Chapter 58

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"Wow, das war wirklich beeindruckend", grinste Katherine leicht. "Erinnere mich daran, dich niemals wütend zu machen."

"Na ja, ich bin mir ziemlich sicher, dass wir uns schon einmal in einer ähnlichen Situation befunden haben", erwiderte ich schmunzelnd. "Nur dass du damals ein wenig anders reagiert hast als Stefan. Wenn ich mich richtig erinnere, hast du mich geküsst."

"Das stimmt nicht, das war eine vollkommen andere Situation", widersprach Kat. "Da warst du nicht auf mich wütend, sondern nur auf... keine Ahnung. Das Leben?"

"Stimmt, da hast du recht", lachte ich leise. "Also gut, wo gehen wir jetzt hin?"

"Lass dich überraschen", antwortete Katherine nur geheimnisvoll und öffnete mir dann die Tür von ihrem Auto. Sofort stieg ich ein und sah während der Fahrt neugierig aus dem Fenster.

Lange warten musste ich glücklicherweise nicht, bis wir wieder anhielten und ich aus dem Auto steigen konnte. Wir standen an einer Tankstelle vor einem recht kleinen Gebäude mit rotem Dach, auf dem große Buchstaben standen. "Wo sind wir hier?", fragte ich verwirrt.

"Eigentlich hatte ich vorgehabt, irgendwo ganz klassisch in einem edlen Restaurant einen Tisch zu reservieren, aber ehrlich gesagt hat sich da in den letzten Jahrhunderten nichts dran geändert und irgendwie schien mir das zu... langweilig zu sein. Zu normal. Also habe ich überlegt, was es in dieser Zeit gibt, was alle kennen, aber du noch nicht selbst erlebt hast und... herzlich willkommen bei McDonald's." Schief grinste Katherine mich an und ich musterte sie einige Sekunden, bevor ich breit anfing zu lächeln. Sie hatte sich ja tatsächlich Gedanken gemacht, wo wir hingehen könnten, damit hatte ich nicht wirklich gerechnet.

"Was ist McDonald's?", fragte ich, während ich mit ihr in den Laden ging.

"Eine Fast-Food Kette. Genau genommen sogar die größte der Welt. Das Essen ist nicht sehr beeindruckend, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass jeder irgendwann schon mal hier gegessen hat, also ist das eine Erfahrung, auf die man auf keinen Fall verzichten sollte."

Neugierig sah ich mich in dem Raum um, in den wir gegangen waren, und folgte Katherine zu der Theke, hinter der ein schlecht gelaunter Mitarbeiter stand und nach unserer Bestellung fragte. Ich war vollkommen überfordert, weil ich noch versuchte, auf den Tafeln über ihm zu lesen, was sie denn überhaupt anboten, aber Katherine bestellte bereits für uns beide.

"Wir hätten gerne einmal alles, was Sie anbieten."

Überfordert sah der Mitarbeiter sie an und sah sich um, als ob er irgendetwas suchen würde. "Ist das Ihr Ernst? Ist hier irgendwo eine versteckte Kamera oder so? Alles, was wir haben, ist... ziemlich viel. Viel zu viel für zwei Frauen. Und auch nicht billig."

"Wenn mich Ihre Meinung zu meiner Bestellung interessieren würde, hätte ich danach gefragt", antwortete Katherine kühl und manipulierte den Mann dann. "Und jetzt hören Sie auf, blöde Fragen zu stellen und bringen uns unser Essen."

"Selbstverständlich", murmelte er und begann dann, unsere Bestellung an die Küche weiterzuleiten - oder wie auch immer der Ort hinter ihm hieß, in dem es nach altem Fett und Salz roch. Während er und die anderen Mitarbeiter hektisch anfingen, alles von ihrem Angebot zuzubereiten, reichte Katherine ihm eine Menge Geld und ging dann mit mir zu einem der Tische. Wir waren beinahe die einzigen Gäste hier, außer uns saßen nur ein Pärchen und eine kleine Familie in der Ecke.

"Denkst du nicht, dass das tatsächlich ein bisschen viel Essen sein könnte?", fragte ich grinsend und setzte mich ihr gegenüber.

