16. Kapitel - Sorry für den Kratzer

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Der Sonntag ist schneller da, als mir lieb ist. In ein paar Stunden treffen Charlie und ich uns mit Louis Tomlinson. Bin ja mal gespannt, wie das ablaufen wird. Wenn er sich wieder so aufführt, wie bei unserem letzten Aufeinandertreffen, dann war es das erste und letzte Mal. Dann kann Liam sich das Kennenlernen der beiden sonst wo hinstecken. Ich bin jetzt schon wieder auf 180 obwohl noch gar nichts passiert ist, doch ich ahne nichts Gutes, wenn es mit Tomlinson zu tun hat.

Bevor ich mich weiter hineinsteigern kann, wende ich mich wieder Charlie zu. Wir stehen in der Küche und bereiten zusammen das Mittagessen vor. Während Charlie fleißig das Gemüse abspült, schäle ich die Kartoffeln für das Kartoffelpüree. „Und was gibt es noch?" möchte Charlie wissen, als sie skeptisch auf die Kartoffeln blickt. „Spinat" sage ich und muss loslachen, als sie ihr Gesicht angewidert verzieht. „Bäh, Daddy. Das gab es doch erst."

„War auch nur Spaß, Prinzessin. Was hältst du von Fischstäbchen?"

„Die gelben Stäbchen? Die mag ich." Zufrieden wendet sie sich wieder dem Gemüse zu.

„Und jetzt?" Das Gemüse ist gewaschen und Charlie schüttelt ihre Hände über dem Spülbecken ab. „Wenn du möchtest, dann kannst du schon mal den Salat kleinzupfen."

„Au ja." Begeistert zieht sie eine Schüssel aus dem Schrank und macht sich an die Arbeit. „Daddy, dein Telefon klingelt." Ich war schon wieder so in Gedanken versunken, dass ich es gar nicht mitbekommen habe. „Danke Süße... Oh Niall ruft an, was der wohl möchte?" überrascht schaue ich auf das Display, während ich mir die Hände abtrockne. „Das ist für mich." Erklärt der kleine Lockenkopf, springt vom Stuhl und schnappt sich mein Handy. „Hey, warte mal..." doch da war der Wirbelwind schon verschwunden.

„Mhm... Mhm...Okay... ja gut. Tschüss." ist alles was ich von dem Telefonat mitbekomme. „Das war für mich." sagt sie beiläufig, als sie sich wieder ihrem Salat widmet. Augenverdrehend sehe ich ihr hinterher. Was haben die beiden nun schon wieder ausgeheckt? Eigentlich sollte ich mir darüber keine Gedanken machen, aber wenn Niall mit drinsteckt, bedeutet das nicht immer etwas Gutes.

Gemeinsam schneiden wir das Gemüse klein, während der Rest noch auf dem Herd gart. Charlie hat ein kleine Schneidebrett und ein nicht ganz so scharfes Messer bekommen und versucht vorsichtig die Tomate klein zubekommen.

Nachdem das Mittagessen fertig ist und Charlie sich darüber her macht, als hätte sie die letzten Tage nichts bekommen, überkommt sie auch schon wieder die Müdigkeit.

„Na Prinzessin? Für dich wird es langsam Zeit für den Mittagsschlaf." stelle ich schmunzelnd fest. „Ich mag nicht schlafen, da muss ich immer die Augen so lange zu lassen."

„Aber deine Augen fallen doch gleich von allein zu."

„Nein, die sind noch ganz wach." Als Beweis macht sie ganz große Augen, kann ein Gähnen aber nicht unterdrücken. „Na komm, du muss auch nur kurz schlafen und danach gehen wir zum Spielplatz." widerwillig erhebt sie sich und stapft ins Bad, um sich die Hände und den Mund zu waschen.

Charlie liegt bereits in ihrem Bett, als ich in ihr Zimmer komme. „Daddy, kannst du dich setzen und deine Augen zu machen?"

„Was hast du vor?" Charlie ist im Moment in einem schwierigen Alter. Ständig fallen ihr neue verrückte Ideen ein - ich bin also auf alles gefasst. „Bitteeeee." bettelt sie. „Na gut, aber du versprichst mir, dass du keinen Blödsinn machst."

„Ich mach nie Blödsinn!" entrüstet steht sie auf und wirft mir einen bösen Blick zu.

Ich tue also was sie von mir verlangt hat und schließe meine Augen. Sie räumt in ihrem Zimmer Sachen hin und her und der Drang meine Augen wieder zu öffnen wird immer stärker, doch noch kann ich widerstehen. „Bin gleich fertig." Hält sie mich auf dem Laufenden. Geduldig bleibe ich auf ihrem Bett sitzen und warte. Erneut wuselt sie im Zimmer herum. „So jetzt kannst du gucken."

