29. Kapitel - Na, gefällt dir was du siehst?

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Eine Zeit lang versuche ich die Klingel zu ignorieren, aber der Störenfried ist hartnäckiger, als mir lieb ist. Frustriert schleppe ich mich wieder nach unten. Ich schwöre, wenn Louis jetzt vor der Tür steht, kann er gleich wieder gehen. Er ist gerade der Letzte, den ich jetzt sehen möchte.

Überrascht, dass ausgerechnet meine Mom die Klingel so unerschütterlich gequält hat, starre ich sie an. „Wir müssen reden!" meint sie nur mit besorgtem Unterton, als sie sich an mir vorbei in die Wohnung schiebt und auf die Küche zusteuert.

„Ist was passiert? Ist etwas mit Harriet?" bin ich sofort alarmiert. „Nein, keine Sorge, Harriet geht es gut. Aber so wie es gerade läuft, kann es nicht weiter gehen." Nun bin ich erstrecht verwirrt. Ich scheine irgendwie auf der Leitung zu stehen. 

„Was meinst du?"

„Ich meine dich und Louis!"

„Louis?"

„Ja, Louis! Du kannst den armen Jungen doch nicht einfach auf die Straße setzen, nur weil ihr eine Meinungsverschiedenheit hattet." Ich glaube mich verhört zu haben. „Mom ich habe ihn nicht... Hat er dir das so erzählt?"

„Er kam nicht zu mir, um sich auszuheulen, falls du das jetzt denkst. Aber als er völlig farbverschmiert und geknickt vor meiner Tür stand, musste ich einfach wissen, was bei euch schon wieder vorgefallen ist."

„Bei uns ist gar nichts vorgefallen, er hat nur wieder mal nicht nachgedacht, bei dem was er tut. Wo steckt er überhaupt?" Ich bin schon wieder auf 180. Hätten wir das nicht in Ruhe, wie Erwachsene, klären können? Nein, da rennt er lieber zu meiner Mutter und petzt.

„Louis ist im Moment bei mir. Ich habe ihn in die Badewanne geschickt. So kann er ja unmöglich draußen rumlaufen. Das du ihm das zumutest, ist schon ein starkes Stück. Harry Edward Styles, so habe ich dich nicht erzogen!"

Na super. Jetzt bekomme ich eine Standpauke von meiner Mutter, in meinem eigenen Haus. Warte nur Louis, das wird ein Nachspiel haben.

„Mom, warum nimmst du ihn den jetzt auch noch in Schutz? Er hat ein Chaos veranstaltet, das würden nicht mal die Kinder in meiner Gruppe hinbekommen."

„Jetzt übertreibst du aber!"

„Ich übertreibe? Du hast das Wohnzimmer nicht gesehen, oder die roten Haare von Charlie. Ach, und Charlie möchte jetzt auch nicht mehr Charlie heißen. Sie möchte jetzt Lottie genannt werden. Und drei Mal darfst du raten, wer ihr das eingeredet hat." Ich werde immer wütender, mehr ich darüber nachdenke. Meine Stimme wird lauter, auch wenn das nicht beabsichtigt ist, aber dieser Kerl regt mich so auf.

„Lottie klingt doch schön. Charlie passte doch auch gar nicht zu einem kleinen Mädchen." Gibt meine Mutter ehrlich zu. Ich wusste, dass sie von dem Spitznamen nie begeistert war, aber dass sie jetzt auch noch Salz in die Wunde streuen muss...

Ich muss mich echt zusammenreißen, um mich nicht im Ton zu vergreifen. Wie kann sie sich denn jetzt auf Louis' Seite schlagen? Ich fühle mich gerade wie im falschen Film. Kraftlos lasse ich mich auf einen der Küchenstühle fallen. Ich wollte doch einfach nur meine Ruhe und wenigstens eine Stunde schlafen. Ist denn das wirklich zu viel verlangt?

„Du siehst geschafft aus!" stellt Mom nüchtern fest. Als könne sie meine Gedanken lesen. „Ich habe letzte Nacht kaum geschlafen, dann die Aufräumarbeiten im Kindergarten und Louis hat mir dann den Rest gegeben. Ich wollte nur schlafen, doch dann hattest du ja so einen Redebedarf."

„Entschuldige, dass ich mir Sorgen mache!" gibt sie pampig zurück.

Wir sitzen eine Weile schweigend am Küchentisch. Ich befürchte, dass jedes Wort, was ich jetzt sage, bei ihr falsch ankommen würde. Auch Mom sagt nichts. Sie sieht sich nur etwas um, bis ihr Blick auf den Garten fällt.

„Tüchtiger junger Mann." zum wiederholten Male an diesem Tag bin ich irritiert. Warum kann keiner klare, verständliche Sätze bilden? Mein Blick folgt ihrem, bis ich Louis am Apfelbaum entdecke.

„Was treibt er da?"

„Er hatte sich bei mir eine Säge und eine Axt ausgeliehen, um den Ast zu beseitigen. Das war eigentlich der Grund, warum er bei mir war." stellt meine Mutter klar. Überrascht schaue ich sie an. Um ehrlich zu sein, hatte ich Louis so etwas nicht zugetraut.

„Ich solltet euch mal richtig aussprechen." Schlägt sie aus heiterem Himmel vor. „Louis ist nicht so wie du vielleicht glaubst. Ich denke er hat viele Päckchen mit sich zutragen, über die er nur schwer sprechen kann." Ich weiß nicht so recht, was ich von dem Vorschlag halten soll. Eigentlich habe ich im Moment gar kein Interesse mich mit Louis zu unterhalten. Ich bin im Augenblick nur genervt von ihm und will ihn weder hören noch sehen.

„Ich weiß, wie wir das machen!" versucht Mom mir einen ihrer auch sotollen Vorschläge zu unterbreiten und ich weiß jetzt schon, dass sie keine Widerrede dulden wird.

„Du gehst jetzt erst einmal schlafen, ich bringe die Küche wieder auf Vordermann und kümmere mich um Lottie, wenn sie ausgeschlafen hat." Lottie! Natürlich, nochmal Salz in die Wunde. Ich tue mal so, als hätte ich es nicht gehört. Mein Bedarf an Diskussionen ist für heute eh gedeckt.

„...und morgen bringst du Louis zum Frühstück mit zu mir."

Warte, was habe ich denn gerade nicht mitbekommen. „Hast du mir überhaupt zugehört?" fragt Mom nach, als sie meinen verwunderten Blick bemerkt. „Nicht ganz." gestehe ich gähnend.

„Ich habe dir gerade erklärt, dass Lottie heute bei mir schläft und du mit Louis ausgehst."

„Was? Aber Mom..."

„Nichts aber. Ich zwei müsst euch endlich zusammenraufen, schon Charlotte zuliebe." Ihr Ton ist bestimmend und duldet kein weiteres „Aber".

Wie ich mir schon gedacht habe, Widerrede zwecklos. Damit ist das Gespräch für sie beendet und ich kann mich endlich schlafen legen.

*** 

Es ist kurz nach fünf Uhr am Nachmittag, als ich wieder wach werde. Im Haus ist es still, nur aus dem Garten ist ein Schlagen zu hören. Müde und etwas hungrig schleppe ich mich die Treppe hinunter. Als ich von der Küche in den Garten blicke, staune ich nicht schlecht. Der riesige Ast, der heute Mittag noch auf dem Zelt lag, ist in kleinere Stücke gesägt, die Louis nun kleinhackt.

Leider muss ich mir erneut eingestehen, dass der Anblick schon mächtig Eindruck auf mich macht. Louis, wie er mit freiem Oberkörper das Beil schwingt und Schweißperlen auf seiner gebräunten Haut glitzern. Seine Muskeln, die sich jedes Mal anspannen, wenn er den Holzblock mit samt der Axt anhebt, bevor er ihn kraftvoll auf dem Hackstock zerteilt. Ein Anblick, der meine Knie weich werden lässt. Fasziniert beobachte ich ihn dabei, wie er einen Block nach dem nächsten zerteilt und komme nicht herum, mir vorzustellen, wie es wohl ist diese muskulösen Oberarme zu berühren, meine Finger über seine nackte Brustgleiten zu lassen...

„Na, gefällt dir was du siehst?" werde ich plötzlich aus meinen Fantasien gerissen. Ich war so in meinen Gedanken gefangen, dass ich nicht bemerkt habe, wie Louis ins Haus gekommen ist. Er lehnt neben mir am Kühlschrank und trinkt eine halbe Flasche Wasser auf einmal aus.

Ich fühle mich ertappt. Peinlich berührt, spüre ich wie mir die Hitze ins Gesicht steigt. Wahrscheinlich mache ich gerade einer Tomate Konkurrenz, doch versuche cool zu bleiben, obwohl der Anblick, der sich mir gerade bietet, mich alles andere als kalt lässt. Jetzt bloß nichts anmerken lassen. Harry reiß dich zusammen.

„Ich muss zugeben, ein wenig bin ich schon beeindruckt. Hätte nicht gedacht, dass du richtig arbeiten kannst. Dachte Sprüche klopfen ist das Einzige, was du bringst."

„Ich habe noch mehr Qualitäten, die du gern mal austesten darfst." antwortet er mir augenzwinkernd.

„Geh lieber duschen, wir wollen in einer Stunde los." Versuche ich weiter standhaft zu bleiben, auch wenn ich mir sicher bin, dass Louis mir das sowieso nicht abnimmt.

lonely hearts  ➵ larry stylinsonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt