Chapter 110

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"Als Dahlia versucht hat, mich von ihrem Angebot zu überzeugen, wollte sie mir zeigen, wie ähnlich wir uns sind", fing Nik leise an. "Dass wir beide allein sind, von unserer Familie verstoßen, und dass wir uns auf niemanden verlassen können. Und dabei ist mir klar geworden, dass sie mit einer Sache recht hatte. Wir waren uns ähnlich. Sie hätte die Familie haben können, nach der sie sich so sehr gesehnt hatte, wenn sie sich nur anständig verhalten hätte. Ebenso wie ich. Ich hatte meine Familie schon, und dann habe ich sie verloren, wegen meines eigenen Verhaltens. Ich habe gesehen, wie ähnlich Dahlia und ich uns waren, und das hat mir gezeigt, wie falsch ich mit einigen meiner Entscheidungen lag."

Ungläubig nahm ich meinen Blick von der Decke und sah zu meinem Bruder, der mich bereits intensiv musterte.

"Es tut mir leid, Malina", sagte er so leise, dass ich ihn kaum verstehen konnte. "Es tut mir leid, dass du wegen meiner Entscheidungen Dahlias Zauber erleiden musstest. Und es tut mir leid, wie ich Mikael umgebracht habe. Natürlich, ich hatte meine Gründe und ich kann diese Tat selbst nicht bereuen, aber ich bereue es, wie ich mich dir und Freya gegenüber verhalten habe. Ich hätte daran denken sollen, wie ihr euch dabei fühlt, das mit ansehen zu müssen. Ich kann es nicht ungeschehen machen, aber ich hoffe, dass du meine Entschuldigung irgendwann annehmen kannst. Und das sage ich nicht, weil ich deine Hilfe für irgendetwas brauche. Es ist mir egal, wie lange ich auf deine Vergebung warten muss. Ich wollte nur, dass du es weißt."

Ohne auf eine Antwort von mir zu warten, stand er auf und wollte das Zimmer verlassen, aber ich hielt ihn zurück, indem ich nach seinem Handgelenk griff. Wie erstarrt blieb er stehen, drehte sich aber nicht zu mir um.

"Du bist ein unglaublicher Idiot,", meinte ich und stand auf, als er mich noch immer nicht ansah. Leider hatte ich nicht bedacht, dass selbst mein Vampirkörper sich erst wieder daran gewöhnen musste, bei Bewusstsein zu sein, und schwankte merklich, aber bevor ich gleich wieder zurück aufs Bett fallen konnte, drehte Nik sich um und hielt mich fest. Obwohl er meinem Blick auswich, konnte ich die Tränen in seinen Augen glitzern sehen.

"Wenn du Freya oder mich je wieder so behandeln solltest, bin ich weg. Und zwar für immer", stellte ich klar. Ich bildete mir ein, so etwas wie Angst in seinen Augen zu sehen, aber bevor ich zu viel darüber nachdenken konnte, lächelte ich ihn leicht an. "Aber du bist mein Bruder, Nik. Alles, was ich mir gewünscht habe, war, dass du verstehst, was du Freya und mir damit angetan hast. Mehr nicht. Du musst auf gar nichts warten. Ich bin bereit, die Vergangenheit hinter uns zu lassen, wenn du es auch bist."

Ungläubig sah Nik mir in die Augen und öffnete den Mund, um etwas zu sagen, wurde jedoch unterbrochen, als jemand die Zimmertür aufriss.

Schon bevor Nik mich losließ und ich mich zu der Person drehte, die gerade reinkam, wusste ich, wer es war.

"Du bist wieder wach", flüsterte Kat erleichtert und in der nächsten Sekunde fand ich mich bereits auf dem Bett wieder, meine Freundin fest in meinen Armen. Am Rande bemerkte ich, dass mein Bruder uns alleine ließ, aber ich konnte nur daran denken, wie gut es sich anfühlte, die Liebe meines Lebens in meinen Armen zu halten. Und so, wie sie auf mich zugerannt war, war es offensichtlich, dass sie mich anscheinend noch mehr vermisst hatte als ich sie.

"Es tut mir leid. Ich hätte schon da sein sollen, als du aufgewacht bist", murmelte sie in meine Haare.

Ich löste mich ein wenig von ihr, damit ich in ihre warmen, braunen Augen sehen konnte, die mich musterten, als wäre es ein kleines Wunder, dass ich wieder wach war. Was es ja genau genommen auch irgendwie war. "Ich weiß, Freya hat mir schon erzählt, dass du unterwegs warst, um eine andere Heilung für mich zu suchen. Ich habe keine Sekunde geglaubt, dass du mich aufgegeben hättest."

"Das hätte ich auch nie gekonnt. Dafür liebe ich dich zu sehr", antwortete sie ernst und küsste mich dann endlich.

Unwillkürlich schloss ich meine Augen, während ich ihren Kuss erwiderte, doch dieses Mal schreckte ich nicht vor der Dunkelheit zurück. Nicht, solange ich Kats Lippen auf meinen spürte und hören konnte, wie ihr Herz in meiner Nähe schneller schlug.

Ich hatte nicht wirklich damit gerechnet, dass sich irgendetwas zwischen uns ändern würde, und doch erleichterte es mich zu sehen, wie sehr sie mich vermisst hatte. Sechs Jahre waren immerhin eine lange Zeit, aber es sah nicht so aus, als hätte Kat auch nur eine Sekunde darüber nachgedacht, mich zu verlassen.

Und dann vergaß ich all meine Gedanken, während sich all meine Gefühle, mein ganzes Sein nur noch auf die Frau in meinen Armen ausrichtete. Zeit spielte keine Rolle mehr, die letzten sechs Jahre des Grauens spielten keine Rolle mehr, denn nur noch sie war wichtig.

Erst als ich nach einer gefühlten Ewigkeit in ihren Armen lag und nach Luft rang, gelang es mir, sie sanft anzulächeln. "Ich liebe dich auch", antwortete ich verspätet, was ihr ein Lächeln ins Gesicht zauberte.

"Ich weiß", antwortete sie schlicht und ich verdrehte bei dieser Antwort grinsend die Augen. Sie hatte auf jeden Fall nichts von ihrem Selbstbewusstsein verloren, das war schön zu sehen.

"Also, erzähl schon. Was habe ich in den letzten Jahren Wichtiges verpasst?", fragte ich seufzend, ohne mich jedoch aus ihrer Umarmung zu lösen. Das fühlte sich einfach zu gut an.

"Hmm, lass mich mal sehen", antwortete Kat nachdenklich. "Kim und Kanye sind mittlerweile seit fünf Jahren verheiratet und haben drei Kinder, Kourtney und Scott sind Eltern geworden, genauso wie Rob und Blac, Kyle und Travis, und Khloe und Tristan. Ist viel passiert in den letzten acht Staffeln. Aber keine Sorge, in die neue Folge heute Abend kommst du sicher schnell rein."

Fassungslos starrte ich meine Freundin an und brach dann in Lachen aus. "Ehrlich? Das Wichtigste, was ich verpasst habe, ist Keeping Up with the Kardashians?"

"Aber natürlich! Du kannst dir nicht vorstellen, wie langweilig es war, die Folgen ohne dich zu gucken, aber ich wusste ja, dass ich dich auf den neuesten Stand bringen muss, sobald du aufwachst", erwiderte Kat ernst, konnte sich dann aber auch nicht mehr zusammenreißen und stimmte in mein Lachen mit ein.

"Ich habe dich vermisst", flüsterte sie dann jedoch plötzlich ernst und auch mein Lachen verklang.

"Ich weiß. Ich habe dich auch vermisst", antwortete ich kaum hörbar. Ich war noch nicht bereit, darüber zu sprechen, wie es mir ergangen war, aber glücklicherweise schien Kat das zu verstehen.

Dann sah meine Freundin mir aber wieder fest in die Augen. "Es gibt da aber noch eine Sache, die ich mit dir besprechen muss."

Hidden Past - The Story of Malina MikaelsonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt