Kapitel 53 ~ Rapunzel, Rapunzel

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Mission gescheitert.

Das dachte ich, doch nicht meine Freunde.

Sie hatten noch lange nicht aufgeben. Auch ohne mich verfolgten Mila und Jona ihren Plan. Sogar nachdem auch ich ihnen klar gemacht hatte, dass es mir nicht gefiel, das Mittel für ihren Zweck zu sein.

Obwohl ...

Es war mein Zweck.

Nur war es nicht meine Art, jemanden so unter Druck zu setzen, bis er endlich redete. Ich war eher der Typ da sitzen und so lange schweigen, bis die Person von sich aus reden wollte. Ob diese Strategie auch bei Christian funktionieren würde, bezweifelte ich stark.

Mila und Jona hatten derweil eine ganz andere. Es hielt sie nicht auf, dass ich mich aus ihren Machenschaften komplett zurückzog. Stattdessen wurde es für Christian immer unangenehmer.

Somit verwickelten sie ihn in Gespräche, aus denen es kaum einen Ausweg gab. Er tat mir schon fast leid mit seinen hilflosen Ausdruck, wenn er versuchte, sich mit Ausreden herauszuwinden. Leider war sanft keine der Vorgehensweisen meiner besten Freunde. Obwohl ich mit jedem verhängnisvollen Blick ein Stich in meinem Herzen riskierte, konnte ich oftmals nicht wegsehen. Nie hatte ich gedacht, dass ich das überhaupt tun musste, um es zu schützen.

Bereits seit Tagen belagerten Jo und Mi den Quarterback bisher ohne Erfolg. Wie sollte es auch einen geben? Die wichtigste Komponente an diesem Plan fehlte.

Ich.

Wenn er es anders haben wollte, dann würde er schon mit mir reden. Ihn zu bedrängen brachte gar nichts. Selbst ich würde dabei dichtmachen. Und wenn er doch nicht reden wollte, dann sollte ich mich wohl besser mit dem Verhältnis zwischen uns abfinden.

Dieser Gedanke versetzte mir einen weiteren Stich. Überraschenderweise war mein Herz noch nicht in seine ursprünglichen Einzelteile zerfallen. Es schien um einiges stärker zu sein als je zuvor. Der Kleber einer tiefen Freundschaft schien beständiger zu sein als die einer vergänglichen Liebe.

Vielleicht sollte es alles so kommen.

Vielleicht war meine Rede für die Haustür der Anstoß für mein Schicksal, etwas an meinem Leben zu ändern. Es wusste, wie es die Verbindung zwischen mir, dem Wirbelwind und dem DJ vertiefen konnte. Auch wenn es ihm völlig egal war, wie es mir dabei erging.

Wie hieß es so schön:

Manchmal muss man zuerst durch die Hölle gehen, um auf den Wolken tanzen zu können?

Wer hatte das eigentlich noch mal gesagt?

Diese Person musste jedenfalls die Weisheit in Person sein. Es könnte Mila gewesen sein, sie lässt uns gern an ihrer neu gewonnen Weisheit aus ihren gelesene Horoskopen teilhaben.

»Lyn?« drang eine tiefe Stimme klar in meine Ohren.

»Hm?«

Ich war so sehr in meinen Gedanken abgedriftet, dass die Sicht vor meinen Augen verschwamm. Wie lange ich schon so ins Nichts starrte, konnte ich unmöglich beantworten.

Aus eigener Kraft fand ich zuerst nicht aus meiner Welt. Ein heller Schemen half mir meine Sicht zu klären und führte mich zurück in die Realität.

Die dumpfen Geräusche in meinen Ohren vernahm ich wieder in ihren vollen Klängen, wobei ich mir am liebsten sofort die Ohren zugehalten hätte. Es war, als würde ich aus dem Schlaf gerissen und mitten in einer Demonstration aufwachen. Lautes Stimmengewirr schrillte in meinen Muscheln, während mir langsam bewusst wurde, wo ich mich befand.

Vor mir reihten sich absteigende Sitzgruppen auf. Die Gäste waren zu der schwach beleuchteten Bühne am Ende der vordersten Plätze gewandt. Der imposante rote Vorhang, welcher ein Teil von ihr hinter sich verbarg, erinnerte mich sofort daran, aus welchem Grund ich diesem Theatersaal saß.

Strong and SelflessWo Geschichten leben. Entdecke jetzt