Kapitel 22 ~ Das bisschen Haushalt

54 11 200
                                    

Das Haus war noch leer, als ich am frühen Nachmittag nach Hause kam. Es war Freitag und das Wochenende stand vor der Tür. Selten war es so still, wie an diesem Tag in dem großen Haus. Das einzige was zu hören war, war die ins Schloss fallende Tür und das dumpfe Aufschlagen meiner Schuhe auf der Schuhablage, als ich sie von meinen Füßen streifte. Sogar mein Atem war lauter, als das Haus selbst. Irgendwie wirkte es auf mich so tot, wenn die kleinsten von uns nicht durchs Haus rannten und herumtollten, keine Kate in der Küche stand und Nancy nicht auf dem Sofa saß, während sie durch die Kanäle unseres Fernsehers zappte.

Die Dielen der hellen Holztreppe, die in das Obergeschoss führte, knarzte unter meinen Füßen, obwohl das Haus nicht sehr alt sein durfte. Meiner Meinung nach ähnelte es von außen einem Frisch geborenen Baby, so geleckt und glänzend es in seinem babyblauen Farbton immer vor mir aufragte und kein Makel sehen ließ. Es war das perfekte kleine Einfamilienhaus in Amerika. Perfekt für diese Familie. Dennoch verschaffte es mir eine Gänsehaut, wenn es so leer vor mir lag, denn dann erkannte ich auch die kleinsten Fehler des Hauses, die es doch älter machten.

Neben dem knarzen der Stufen hörte ich auch das leise Pfeifen des Windes durch das Fenster im Flur des Obergeschosses, das nicht ganz dicht zu sein schien. Ab und zu meldete sich der Kühlschrank aus der Küche, dessen Geräusche mich an eine Kuh auf der Weide erinnerten. Ein tropfender Wasserhahn im Badezimmer des Obergeschosses, ein schiefes Bild an der Wand, die die Treppe hinaufführte, und das quietschen meiner Zimmertür, wenn ich Sie öffnete, ließen mich manchmal gruseln vor dem Häuschen. Gerade wenn es dunkel war.

Kate hatte wirklich alles mögliche in dieses Haus reingesteckt, damit es uns hier gut geht und wir uns wohlfühlen, doch kam bei mir der Wohlfühlmoment nur dann, wenn das Haus mit Leben befüllt war. Ich mochte es nicht gern allein zu sein, obwohl ich auch nicht gerade Menschen um mich hortete. Die wenigen in meinem Leben reichten mir vollkommen aus und machten mich glücklich. Ich hatte alles, was ich wollte und brauchte, auch wenn sie manchmal ein wenig anstrengend werden konnten. Vielleicht war ich dabei aber auch nicht ganz unschuldig, das sollte ich zugeben.

In meinem Zimmer angekommen warf ich meinen Rucksack vors Bett, mein Smartphone darauf und machte wieder kehrt, um ins Badezimmer zu gehen. Dort angekommen hob ich den Deckel unseres Wäschekorbes an, nahm den Wäschesack heraus und machte mich auf den Weg in den Keller, wo ich die dreckige Wäsche sortierte und eine Ladung schwarzer Kleidung in die Waschmaschine stopfte. Danach stapfte ich wieder die Treppen nach oben, schaltete in meinem Zimmer meine Audioanlage ein, drehte sie so auf, sodass ich die Musik laut genug im Badezimmer hören konnte, und machte mich mit Putzlappen, Handtuch und Allesreiniger ans Werk. Das Badezimmer sollte strahlen, wenn Kate und die Zwerge zurück waren, wenn möglich wollte ich auch noch das Staubsaugen durchs Haus schaffen und das untere Gästebad wischen. Es war das mindeste, was ich für sie tun konnte, denn Fakt war, dass Nancy nur eine Hilfe in der Küche war und die kleinsten noch keinen Sinn für Ordnung hatten.

Tatsächlich schaffte ich es sogar noch die Wäsche aus der Waschmaschine zu holen und nachzuladen, bevor die kleinen Raubtiere die Tür fast eintraten und mit all ihren draußen Sachen schon hinauf in ihr Zimmer stürmten. Ich rief ihnen noch hinterher, dass sie Schuhe und Jacken gefälligst unten auszuziehen hatten bevor sie spielen durften und kam mir dabei vor wie eine Mutter, die mit ihren eigenen Kindern schimpfte. Das musste auch Kate gedacht haben, als sie lachend mit einem Bein die Tür etwas weiter aufstieß. Mit vollgeladenen Armen kam sie hineingestolpert.

»Hi Kate«, begrüßte ich sie. Den Wäschekorb in meinen Händen stellte ich auf einer der Treppenstufe ab.

»Hallo, Ashlyn. Lang nicht mehr gesehen«, begrüßte sie auch mich und blickte mir mit ihren grünen Augen direkt in meine Blauen. »Die Schichten hatten es diese Woche ganz schön in sich. Es tut mir leid, das ich nicht zum Abendessen da sein konnte und du dich um die Rabauken kümmern musstest.«

Strong and SelflessWo Geschichten leben. Entdecke jetzt