"Ach was, so kannst du wenigstens von allem ein bisschen probieren. Und das, was übrig bleibt, können die Angestellten hier sicher essen. Hier arbeiten gefühlt nur Teenager und die haben schließlich immer Hunger, oder nicht?"

Leise lachte ich und nickte zustimmend. "Da hast du recht, das hat sich wohl auch in 150 Jahren nicht geändert", grinste ich und nur kurz darauf stand ein Haufen duftendes Essen vor uns. Ich zögerte nicht lange und probierte den ersten Burger, den Katherine mir hinschob.

"Wow, das schmeckt wirklich irgendwie gut", meinte ich begeistert. "Ein wenig nach Pappe, ja, aber auch so, dass ich nicht wieder aufhören will."

"Ja, vielleicht hätte ich dich warnen sollen, dass das Essen hier süchtig macht", grinste Katherine und musterte mich eine Weile dabei, wie ich die verschiedenen Boxen auf unserem Tisch öffnete und probierte, bevor sie selbst auch anfing zu essen.

"Oh hier, ich hab noch eine kleine Überraschung für dich", grinste sie und griff in eine der größeren Boxen auf dem Tisch. Daraus holte sie einen kleinen Gegenstand, der in Folie eingepackt war und überreichte ihn mir.

Sofort riss ich die Folie auf und musterte die kleine Figur in meiner Hand verwirrt. Es war eine kleine Figur von einem Mann in einem hellen Anzug und einem Umhang, auf seiner Brust prangte ein großes M.  Und aus irgendeinem Grund trug er eine Unterhose über seiner Hose. Ich betrachtete die kleine Figur genau und bemerkte, dass man mit einem kleinen Hebel an seinem Rücken seine Arme bewegen konnte, als ob er nach jemandem schlagen würde.

"Was ist das, Kat?", fragte ich verwirrt.

"Das ist nur ein Spielzeug, so etwas gibt es zu jedem Happy Meal dazu. Eigentlich ist das für Kinder gedacht, aber ich dachte, du würdest das auch süß finden. Das, was du da hast, ist..." Katherine fischte aus der Box einen Zettel, auf dem anscheinend stand, welche Figur ich da bekommen hatte. "Metro Man. Eine Figur aus Megamind, irgendeinem neuen Film, aber den kenne ich nicht." Grinsend stahl sie eine Pommes aus der Tüte vor mir und schob sie sich in den Mund.

"Du bist wirklich unglaublich", meinte ich und lachte dann leise. Dieses blöde, kleine Spielzeug war mit Abstand nicht das teuerste Geschenk, das ich je bekommen hatte, und mit Sicherheit auch nicht das hübscheste, aber trotzdem erwärmte es mir das Herz.

"Du fängst jetzt aber nicht wegen so einem kleinen Stück Plastik an zu weinen, oder?", fragte Katherine leicht panisch, aber mit einem Lächeln im Gesicht. Tatsächlich musste ich einige Tränen wegblinzeln, die mir gekommen waren, und schüttelte den Kopf. Auch wenn meine Tränen etwas anderes sagten, es lag nicht an diesem Spielzeug oder auch an dem Essen. Der einzige Grund dafür war Katherine, und dass sie es irgendwie geschafft hatte, mich ehrlich zu überraschen. Sie hatte sich so viele Gedanken gemacht, was mir gefallen könnte, und dabei genau die richtige Entscheidung getroffen. Ich wollte kein klischeehaft romantisches Essen in einem teuren Restaurant, mit Kerzenlicht und Geigenmusik. Ich wollte etwas Neues erleben, wollte mich wieder jung fühlen und nicht so steinalt wie ich es eigentlich war. Und dass Katherine das verstanden hatte und es auch noch geschafft hatte, mich dabei zu überraschen, war das Romantischste, das jemals jemand für mich getan hatte.

"Oh mein Gott, du weinst ja wirklich gleich!", meinte sie schockiert, aber noch bevor sie irgendeinen Spruch dazu machen konnte, zog ich sie zu mir und küsste sie, um sie zum Schweigen zu bringen.

Um sie zum Schweigen zu bringen - und weil dieses Date absolut perfekt war; obwohl es so banal und alltäglich für Menschen wäre... oder vielleicht gerade auch deswegen.

Hidden Past - The Story of Malina MikaelsonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt