Kapitel 34 ~ Vergebung

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»Verdammt!«, zischte ich vor Schmerzen auf. Wie schwer konnte es denn bitte sein, sich allein eine Kette, um den Hals zu legen?

Ich stand vor dem Badezimmerspiegel und hatte mich heute einmal dazu entschieden zu meinen hohen engen Kragen Pullover in Rot, goldenen Schmuck zu tragen. Während die Reihe an Ohrlöcher vollbesetzt war, kämpfte ich noch mit der Kette, die mir Mila und Jona zu meinem siebzehnten Geburtstag geschenkt hatten.

Mila war der Meinung, dass ich noch eine goldene Kette brauchte zu meinen Ohrringen, während Jona sich einfach an dem Geschenk angeschlossen hatte, da er keinen Plan hatte, was er mir schenken könnte. Ich wollte eigentlich nichts zu meinem Geburtstag, dennoch konnten sie es nicht lassen, schließlich war es auch mein erster hier in Henderson.

Wie so oft an diesem Morgen führte ich die Kette wieder zurück von meinem Hals, um erneut das kleine Drecksteil an Verschluss zwischen meine Finger zu nehmen. Wieder drückte ich mithilfe meines Fingernagels den kleinen Hebel herunter, der den Verschluss öffnen sollte. Dabei bohrte er sich schmerzhaft in mein Nagelbett unter meines Fingernagels, der mir erst gestern beim Training mit Jona eingerissen war. Immer wieder war ich damit hängen geblieben, riss es jeweils ein Stück weiter, bis ich dann am Abend den Nagel abschneiden musste. Ich hasste es ...

Kate hatte uns gestern nur zu gerne beim Training beobachtet und glücklich vor sich hin geschmunzelt, dabei wusste sie ganz genau, dass ich das hasste. Leider konnte ich sie aber auch nicht wegschicken, denn mein verräterisches Herz freute sich nur zu gerne, wenn Kate so glücklich und unbeschwert aussah, wie an diesem Sonntag. Es war selten, dass sie einmal einen ganzen Tag zu Hause war ...

Himmelblaue Augen.

Schlagartig schnappte ich nach Luft, als fürchterlicher Blitz durch meinen Kopf rauschte und hinter meiner Stirn einschlug. Reflexartig klammerte ich mich an das Waschbecken vor mir, um nicht völlig umgehauen zu werden.

Haselnussbraune Locken.

Ein weiterer Blitz, der meine Sicht erhellte und mich nicht mehr im Spiegel sehen ließ. Reflexartig schloss ich meine Augen, um der Helligkeit die Kraft zu nehmen, mich erblinden zu lassen. Ein weiterer spitzer Stich gefolgt von einem stumpfen Pochen.

Hinter meinen Augenlidern, sah ich Kate mit ihren grünen Augen und ihren hellbraunen glatten Haar, auf dessen Glanz ich immer neidisch gewesen war. Sie lächelte mich herzlich an, blickte mich mit etwas in den Augen an, dass ich mittlerweile ganz sicher als Stolz identifizieren konnte. Es erwärmte mir das Herz, wenn ich daran dachte, dass ich sie mit so etwas erfüllen konnte.

Scharf zog ich die Luft ein, klammerte mich fester an das Waschbecken unter mir und ließ meinen Kopf hängen, als wieder ein spitzer Schmerz durch meine Stirn huschte. Mehrere Blitze erhellten das Gesicht meiner Adoptivmutter, verzerrten es grausam. Nur das Lächeln und der Stolz in ihren Augen, ließen sich nicht auslöschen, bis sich mir vor meinem inneren Auge ein neues Gesicht formte.

Ein Gesicht mit demselben Lächeln und denselben Ausdruck in den Augen. Mein Herz schlug schneller als gewöhnlich. Ich spürte, wie alles Blut in meinem Kopf gepumpt wurde.

Himmelblaue Augen und haselnussbraune Haare. Ein schön gebräuntes Gesicht mit Sommersprossen auf der Nase. Grübchen, die sich tief in ihre Wangen gruben und plötzlich verschwanden, als die Fremde ihre vollen Lippen zu einem festen Strich aufeinander presste. Der Glanz in ihren Augen verschwand ebenso schnell. Zu schnell wurden sie matt und ein Schatten zog sich über das wunderschöne Gesicht.

Enttäuschung ...

Wumps!

Ich schreckte auf, ehe ich weiter in diesem fremden Bild versank.

Strong and SelflessWo Geschichten leben. Entdecke jetzt