Kapitel 32 ~ Stärke

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Mittwoch.

Mein Untergang war mir nie näher, wie bis zum heutigen Tag, dabei hatte ich noch mindestens einen weiteren vor mir ...

Jedenfalls war ich besser auf den Geburtstag von Kates Mutter vorbereitet, als auf das Training mit den Cheerleadern, das heute Nachmittag anstand. Der gestrige Nachmittag zu Hause war noch sehr erfolgreich verlaufen. Nach der Tanzstunde mit Christian hatte ich eine dermaßen Motivation weiter an der Choreografie zu arbeiten, als in den letzten zwei Wochen zusammen. Nebenbei blieb eben keine Zeit, sich Gedanken über das heutige Training zu machen.

Jetzt bereute ich es ein wenig ...

Was war, wenn Coach Andrews ihre Drohung wahr machte und mich dort alleine mit den Mädchen stehen ließ, die ich kaum kannte?

Tja, Lyn. Das war dir deiner großen Klappe zu verdanken.

Laut aufseufzend schlug ich mir die Hand gegen die Stirn und ließ mich missmutig auf die Bank unseres Mittagstisches fallen. Sie federte ein wenig unter meinem plötzlichen Gewicht, weshalb ich Mila und Jona wohl kaum unbemerkt geblieben sein konnte.

»Welche Laus ist dir denn heute wieder über die Leber gelaufen?«, ertönte die Stimme meines besten Freundes neben mir, der sich ein wenig über meinen Zustand lustig machte.

Wie ich Jona kannte, wusste er schon lange, dass ich mir wegen etwas Vorwürfe machte, dass ich mir selbst eingebrockt hatte. Dies kam schließlich auch nicht selten vor, weshalb mich das nicht mehr wunderte.

»Au!« Schreckte Jona plötzlich neben mir auf und ließ mich vermuten, dass Mila ihn über mich hinweg einen kleinen Klaps auf den Hinterkopf verpasst hatte.

»Warum bist du nur immer so unsensibel?«, fragte der Wirbelwind verärgert und bestätigte meine Vermutung.

»Was? Fragst du dich das denn nicht auch?«, entgegnete der Silberkopf unschuldig.

»Ja, schon. Aber muss man denn so mit der Tür ins Haus fallen und darüber lachen?« Mila war wirklich sauer auf ihren besten Freund. Seit gestern konnte kaum jemand ihre Laune heben, auch Kayden schien es nicht zu schaffen, obwohl es ihr in seiner Nähe um einiges besser ging. Ihr war kaum zu Spaßen zumute, lächelte eher seltener und ihre Umarmungen vielen auch nicht mehr so ausgefallen aus. Es machte mich traurig zu wissen, dass sie glaubte, dass ihr Traum zerplatzt war.

Wenn sie es nicht konnte, dann würde wenigstens ich den Glauben am Leben erhalten. Ich war noch immer der festen Überzeugung, dass es sich um einen Fehler handeln musste. Irgendwann würde sie ihren großen Auftritt erhalten und dann würde sie mir dankbar sein, dass zumindest eine noch an sie geglaubt hatte. Wahrscheinlich glaubten sogar mehr Leute daran, als sie dachte. Als sie wusste.

»Du weißt doch gar nicht, wie es ihr damit geht«, meinte Mila.

»Ich glaube kaum, dass es ihr damit schlecht geht, das hätten wir bereits bemerkt. Wahrscheinlich war sie einmal wieder dümmer, als ihrer Dummheit selbst.«

Hahaha. Da hielt sich mal wieder einer für besonders lustig. Der hatte wohl wieder einen Clown zum Frühstück verschluckt. Durfte ich ihm jetzt eine Kopfnuss verpassen?

»Jo!« Mila war empört.

»Leute! Ich sitze neben euch. Ihr müsst euch nicht über mein Wohlergehen unterhalten, solange ich noch unter euch weile«, unterbrach ich sie grob und richtete mich wieder auf, doch hielt es sie nicht davon ab, mit bösen Blicken sich zu erdolchen. Na Super! »Ist doch gut jetzt!«

Ernst blickte ich zwischen beiden hin und her, die endlich ihre Augen auf mich richteten. Beide beleidigt. Beide mit Schmollmund, dabei sah es bei Jona deutlich amüsanter aus, wie er seine Unterlippe viel zu weit herausschob. Das hatte er sich schlecht von seinen Geschwistern abgeguckt. Ein kleines Grinsen konnte ich mir nicht verkneifen, weshalb ich mich wieder nach vorne beugte. Meinen Kopf ließ ich auf meine Hände fallen.

Strong and SelflessWo Geschichten leben. Entdecke jetzt