12. Kapitel - Muss Daddy jetzt zum Beinarzt?

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Ich habe wieder mal den Schlussdienst erwischt und muss warten, bis auch das letzte Kind aus dem Kindergarten abgeholt wird. Da Charlie heute von meiner Mom abgeholt wurde und somit in guten Händen ist, stört mich der Schlussdienst nicht wirklich. Sie hat schon beim Frühstück ununterbrochen davon erzählt, was sie alles mit Tante Anne machen möchte. Ganz oben auf ihrer Liste steht, typisch für Mädchen, ein neues Kleid kaufen. Da bin ich gar nicht böse, dass sie das nicht unbedingt mit mir machen möchte. Shopping und ich sind wie dreißig Grad im Winter. Etwas, das absolut nicht zusammenpasst. Nach dem Einkaufen möchte meine Kleine noch ein Eis essen gehen, was sie sich ihrer Meinung nach wirklich verdient hat.

Charlie weiß mit ihren drei Jahren schon ganz genau, wie sie ihren Charm einsetzen muss, um ihren Willen zu bekommen. Auch wenn Mom und Harriet bei ihr schnell nachgeben, weiß sie genau, dass sie bei mir damit nicht durchkommt.

Es ist kurz nach vier Uhr und mit etwas Verspätung wurde nun auch Isabelle aus Zayns Gruppe abgeholt und ich kann endlich nach Hause gehen. Vielleicht nutzte ich meine freie Zeit und gehe im Park eine Runde joggen. Viel zu lange nehme ich mir das schon vor, aber irgendwie schaffe ich es nicht meinen inneren Schweinehund zu überwinden.

Zuhause angekommen schlüpfe ich schnell in ein paar bequeme Sportklamotten, bevor ich es mir wieder anders überlegen kann. Es dauert ein paar Minuten, bis ich dann auch meine Laufschuhe gefunden habe, die in der hintersten Ecke im Kleiderschrank versteckt waren. Die Haare werden noch zu einem Dutt zusammengebunden und los geht's.

Energiegeladen sprinte ich aus der Haustür, durch den Vorgarten, auf den Gehweg und...werde nass. Na super! Kaum will ich mich sportlich betätigen, fängt es an zu regnen. Es ist nur ein leichtes Nieseln, also beschließe ich mich trotzdem auf den Weg zu machen. Der Park ist nicht weit entfernt und so erreiche ich ihn nach zehn Minuten laufen. Am Park grenzt ein Sportplatz an, der geradezu zum Bahnen laufen einlädt.

Drei Runden habe ich schon geschafft und bin schon stolz auf mich. Angetrieben von meinem Ehrgeiz gebe ich noch einmal alles und setze zum Sprint an. Kaum das ich mein Tempo beschleunigt habe, übersehe ich eine kleine Kuhle mitten auf der Bahn und trete natürlich genau hinein. Mit schmerzverzerrtem Gesicht legt es mich der Länge nach hin. „Ah, Shit!" rufe ich noch aus und umfasse meinen Knöchel. Verdammt!

Ich versuche aufzutreten, aber der Schmerz macht es unmöglich. Und wie sollte es in dem Moment anders sein? Der leichte Nieselregen hat sich inzwischen zu einem ordentlichen Schauer entwickelt und der aufkommende Wind macht es auch nicht besser.

Nass bis auf die Haut schleppe ich mich zu einer der überdachten Auswechselbänke am Sportplatzrand. Ich krame in meiner Tasche nach meinem Handy, um Niall anzurufen.

„Hi Nialler, ich bräuchte mal kurz deine Hilfe!"

„Alles okay bei dir? Deine Stimme klingt so zittrig?" erkundigt er sich sofort besorgt, dabei hatte ich echt versucht mit fester Stimme zu sprechen.

„Kannst du einfach kurz zum Sportplatz im Park kommen?" Einen Moment ist Ruhe in der Leitung.

„Harry? Du weißt aber schon das es draußen regnet?" gibt Niall irritiert zu bedenken.

„Ja ich weiß. Ich bin weggeknickt und kann nicht mehr auftreten. Kannst du bitte herkommen und mir helfen?"

„Sag das doch gleich!" ermahnt er mich. „Bin gleich da."

Kurze Zeit später kommt Niall, in ein Regencape gehüllt, auf mich zu. „Besseres Wetter hättest du dir wohl nicht aussuchen können?"

„Nein, ich wollte mir das Duschen sparen, aber danke für dein Mitgefühl." gebe ich sarkastisch zurück, während mein bester Freund mich von oben bis unten mustert.

„Sorry, aber bei dem Wetter jagt man nicht mal einen Hund vor die Tür."

„Zum Glück bist du ja kein Hund." gebe ich nur lächelnd zurück. „Und jetzt hilf mir."

Niall stützt mich bis zu seinem Auto, wo ich mich dankend in den Sitz fallen lasse. Nachdem ich ihm mehrfach versichert habe, dass ich in kein Krankenhaus muss, bringt er mich nach Hause. „Und wenn doch etwas gebrochen ist?" versucht er es erneut.

„Niall! Das ist mit Sicherheit wieder eine Bänderverletzung und die Schiene dafür habe ich noch vom letzten Mal da." Er gibt schließlich auf, obwohl ich ihm ansehe, dass er am liebsten noch etwas dazu sagen würde.

Zuhause tausche ich meine nassen Klamotten gegen ein paar warme und trockene und lasse mich im Wohnzimmer nieder. In der Zwischenzeit holt Niall mir noch einen Kühlakku und meine Krücken aus dem Keller und legt sie neben der Couch ab. „Brauchst du noch etwas? Soll ich vielleicht deine Mom anrufen? Oder willst du..."

„Danke Niall, ich komme jetzt zurecht." unterbreche ich ihn.

„Sicher?"

„Ganz sicher! Außerdem werden Mom und Charlie auch bald zurück sein."

Ich habe es noch gar nicht richtig ausgesprochen, da kommt auch schon meine Kleine auf mich zu gerannt und springt mir in die Arme. „Daddy, Daddy..." beginnt sie überschwänglich, doch hält augenblicklich inne, als sie Niall erblickt.

„Hat Niall auch was in meinem Zimmer gemalt?" möchte sie verwundert wissen und will gerade aufspringen, um nachzusehen, doch ich kann sie gerade noch zurückhalten.

„Nein..., ich kann doch gar nicht malen." erklärt Niall ihr und nimmt sie auf den Arm.

„Ich habe deinen Daddy nach Hause gebracht, weil er sich weh getan hat."

Charlie strampelt und lässt sich mit einer besorgten Mine vor mir absetzen. „Wo denn, Daddy?" Ihre Augen gleiten über meinen Körper, bis sie am Kühlakku an meinem Knöchel hängen bleibt.

„Soll ich pusten? Dann ist das ganz schnell wieder gut."

„Nein, Süße. Da hilft pusten nicht." mischt sich nun auch meine Mutter ein, die noch immer im Türrahmen steht. Charlie legt Daumen und Zeigefinger an ihr Kinn und gibt sich nachdenklich.

„Muss Daddy jetzt zum Beinarzt?" fragt sie dann und schaut uns verwundert an, weil wir uns ein kleines Kichern nicht verkneifen können.

„Nein mein Schatz. Ich muss es nur etwas kühlen und morgen geht es dann schon wieder besser."

„Dann fahren wir morgen mit dem Auto zum Kindergarten!" erklärt sie fast schon jubelnd.

„Nein." Nimmt ihr Niall sofort den Wind aus den Segeln.

„Morgen hole ich dich ab und dann läufst du mit mir zum Kindergarten und Harry ruht seinen Knöchel aus." Ich will direkt widersprechen, doch bekomme nur mahnende Blicke von Mom und Niall zugeworfen.

Ich gebe mich geschlagen und beobachte noch eine Weile wie Charlie versucht Niall zu überreden sie vielleicht doch mit dem Auto abzuholen. „Du bist der beste Erzieher im Kindergarten" schmiert sie ihm Honig ums Maul.

„Hey! Und was ist mit mir?" protestiere ich und werfe ihr einen gespielt beleidigten Blick zu. „Du zählst nicht, du bist ja mein Daddy." Schmollend verschränke ich meine Arme vor der Brust, doch die Kleine schenkt mir schon gar keine Beachtung mehr.

„Charlotte, ich glaube es wird Zeit für das Abendessen." unterbricht Mom ihr kleines Schauspiel. Während die beiden in der Küche verschwinden, atmet Niall erleichtert aus.

„Ich war ganz kurz davor nachzugeben." gesteht er lachend, bevor er sich von uns verabschiedet.

„Tante Anne bringt mich heute ins Bett und sie liest mir auch was vor." erklärt Charlie mir, als sie mit einem vollen Teller zurück ins Wohnzimmer kommt.

„Für dich, Daddy. Das Brot hab ich ganz alleine gestreichelt und Wurst drauf gemacht." meint sie und hält ihn mir unter die Nase. Schmunzelnd streiche ich ihr durch die Locken.

„Du hast was?"

„Ich hab das ganz alleine gestreichelt und Wurst drauf gemacht." wiederholt sie ihren Satz, bevor sie mir einen Gute-Nacht-Kuss gibt und die Treppe nach oben läuft.

lonely hearts  ➵ larry stylinsonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt