Kapitel 21 ~ Das erwiderte Kompliment

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»Wir haben es gleich drei, meinst du nicht, dass du dich auf die Socken machen solltest?«

»Meinst du nicht, dass du dir endlich welche kaufen solltest?«, erwiderte ich meinem besten Freund. Mit geschlossenen Augen reckte ich meine Nase gen Himmel und genoss die Nachmittagssonne, die heiß auf uns herab strahlte.

»Lyni, selbst die Jungs sind schon zum Training aufgebrochen«, mischte sich meine beste Freundin ein und pikste mich mit ihren spitzen Fingern in die Seiten.

»Au! Verdammt, bleibt doch mal ruhig. Ich habe noch zehn Minuten, okay? Die werde ich auch voll und ganz auskosten, bevor die Hölle über mich hereinbricht.« Mit einem Satz entfernte ich mich von dem Wirbelwind. »Was ist eigentlich mit dir, solltest du nicht beim Vorsprechen sein?«, fragte ich sie und traf anscheinend den Nagel auf den Kopf. Mila verspannte sich automatisch und begann wieder auf der Stelle herumzuzappeln.

»Äh... Ich warte bis die anderen durch sind. Es macht mich nur noch nervöser, wenn ich ihnen dabei zusehen, daher habe ich gefragt, ob ich die Letzte sein darf. Ich warte jetzt erst einmal weiter hier draußen und gehe hinein, wenn es an der Zeit ist«, stammelte sie vor sich hin und sah ganz betreten zu Boden mit ihren bernsteinfarbenen Augen. Es gefiel mir gar nicht, wie unsicher sie sich in dieser Sache war, dabei war sie einer der selbstsichersten Menschen, die ich kannte. Sie machte sich nie etwas aus der Meinung von anderen. Na gut, die waren auch nie von ihr erfragt worden. Wenn sie explizit danach fragte, dann nahm sie es sich sehr zu Herzen, weshalb dies auch nicht oft vorkam.

»Apropos Zeit. Meinte Mrs Andrews nicht, das du die Konsequenzen nicht erleben möchtest, wenn du zu spät kommst?«, mischte sich Jona mit einem Blick auf sein Smartphone ein. »Du hast genau eine Minute und fünfzig Sekunden, um pünktlich zum Beginn des Trainings zu erscheinen.« Erschrocken blickte ich zu ihm. Mit einem Blick auf sein Smartphone musste ich feststellen, dass er mich nicht anlog, um mich zu ärgern, weshalb ich hektisch nach meiner Tasche griff, die ich zwischen meinen Beinen platziert hatte und mich selbst fast auf den Boden katapultiert hätte, da ich mit einem Fuß auf einen der Gurte stand. Ich warf mich auf meine beste Freundin und drückte sie ganz fest.

»Ich wünsche dir ganz viel Glück. Du wirst das Ding rocken und ehe du dich versiehst, bist du die Hauptdarstellerin auf der ganz großen Bühne«, nuschelte ich in ihr Haar und ließ sie auch schon wieder los, als sie gerade ihre Arme um mich schlingen wollte. Dann drehte ich mich um, nahm meine Beine in die Hand und rannte in Richtung Schuleingang, als würde mich der Teufel höchstpersönlich verfolgen.

»Du solltest lieber noch einen Zahn zulegen! Nicht, dass Trainerin Andrews dich heute schon rauswirft!«, schrie Jona mir nur noch hinterher. Meine Antwort auf seine nicht sehr geistreiche Aussage war der Mittelfinger, den ich hinter mir herschleppte, dabei bedacht nicht über den Bordstein zufliegen, der kurz vor dem Eingang aufragte. Doch wenn ich es mir richtig überlegte, wäre es mir sehr recht, wenn sie mich rausschmeißen würde, dann kann ich immer noch sagen, dass ich mich bemüht hatte.

Ich sprintete durch die fast leeren Flure, dieser riesigen Schule, bog hin und wieder ab und zog noch einmal an Geschwindigkeit an, als ich einer der riesigen Uhren von der Decke hängen sah. Der große Zeiger war kurz davor die Stunde zu vollenden, während der rote Sekundenzeiger sich langsam den Weg an der Sechs vorbeibahnte.

Nachdem ich die letzte Tür, die zu den Sporthallen führte, passiert hatte, konnte ich auch schon die Cheerleader sehen, die sich gerade in die Umkleiden begaben, um sich für das Training umziehen zu können. Das Ziel war klar vor meinen Augen und ich wusste, dass ich es rechtzeitig schaffen würde. Dachte ich zumindest. Vielleicht mochte mich der Teufel doch lieber als der liebe Herr Gott, der eigentlich über uns alle wachen sollte. Ich hatte mich zwar schon daran gewöhnt, dass nie etwas nach meinem Plan verlief, doch das hier war doch reine Schikane von den Allmächtigen.

Strong and SelflessWo Geschichten leben. Entdecke jetzt