Langsam öffne ich meine Augen wieder. Charlie steht mit dem Rücken zu mir. „Ich habe meine Augen wie auf." gebe ich ihr Bescheid. Sie wirbelt herum, „Alles Gute zum Daddy-Tag." und hält mir ein Holzbrett entgegen. Es ist das Brett, was ich im Kindergarten mit meiner Gruppe angefangen habe, es aber nicht fertig machen konnte. Darauf ist ein genageltes Herz mit Wolle umwickelt und in Glitzerschrift steht darunter: Hab dich lieb.

Mit keiner Silbe habe ich daran gedacht, dass heute Vatertag ist, da der Tag bis jetzt keine große Bedeutung für mich hatte. Umso gerührter bin ich, dass Charlie etwas für mich gemacht hat.

„Niall hat das mit uns fertig gemacht und auch wenn du nicht mein richtiger Daddy bist, bist du mein Daddy und ich hab dich ganz doll lieb." Mir kommen vor Rührung die Tränen. „Prinzessin, komm her." liebevoll drücke ich mein kleines Mädchen an meine Brust und streiche ihr über den Kopf. „Vielen Dank meine Kleine. Ich habe dich mindestens genau so lieb."

***

Nach dem Mittagsschlaf machen wir uns auf den Weg zum Spielplatz. Charlie hüpft vergnügt an meiner Hand über den Gehweg, während ich am liebsten wieder umdrehen möchte. Ich möchte mir noch gar nicht ausmalen, was passiert, wenn das Jugendamt Charlie diesem Tomlinson zusprechen sollte. Mein Magen zieht sich bei dem Gedanken zusammen, die Kleine zu verlieren.

Viel zu schnell für meinen Geschmack, kommen wir auf dem Spielplatz an. Da es gerade am Wochenende ein beliebter Ausflugsort für Familien ist, ist er auch heute wieder gut besucht. Einige der Eltern kenne ich bereits aus dem Kindergarten. Ein bisschen Smalltalk hier und ein kurzes Gespräch da, wie sich das für eine Kleinstadt gehört. Man kennt sich eben und es wäre unhöflich einfach weiterzugehen.

Charlie ist schon losgeflitzt, um sich bei den Rutschen anzustellen, wo Hailey bereits wartet. Ich setze mich auf eine der letzten freien Bänke und versuche Charlie nicht aus den Augen zu verlieren.

Noch habe ich ein klein bisschen Hoffnung, dass meine Verabredung gar nicht erst auftaucht, doch diese Hoffnung wird mir schnell wieder genommen.

Gutgelaunt schlendert Louis auf mich zu und winkt schon von Weitem, als würden wir uns schon ewig kennen. Er ist noch gar nicht richtig angekommen, da geht er mir schon wieder auf die Nerven. „Hey Harold." begrüßt er mich mit einem unverschämten Grinsen. „Harry! Einfach nur Harry! Ist doch nicht so schwer, oder?" gebe ich genervt zurück. „Da ist aber jemand empfindlich." zieht er mich weiter auf und lässt sich neben mich auf Bank fallen.

„Nett hier, nur vielleicht ein bisschen viel Geschrei." gibt er von sich. „Das ist ein Spielplatz. Was hast du denn erwartet?"

„Weiß nicht. Weniger laute Kinder?" ungläubig schüttle ich mit dem Kopf. Warum hatte ich nochmal einem Treffen zugestimmt?

Wir sitzen schweigend auf der Bank. Während ich Charlie im Auge behalte, beobachtet Louis die parkenden Autos am Straßenrand. „Hast du Angst, dass man dir dein Auto klaut, oder warum schaust du die ganze Zeit da rüber." möchte ich dann doch wissen, weil es schon ein wenig merkwürdig wirkt. Doch statt mir eine vernünftige Antwort zu geben, bricht er in lautes Gelächter aus. Perplex sehe ich ihn an. Er bekommt sich gar nicht wieder ein. Klopft sich immer wieder auf die Schenken und hat schon Tränen vom Lachen in den Augen.

„Was bitte ist denn so lustig?" frage ich dann doch nach, der er auch so langsam die Aufmerksamkeit aller anderen auf sich zieht.

„Siehst du den Typ, der immer wieder um sein Auto läuft?" beginnt er schließlich, macht aber immer wieder Lachpausen machen. „Ja, sehe ich. Und...?"

„Der sucht nach Schäden an seinem ach so geliebten Wagen." Ich blicke ihn verwirrt an. „Wie kommst du darauf?" Erneut bekommt er einen Lachanfall. „Ich habe..." wieder lachen. „Ich habe an jedes Auto in der Straße Zettel geheftet, auf dem Sorry für den Kratzer steht. Ich könnte stundenlang zusehen, wie diese Deppen den Kratzer suchen." Wieder bekommt Louis einen Lachanfall.

Ich muss leider zugeben, dass auch ich mir ein Lächeln nicht verkneifen kann, wenn ich sehe, wie der arme Mann um sein Auto schleicht und jeden Zentimeter genauestens unter die Lupe nimmt.

lonely hearts  ➵ larry stylinsonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt