Kapitel 14 ~ Tänzer vs. Footballer

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Der Song war leise verklungen, als Jona mich mit Schwung wieder auf meine Beine beförderte und mit wenigen Schritten Abstand zwischen uns brachte. Langsam ließ er mich los und strich wenige silberne Strähnen aus seinem Gesicht. Ich tat es ihm gleich und atmete tief ein. Es war schön, wieder mit ihm zu tanzen. Das hatte mir wirklich gefehlt, schien ihm wohl genauso zu gehen.

»Wie geht es deinem Allerwertesten?« Das hatte ich mich schon die ganze Zeit gefragt, denn er schien sich ohne Schmerzen bewegen zu können, sonst hätte er hier nicht eine solche Tanzeinlage hingelegt.

»Ich denke gut. Zumindest sind die Schmerzen wieder komplett weg. Es schränkt mich nicht mehr in meinen Bewegungen ein«, antwortete er mir und sah zu mir rüber.

»Das ist toll. Ich hatte schon Angst, es sei etwas Ernstes«, verriet ich ihm wahrheitsgemäß. Ich hätte mir das nicht verzeihen können, wenn er noch länger damit zu tun gehabt hätte und erst recht dann nicht, wenn es etwas wirklich Ernstes gewesen wäre. Es war nicht selten, dass man sich beim Sport das Steißbein prellte - ich selbst musste dort schon einmal durch - und das war kein Spaß. Man konnte nicht wirklich sitzen und rennen ging schon gar nicht. Zudem wollte man auch niemanden erzählen, was los war, da es einfach nur peinlich war. Die Hölle.

»Zum Glück nicht, das wäre wirklich peinlich geworden«, erwiderte er und wir beide lachten. »Wie wärs, wollen wir es wiederholen?«

»Was? Deine Steißbeinprellung?«, lachte ich und sah ihn amüsiert in die Augen.

»Natürlich nicht. Ich meine, ob wir die Hebefigur wiederholen wollen«, klärte er mich auf und hörte auf zu lachen.

»Ganz sicher nicht«, wollte ich ihm diese blöde Idee direkt wieder aus dem Kopf schlagen. »Am Ende bricht sich noch einer das Genick«, bekräftigte ich meine Aussage. War er denn lebensmüde? Der Sturz letztes Mal ist noch glimpflich ausgefallen, aber beim nächsten Versuch könnte es wesentlich schlimmer für uns ausgehen. Ohne Übung würde ich es nicht zulassen, dass wir denselben Mist noch einmal bauten.

»Ich meine ja auch nicht hier auf dem Rasen. Ich dachte, wir versuchen es im Wasser, da ist es wesentlich ungefährlicher. Denkst du etwa, ich würde es noch einmal aus einer Laune heraus wagen? Wenn mich mein Hintern eins gelehrt hat, dann nicht übermütig zu werden«, beschwichtigte er mich und rieb sich symbolisch den Hintern, um mich zu überzeugen. »Außerdem könnte ich nicht sagen, ob ich dich das nächste Mal genauso auffangen könnte. Dich möchte ich nicht in Gefahr bringen.«

Mein Schmunzeln konnte ich kaum vor ihm verbergen, so gerührt war ich von seinen Worten. Das ist noch eine Eigenschaft, die Jona ausmachte und ihn zu dem guten Menschen machte, der er war. Er sorgte sich immer zuerst um alle anderen, bevor ihm sein eigenes Wohlergehen wichtig war. Ich hoffte nur, es würde ihm niemals zu Kopf steigen, denn ich könnte es nicht ertragen, wenn er sich selbst verlor.

»Wirklich süß von dir, aber vielleicht sollten wir es nicht ausgerechnet heute machen«, meinte ich. Im Hintergrund nahm ich auf einmal ein dramatisches Klavierspiel war, das sich deutlich von den letzten Songs abhob.

»Ach komm schon, Lyn!«, rief er und begann den Text mitzusingen, der nach dem Klavier einsetzte. »At first I was afraid, I was petrified - Kept thinking I could never live without you by my side«, nachdem er seine Arme ausgebreitet hatte, zeigte er plötzlich auf mich. »But then I spent so many nights thinking how you did me wrong - And I grew strong - And I learned how to get along«, er streckte seine offene Hand in die Luft und senkte sie langsam mit geballter Faust. Dann kam das Feuerwerk. »And so you're back, from outer space - I just walked in to find you here with that sad look upon your face«, zugleich tanzend und singend nährte er sich dem Wasser und machte es sich zunutze. Langsam glaubte ich, er hatte es sich zum Ziel gemacht, mich dazu zu bringen über meinen Schatten zu springen, der ehrlich gesagt breiter war, als Jonas je sein konnte. Er hatte sich immer davor gescheut vor Jungs zu tanzen und nun tat er es sogar vor Dreien gleichzeitig, die zugegeben schliefen. Also beschloss ich Anlauf zu nehmen und über meinen Schatten zu springen, der mich tatsächlich nicht aufhielt.

Strong and SelflessWo Geschichten leben. Entdecke jetzt