Chapter 16

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Wir liefen nicht lange durch den Garten der Lockwoods, als Elena eine Frage stellte, die ihr wahrscheinlich schon seit langem auf der Seele brannte. "Wenn die Sonne einem Urvampir nichts anhaben kann, wieso will Klaus dann so unbedingt den Sonne und Mond Fluch brechen?"

Bei dieser Frage fing Elijah leise an zu lachen und ich musste all meine Selbstbeherrschung aufbringen, um nicht ebenfalls zu grinsen. Vielleicht hätte ich ihnen doch sagen sollen, dass der Sonne und Mond Fluch nur eine Erfindung war, aber streng genommen zählte das zu genau dem Wissen, das ich eigentlich gar nicht haben sollte. Deshalb bemühte ich mich, ähnlich überrascht auszusehen wie Elena, als Elijah uns erklärte, dass Klaus und er sich diesen Fluch nur ausgedacht hatten. Gerade als er dazu kommen wollte, uns von dem Fluch zu erzählen, der auf Klaus lag, klingelte jedoch Elenas Handy und er bedeutete ihr, ranzugehen.

Ich wusste, dass es unhöflich war, sie zu belauschen, tat es aber dennoch. Anscheinend war irgendetwas mit ihrer Tante los, die erfahren hatte, dass Vampire wirklich existierten. Elena versprach, sofort zu ihnen zu kommen, und sah Elijah entschuldigend an. "Es tut mir leid. Ich muss zu meiner Tante, sie braucht mich."

"Das war so nicht abgemacht", bemerkte Elijah und ich hoffte, dass er Elena davon abhalten würde zu verschwinden. Ich wollte nicht mit ihm alleine sein, es fiel ihm zu leicht, mich zu durchschauen. Zu meinem Bedauern stimmte er jedoch zu, als Elena ihm ihr Wort gab, wieder hierher zurückzukehren, und dann von hier verschwand.

Als ich alleine mit Elijah war, atmete er tief durch und drehte sich dann zu mir um, um mir in die Augen zu sehen. "In Ordnung, genug der Geheimnisse. Sag mir, was du hier machst."

"Ich nehme jeden Tag Eisenkraut, du kannst mich nicht manipulieren", verkündete ich, in der Hoffnung, dass mir das irgendwie helfen würde.

"Ich habe nicht versucht, dich zu manipulieren", antwortete Elijah aber nur gelassen und ich blickte zur Seite.

"Oh."

"Also, was machst du hier?", wiederholte er seine Frage und ich sah mich unwohl im Garten um.

"Ich weiß nicht, was du von mir hören willst. Ich habe es doch schon gerade zu Elena gesagt, ich bin ein sehr neugieriger Mensch. Vampir. Person. Was auch immer."

"Das meine ich nicht. Irgendetwas ist anders an dir. Du bist nicht überrascht, bei nichts von dem, was ich sage. Du wusstest längst, dass es den Fluch der Sonne und des Mondes nicht gibt, nicht wahr?"

Unwohl biss ich auf meine Zunge, nickte dann aber. Es hatte ja doch keinen Sinn, ihn anzulügen. "Ja, das wusste ich."

"Woher?"

"Na ja, zuerst einmal klingt 'Der Fluch der Sonne und des Mondes' ziemlich erfunden. Das habe ich schon beim ersten Mal gedacht, als ich davon gehört hatte. Und ich hatte zwischenzeitlich die Gelegenheit, in das Grimoire u- deiner Mutter zu sehen. Dort habe ich von dem Fluch gelesen, den sie auf Klaus gesprochen hat und habe verstanden, dass das eigentlich der Fluch ist, den ihr brechen wollt."

Im Geiste verfluchte ich mich dafür, dass ich beinahe "unsere Mutter" gesagt hätte. Was war nur los mit mir, wollte ich etwa, dass Elijah verstand, wer ich war?

"Du hast deinen Freunden nichts davon erzählt. Warum?"

"Sie sind nicht meine Freunde, nicht wirklich", antwortete ich. "Ich kenne sie selbst erst seit einigen Monaten. Und außerdem spielt es keine Rolle, welcher Fluch genau gebrochen werden soll. Das Ritual dafür bleibt das gleiche."

"Weißt du, du weißt eine Menge für jemanden, über den man nicht viel herausfinden kann", sagte Elijah und ich versuchte, seinem Blick auszuweichen. Es fiel mir schwer, ihm nicht alles zu erzählen, wenn ich in seine Augen sah, die genauso aussahen wie meine eigenen.

"Danke?", antwortete ich fragend.

"Und du hast keine Angst vor mir. Du bist nervös, aber da ist keine Angst. Ist dort nie gewesen. Wie kann das sein?"

"Vielleicht bin ich einfach nur extrem naiv, oder sehr dumm", antwortete ich grinsend. Mich hinter meinem Humor zu verstecken hatte mir bislang immer geholfen, aber dieses Mal hatte ich das Gefühl, dass mich das nicht sehr viel weiterbringen würde.

"Das glaube ich nicht. Soll ich dir sagen, was ich während meiner Recherchen über dich herausgefunden habe?", fragte Elijah, wartete meine Antwort aber gar nicht erst ab. "Du warst früher eine Hexe und bist dann verwandelt worden. Warst einige Jahre mit Katerina unterwegs und warst dann in einer Gruft unter einer Kirche eingesperrt. Das wars. Mehr habe ich nicht über dich erfahren, und das obwohl ich mir wirklich Mühe gegeben habe. Wie kann das sein?"

"Nun, ich hatte nie besonders viele Freunde, denen ich etwas über mich hätte erzählen können", antwortete ich ironisch.

"Wie ist dein Nachname, Malina?", fragte Elijah mich und für einen Moment dachte ich darüber nach, einfach mit Vampirgeschwindigkeit zu verschwinden. Aber ich wusste, dass ich keine Chance gegen ihn hatte, zumindest körperlich war er mir überlegen.

"Smith", antwortete ich und Elijah schüttelte enttäuscht den Kopf.

"Komm schon, du glaubst doch nicht wirklich, dass ich dir das glaube."

"Smith ist ein sehr häufiger Nachname", verteidigte ich mich und Elijah hob eine Augenbraue.

"Wenn ich Katerina das nächste Mal sehe und sie manipuliere, mir alles zu erzählen, was sie über dich weiß, würde die Antwort dann auch Smith sein?"

Einige Sekunden lang erwiderte ich seinen Blick stur, sah dann aber stumm auf den Boden. Wieso nur brachte ich es nicht über mich, ihn einfach anzulügen? Damit hatte ich doch sonst auch nie Probleme gehabt.

"Dachte ich es mir doch", meinte er. "Also gut, dann eine andere Frage. Ganz harmlos. Wie alt bist du?"

Ich unterdrückte ein Seufzen und beschloss, so nah wie möglich an der Wahrheit zu bleiben, da er es ja anscheinend irgendwie spüren konnte, wenn ich ihn anlog. "Ich bin im Jahr 1307 verwandelt worden", antwortete ich, aber Elijah hob nur eine Augenbraue.

"Das war nicht meine Frage. In welchem Jahr wurdest du geboren?"

Ich öffnete meinen Mund und schloss ihn dann wieder, ohne etwas zu sagen. Was sollte ich ihm auch antworten? Die Wahrheit? Er würde durchdrehen, wenn ich ihm sagen würde, dass ich älter war als er. Und meine kläglichen Versuche, eine Lüge zu erfinden, glaubte er mir eh nicht. Es gab keine Antwort, die ihn zufriedenstellen würde. "Wenn ich es dir sagen würde, würdest du mir nicht glauben", meinte ich also nur ausweichend, aber Elijah stellte sich direkt vor mich, sodass ich ihm nicht mehr aus dem Weg gehen konnte. Wahrscheinlich hätte ich mir jetzt Sorgen um meine Gesundheit machen sollen, aber Elijah hatte recht: Ich hatte keine Angst vor ihm.

"Weißt du, der Name Malina ist nicht so verbreitet wie man vielleicht denkt. Ich habe in meinem Leben erst ein einziges Mal diesen Namen gehört. Er zählte zu den Wörtern, die in meiner Familie nicht ausgesprochen werden durften, weil sie meinen Vater rasend vor Wut machten."

Bedeutungsvoll sah er mich an und ich schluckte leicht. "Wieso erzählst du mir das?", flüsterte ich.

"Ich glaube, dass ich bereit wäre, dir so einiges zu glauben, wenn du nur endlich anfängst, ehrlich zu mir zu sein", meinte Elijah. "Also werde ich dich noch einmal fragen: In welchem Jahr wurdest du geboren?"

Einige Sekunden zögerte ich noch, seufzte dann aber auf und sah in Elijahs Augen. Er hatte es sich eh längst zusammengereimt, auch wenn ich sehen konnte, dass er nicht ganz verstand, was das zu bedeuten hatte. Aber ich hatte es satt, irgendwelche Ausreden zu erfinden und ihn anzulügen. Ich hatte es satt, vor meiner Vergangenheit davonzulaufen. "972", antwortete ich also fest. "Ich wurde im Jahr 972 geboren, genauso wie meine Zwillingsschwester Freya. Finn kam ein Jahr danach und du, als ich fünf war, auch wenn ich dich nie gesehen habe. Freut mich, dich kennenzulernen, Elijah."

Hidden Past - The Story of Malina MikaelsonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt