V. Die Wahrheit der Rosa Price

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Susan

Ich durchwühlte bestimmt schon das zehnte Schrankfach im Büro meines Vaters. Er meinte Rosa war aus freien Stücken verschwunden, doch wollte ich ihm kein einziges Wort aus seinem Mund glauben schenken. Er wollte mir ja noch nicht einmal ihr Smartphone zeigen mit den angeblichen Beweisen.

Verzweifelt wühlte ich mich durch sämtliche Ordner und Dokumente, die mir bei jeder weiteren geöffneten Tür oder Schublade unterkamen. Er hatte es mit Sicherheit irgendwo sicher versteckt. Auf dem Tisch lag schließlich nichts.

Ich drehte sogar jede Vase um, doch nichts ...

Der Drang, mir das Gegenteil beweisen zu wollen, von dem was mein Vater mir sagte, war größer als die Angst von ihm erwischt zu werden. Er hatte mir ausdrücklich verboten mich hier allein aufzuhalten. Wenn er außer Haus war, schloss er sogar ab, doch wusste er nicht, dass ich ihn heimlich beobachtete, als er den Schlüssel in der Vase im Flur versteckt hatte.

Enttäuscht ließ ich mich auf dem Schreibtischstuhl meines Vater fallen. Nichts hatte ich gefunden.

Plötzlich erfasste mich eine unglaubliche Wut, die meinen Puls in die Höhe trieb. Mit voller Kraft ließ ich meine Fäuste auf dem Schreibtisch niederschnellen. Der Schmerz, den das Auftreffen verursachte, erinnerte mich an den, der schon lange tief in mir ruhte. Mein Herz wurde ganz schwer.

Tränen schossen mir in die Augen. Ich war müde. Müde der Hoffnung und der Suche. Vielleicht hatte mein Vater doch recht. Erschöpft ließ ich mich in meine Arme sinken, die auf der Oberfläche des Schreibtisches lagen.

Ich schloss meine Augen, weinte stumm vor mich hin und gab mich der Niederlage hin. Es war zwecklos. Wir konnten sie nie finden. Wenn sie wirklich abgehauen war, wollte sie bestimmt auch nicht gefunden werden. Sie wollte uns nicht sehen. Vielleicht konnte sie mir genauso wenig ins Gesicht sehen, ohne an unsere Mutter zu denken, wie mein Vater. Könnte sie deswegen gegangen sein?

Von uns beiden sah ich ihr am ähnlichsten mit meinen braunen Haaren und den blauen Augen. Rosa dagegen kam ganz nach ihrem verstorbenen Vater, nur ihre Augen glichen unseren. Ob sie auch unsere Mutter jeden Morgen im Badezimmerspiegel sah?

Nachdem ich realisiert hatte, dass mein Vater seinen Kopf abwendete, sobald er mir im Haus begegnete, sah ich sie jeden Tag. Während des Frühstücks oder Abendbrots starrte er in eine Zeitung oder auf seinem Smartphone. Alles war wichtiger, nur nicht ich.

Tränen tropften auf die unversehrte Holzplatte des Tisches. Er hütete ihn wie sein Augapfel. Kein Kratzer war auf der Oberfläche zu erkennen.

Als ich jünger war, habe ich mich gerne hier versteckt, wenn Rosa und ich verstecken gespielt hatten. Mein Vater kam einmal früher nach Hause und hat mich gefunden. Das Donnerwetter war groß. Seitdem schloss er die Tür immer ab.

Verschiedene Gedanken schossen mir dich den Kopf. Irgendwas stimmte an der Geschichte nicht. Ich erhob mich wieder vom Tisch.

Er war nicht nur sauer, weil ich mich dort versteckt hatte. Es war ein geöffnetes Schubfach an dem Tisch, der ihn so rasend gemacht hatte. Meine Eltern hatten sich in unserem Beisein noch nie so in den Haaren.

Diesen Streit war nicht aus meinem Gedächtnis zu löschen. Daraufhin waren wir Wochen bei meinen Großeltern. Dad hatte ich lange nicht gesehen und war traurig deswegen.

Das war kein gewöhnliches Fach. Es ging nur mit einem versteckten Hebel auf.

Sofort tastete ich mit meinen Händen die untere Seite des Schreibtisches ab. Und tatsächlich! Da war ein Hebel. Ich musste ihn damals in meiner Langeweile des Wartens gefunden und dran gezogen haben.

Strong and SelflessWo Geschichten leben. Entdecke jetzt