalten hat. Ich will, dass sie Angst hat, dass sie versteht, was sie getan hat, und ich will, dass sie es bereut. Und davon wirst du mich nicht abhalten."

Und bevor ich ihn fragen konnte, was er damit sagen wollte, lagen seine Hände bereits an meinem Genick und alles wurde schwarz.

Hidden Past - The Story of Malina MikaelsonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt