Chapter 26

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"Was ist? Willst du mich jetzt etwa auch gefangen halten? Mich foltern? Mich umbringen? Das ist doch nicht deine Art, Mal."

"Du hast absolut keine Ahnung, was meine Art ist, Kat", machte ich mich über ihren verzweifelten Versuch lustig, eine Verbindung zu mir aufzubauen, indem sie einen längst vergessenen Spitznamen benutzte. "Vielleicht sollte ich dich einfach wieder zurück zu Klaus bringen. Es wird ihn sicher interessieren, dass du heimlich Eisenkraut genommen hast."

"Das würdest du nicht tun", widersprach Katherine selbstbewusst, doch ich konnte den leisen Zweifel in ihren Augen gut erkennen.

"Ach wirklich? Wieso sollte ich nicht?"

"Weil er nicht weiß, wer du bist, das hast du mir selbst gesagt. Und da du so viele Gelegenheiten hattest, es ihm zu sagen, und du es nicht getan hast, gehe ich mal davon aus, dass du auch nicht willst, dass er es erfährt. Was wiederum bedeutet, dass es nicht gut für dich wäre, wenn ich wieder bei ihm bin, denn dann könnte ich es ihm jederzeit erzählen."

Nachdenklich musterte ich Katherine und legte dabei meinen Kopf schief. "Versuchst du gerade, mir zu drohen?"

"Hör zu, ich will dich nicht zur Feindin haben, Malina, -"

"Eine sehr gute Entscheidung", unterbrach ich sie, aber Katherine ging gar nicht darauf ein.

"Ich will dich nicht zur Feindin haben, aber ich habe gelernt, dass es immer gut ist, ein Druckmittel in der Hand zu haben."

Einige Sekunden musterte ich Katherine, hob sie dann in einer schnellen Bewegung am Hals hoch und drückte sie gegen die Wand hinter ihr. "Nur damit das klar ist: Es ist mir egal, ob du Klaus von meiner wahren Identität erzählst oder nicht. Erstens würde er dir eh nicht glauben und zweitens habe ich schon darüber nachgedacht, selbst zu ihm zu gehen. Elijah habe ich schließlich auch erzählt, wer ich bin, und siehe da, nichts Schlimmes ist passiert."

Katherines Augen weiteten sich bei dieser Offenbarung überrascht, aber wegen meiner Hand, die sie immer noch würgte, konnte sie nichts sagen.

"Aber wenn du noch ein einziges Mal versuchst, mir zu drohen, dann reiße ich dir dein kleines, verräterisches Herz heraus, hast du verstanden?"

Trotz ihrer... nun ja... eingeschränkten Bewegungsfreiheit schaffte Katherine es, zu nicken. Zufrieden ließ ich sie los und sie rieb sich hustend den Hals. "Weißt du, Klaus hat Elijah erdolcht", meinte sie leise. "Ich habe es mit angesehen. Das war wohl seine Art, ihn mit seinen Geschwistern zusammenzuführen. Ich werde Klaus dein Geheimnis nicht verraten, dafür ist seine Reaktion eh zu unberechenbar, aber ich an deiner Stelle würde es ihm auch nicht sagen."

Einige Sekunden blieb ich noch dicht vor Katherine stehen und überlegte, warum sie mir das jetzt wohl erzählte, trat dann aber einen Schritt zur Seite, sodass der Weg nach draußen frei war. "Danke für die Warnung. Und jetzt verschwinde einfach."

Sofort trat Katherine einen Schritt auf den Ausgang zu, hielt dann aber doch inne, als sie neben mir stand und sah mich nachdenklich an.

"Du lässt mich gehen? Einfach so?", fragte sie skeptisch nach.

"Hättest du es lieber, wenn ich Jahrhunderte meines Lebens damit verschwende, dich zu verfolgen, wie mein psychotischer kleiner Bruder?", antwortete ich mit einer Gegenfrage.

"Nein, aber... Ich habe dich damals verraten."

"Ja, das hast du", stimmte ich ihr nur trocken zu.

"Ich habe einen Fehler gemacht und deswegen warst du mehr als ein Jahrhundert eingesperrt."

"Erinnere mich lieber nicht daran."

"Und ich habe nichts gegen dich in der Hand. Du könntest mich auf der Stelle umbringen und hättest keinen einzigen Nachteil davon."

"Das könnte ich wohl. Willst du auf irgendetwas Bestimmtes hinaus, oder willst du mich nur dazu bringen, dich doch noch zu töten?"

"Es ist dir egal, wem ich erzähle, wer du bist. Ich habe kein Druckmittel gegen dich", wiederholte sie, ohne auf meinen Kommentar einzugehen.

"Nein, das hast du nicht", stimmte ich ihr zu und verschränkte die Arme vor der Brust.

"Wieso? Die meisten, die mich umbringen wollen, haben deutlich weniger gute Gründe dafür, als du es hättest. Wieso lässt du mich trotzdem gehen?"

Einige Sekunden musterte ich Katherine und fragte mich, was sie mit dieser Frage wohl bezweckte. Sie dachte doch immer nur an sich selbst und eigentlich hatte sie bei jeder Frage, die sie stellte, irgendeinen Hintergedanken. Aber sie sah mir einfach nur in die Augen und in ihrem Gesicht konnte ich nichts außer ernsthafte Verwirrung erkennen. Sie war es so sehr gewohnt, dass die ganze Welt sie umbringen wollte, dass sie es ernsthaft nicht verstand, wenn es jemand plötzlich nicht wollte. Für einen winzig kleinen Moment hatte ich sogar Mitleid mit ihr. Ich konnte verstehen, dass sie nur an sich selbst dachte, wenn sie jede andere Person immer nur als jemanden wahrnahm, der sie potentiell umbringen wollte.

"Weil ich nicht so bin wie die meisten", antwortete ich leise und beschloss, ihr eine ehrliche Antwort zu geben. "Ja, du hast mich verraten, und in den ersten Jahren in der Gruft hätte ich dich dafür umbringen können. In den ersten Wochen nach meiner Befreiung wollte ich dich leiden sehen. Aber ich habe verstanden, dass du das schon längst tust. Du tust immer so, als wäre dein Leben toll, und aufregend, aber ich sehe die Wahrheit. Seit ich dich kenne, läufst du vor Klaus davon, bist immer verängstigt, schaust ständig über deine Schulter und versuchst, irgendeinen Ausweg zu finden, aber den gibt es nicht. Du bist vollkommen alleine und als jemand, der das auch eine ganze Zeit lang war, weiß ich, dass das die schlimmste Bestrafung von allen ist. Ich muss dich nicht für deinen Verrat leiden lassen, weil du das schon ganz von alleine tust, indem du niemanden in deinem Leben hast, dem du vertrauen kannst."

Bei diesen Worten schluckte Katherine leicht und legte nachdenklich den Kopf schief, sodass ihr eine ihrer lockigen Strähnen ins Gesicht fiel. "Und hast du so jemanden in deinem Leben?"

Überrascht von ihrer Frage hob ich eine Augenbraue, schüttelte dann aber ehrlich den Kopf. "Nein. Aber ich arbeite daran", antwortete ich und dachte an Elijah, und sogar an Damon. Die beiden waren mir irgendwie wichtig geworden. Auch wenn Elijah dem Falschen vertraut hatte und jetzt erdolcht war, ich war fest entschlossen, ihn zurückzubringen. Und ich war zuversichtlich, dass Damon mir dabei helfen würde, wenn auch nur, um seinen eigenen Bruder zu befreien. Sie könnten die Personen in meinem Leben werden, denen ich ehrlich vertraute. "Und das ist mir wichtiger, als dich wegen irgendeiner Sache, die vor 150 Jahren passiert ist, fertig zu machen."

"Dann hoffe ich, dass du diese Person finden wirst", flüsterte Katherine, verschwand mit Vampirgeschwindigkeit und ließ mich mit meinen eigenen Gedanken zurück.

Hidden Past - The Story of Malina MikaelsonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt