24. Kapitel - Wer war das?

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„Wofür brauchst du denn so dringend das Geld?" möchte ich es schon genauer wissen. „Das erkläre ich dir doch gleich. Kannst du mir jetzt bitte Geld geben? Du bekommst es doch auch zurück, sobald ich wieder flüssig bin."

Auch wenn ich es recht amüsant finde, wie Louis bittend und bettelnd vor mir steht, gebe ich mal wieder nach. Ich drücke ihm einen Schein in die Hand und folge ihm neugierig. Im Gang bleibe ich stehen und sehe, wie Louis einem jungen Mann, vielleicht Mitte 20, das Geld gibt und sich mit einem Handschlag von ihm verabschiedet.

„Wer war das?"

„Das war Luke. Er hat uns Pizza gebracht." Verdutzt schaue ich mein Gegenüber an. „Ich habe aber keine Pizza bestellt."

„Aber ich!" antwortet er unbekümmert und läuft mit einem Turm an Pizzakartons an mir vorbei.

„Louis..." versuche ich ihn aufzuhalten, doch ich werde eiskalt ignoriert. „Kannst du vielleicht mal stehen bleiben, wenn ich mit dir rede?"

„Hast du ne Ahnung wie heiß die Dinger sind?" Kopfschüttelnd laufe ich ihm hinterher, durch die Küche in den Garten. „Willst du ne ganze Fußballmannschaft durchfüttern, oder warum hast du so viel bestellt?"

„Du wohnst einfach zu weit von Birmingham entfernt." Schulterzuckend blickt er mich entschuldigend an, wendet sich aber dann dem Essen zu.

„Jetzt versteh ich gar nichts mehr!" sprachlos setze ich mich zu ihm. Mein Tee ist mittlerweile auch kalt geworden. Echt super. „Hier in der Nähe gibt es genügend gute Lieferdienste. Warum Birmingham?" frage ich dann doch nochmal nach. „Hab doch gesagt, dass erzähl ich dir gleich. Ich möchte nur schnell etwas essen, sonst sterbe ich." Augenverdrehend lehne ich mich zurück und warte bis der Herr fertig ist mit Essen.

Als Louis nach einer halben Stunde immer noch nicht fertig ist, reiße ich ihm den Karton aus der Hand. „Hey! Ich bin noch nicht fertig mit meiner Pizza.", quengelt er. „Wenn wir es genau nehmen, ist das meine Pizza. Sie wurde mit meinem Geld bezahlt."

„Na gut, darf ich dann deine Pizza wiederhaben?"

„Erst wenn du mir erklärt hast, was hier los ist."

„Du kannst ganz schön anstrengend sein! Hat dir das schon mal einer gesagt?" genervt wischt er sich ein paar Krümel der Pizza vom Mund.

„Wenn ich anstrengend bin, was bist du dann?" stelle ich eine Gegenfrage, bekomme allerdings nur ein Schulterzucken zur Antwort.

„Also? Ich höre!" fordere ich ihn erneut auf, endlich mit der Sprache rauszurücken.

„Also...," beginnt Louis dann, macht aber gleich wieder eine Pause. „...ich hol mir erst mal was zu trinken." Er steht auf und will grinsend an mir vorbei, doch ich kann ihn im letzten Moment am Arm fassen. „Hier geblieben Freundchen. Jetzt erzähl endlich, ich möchte auch irgendwann noch schlafen gehen."

„Na schön, dann verdurste ich eben, nur damit du deinen Schönheitsschlaf bekommst." theatralisch fasst er sich an die Stirn, setzt sich aber wieder.

„Also, ich musste ja zu diesem DNA-Test, weil ja hier jeder denkt, ich bin ein Spinner. Was ich auch brav gemacht habe. Du glaubst gar nicht, was das für eine Warteschlange war. Da bekommt man schon einen Termin und der Einzige, der sich an die Zeit hält, bin ich. Ist das zu glauben?" empört er sich. „Louis!"

„Ja, schon gut! Auf jeden Fall, auf dem Rückweg, wollte ich dann den Bus nehmen. Bei meinem Glück fuhr der natürlich direkt vor meiner Nase davon."

„Das erklärt aber noch immer nicht die vielen Pizzen" werde ich langsam ungeduldig, da er die Geschichte immer weiter in die Länge ziehen will.

„Ich habe mich dann also für die Bahn entschieden. Hast du eine Ahnung wie viele Menschen die Bahn nehmen? Unglaublich...! Wo war ich steh geblieben?" nachdenklich kratzt er sich am Kopf, obwohl ich mir sicher bin, dass er das nur macht, um mich zu ärgern.„Ach ja. Ich saß dann so auf meinem Platz, hab etwas vor mich hingedöst und hatte auch nur noch drei Stationen. Doch dann kam eine Mutter mit einem heulenden Kind rein. Die mussten sich ausgerechnet hinter mich setzen." genervt schüttelt Louis den Kopf, bevor er weitererzählt. „Die Mutter hat dann angefangen eine Geschichte vorzulesen und das Kind hat endlich seine Klappe gehalten."

„Kommst du heute noch auf den Punkt?"

„Ich bin doch schon dabei, Harold!" Oh, wie ich es hasse, wenn er mich so nennt, und das weiß er ganz genau. Zumindest verrät es sein dreckiges Feixen.

„Die Geschichte, die die Mutter also vorgelesen hatte, erzählte von einem kleinen Känguru-Baby, was sich verlaufen hatte. Da bekam ich glatt etwas Heimweh nach Australien und hab mir die Geschichte weiter angehört. Schließlich musste ich wissen, ob das Kleine wieder nach Hause findet. Und als die Geschichte zu Ende war, war ich auf einmal in Birmingham."

Fassungslos blicke ich ihn an. „Du willst mir nicht allen Ernstes erzählen, dass du wegen einer albernen Geschichte, eine Stunde zu lange mit der Bahn gefahren bist?"

„Das war keine alberne Geschichte. Das Känguru tat mir so leid." verteidigt Louis sich gekränkt.

„Darf ich jetzt weitererzählen?" fragt er genervt, weil ich ihn unterbrochen habe. „Mach weiter, aber die Kurzform, wenn's geht." Genervt lehne ich mich wieder zurück und genehmige mir auch ein Stück von der Pizza, was sofort mit bösen Blicken gestraft wird.

„Ich also in Birmingham ausgestiegen. Ratlos und frustriert, weil mein letztes Geld für die Fahrkarte drauf gegangen ist." setzt er seine Geschichte fort. „Aber dann hatte ich die beste Idee überhaupt." stolz klopft er sich dabei selbst auf die Schulter. „Ich dachte mir: Louis du bist ja nicht dumm, warum nicht einfach Pizza bestellen?Ich habe mich also sofort auf die Suche nach der nächsten Pizzeria gemacht. Es hat eine halbe Ewigkeit gedauert,bis ich eine gefunden habe, die auch bis Holmes Chapel liefert. Dummerweise haben die einen Mindestbestellwert, deswegen auch so viel Pizza. Und weil der Fahrer ja sowieso hierherfährt, konnte er mich gleich mitnehmen. Sein Geld konnte ich ihm ja auch erst hier geben..."

Louis schaut mich mit großen Augen an. Keine Ahnung was er jetzt von mir hören will. Schweigend betrachte ich den jungen Mann vor mir, versuche an seiner Mimik herauszufinden, ob er mich auf den Arm nehmen will. So verpeilt kann man doch gar nicht sein. Ich rechne schon mit einem Lachflash von ihm, aber nichts. Sein Blick ist so unschuldig, wie bei einem Kind. Anscheinend meint er das wirklich ernst.

„Bekomm ich jetztdeine Pizza wieder, oder hast du die schon aufgefuttert?Ich war nämlich noch nicht fertig!"

„Sag mal, wie alt bist du, Louis?"

„22. Warum?"

„Dein Verhalten erinnert mich manchmal an große Gruppe Kindergarten, vielleicht auch schon Grundschule!" Ich weiß, dass das jetzt ziemlich gemein von mir ist, aber besonders erwachsen wirkt er nicht auf mich. Schon wenn ich an seine Aktion mit dem Geschirr im Eisschrank denke, oder der alberne Streit um den Reifen im Schwimmbad, ganz abgesehen von seinen ständigen Streichen.

„Na vielen Dank." schnaubt er beleidigt. „Lieber Grundschüler, als so ein Spießer wie du." kontert er frech und beißt wieder in seine Pizza.

„Dann wird der Spießer mal ins Bett gehen, immerhin muss ich morgen wieder arbeiten." verabschiede ich mich, bevor das Ganze noch aus dem Ruder läuft.

„Ach Louis! Halt dein Zelt heute Nacht gut fest, es soll ungemütlich werden."

„Ha, einen richtigen Mann stört doch ein bisschen Wind nicht." wehrt er meine Warnung leichtfertig ab. Ohne nochmal darauf einzugehen, gehe ich ins Haus und lasse ihn allein zurück. Am Himmel sind schon erste dunkle Wolken zuerkennen, auch wenn von dem gemeldeten Sturm noch nichts zu merken ist.

Ein bisschen Sorge habe ich schon Louis bei dem angekündigten Wetter im Garten schlafen zu lassen, aber die Terrassentür ist nicht verschlossen, er könnte jederzeit ins Haus, wenn es zu ungemütlich wird.

lonely hearts  ➵ larry stylinsonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt