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Jeder von ihnen hat mir etwas Zeit gegeben, damit ich wieder ordentlich zu Sinnen komme und nun lehne ich weiterhin total schwach an der Wand und sehe zu den Personen herüber, die mich einfach nur stumm beobachten.

"Wie kannst du über so eine Diagnose erleichtert sein, das verstehe ich nicht", kommt es letztlich von Micah, der sich verzweifelt mit beiden Händen durch das Gesicht fährt.

"Makenzie", beginnt inzwischen auch Felicia mit brüchiger Stimme, weshalb ich in ihre Richtung blicke.

"Du bist noch so verdammt jung. Du hast dein gesamtes Leben noch vor dir. Wie alt bist du noch gleich? Gerade mal siebzehn und..."

"Ich bin achtzehn", unterbreche ich Felicia mit leiser Stimme.

Plötzlich ist es so still, dass ich mein eigenes Herz schlagen hören kann und dieser Moment vergeht wie in Zeitlupe.

"Wir haben deinen Geburtstag verpasst?", fragt sie ebenfalls unfassbar leise.

"Warum hast du denn nichts gesagt?", kommt es jetzt auch von Micah.

Ich bin das alles so leid.

All die Geheimnisse, all das vergangene, was die beiden nicht über mich wissen und vor allem bin ich diese verfluchte Unterkühlung leid.

"Weil ich am selben Tag Geburtstag habe, wie Isaac. Damals war es belanglos, doch als Isaac geboren wurde, habe ich es nicht mehr geschafft, euch davon zu erzählen und von Jahr zu Jahr wurde es einfach nur noch schlimmer", erkläre ich nun endlich und sehe auf meine Finger.

"Mit meinem Vater war dieser Tag die reine Hölle, also war das für mich kein wirklicher Verlust", erkläre ich weiter und ziehe die Beine an meinen Körper, ehe ich meine Arme darum lege und mein Kinn auf meine Knie stütze.

"Ich kenne euch erst seit ein paar Jahren und trotzdem habe ich euch nicht die Chance gegeben, mich besser kennenzulernen. Ich schätze, ich habe mich damals schon so gefühlt, als würde ich nicht dazu gehören. Dafür war Derrick wahrscheinlich gar nicht mal nötig", lache ich auf und versuche damit die Tränen zu überspielen, die an meinen Wangen herunterlaufen.

Wieder bleibt es eine ganze Weile still.

"Ich schätze, das ist auch ein Teil der Ursache für ihren Zustand", kommt es dann von Aeryn.

"Was genau? Dass sie achtzehn ist, das Gefühl nicht dazuzugehören, oder Derrick und seine scheiß Sprüche?", fragt Micah ziemlich aufgebracht.

"Wahrscheinlich alles davon. Fakt ist, dass Makenzie’s Zustand keine normale Hypothermie ist. Ich schätze, wenn wir wollen, dass sie überlebt, müssen wir ihren Körper davon abbringen, sich ständig von alleine herunterzukühlen und dafür müssen wir Derrick dazu bringen, ihr näherzukommen. Ansonsten wird sie früher oder später bei lebendigem Leibe erfrieren", erklärt sie, weshalb ich sie ziemlich verwirrt ansehe.

"Was soll Derrick mit meinem Zustand zu tun haben?", frage ich leise, doch Felicia's Mutter streicht mir sofort sanft mit der Hand über das Bein.

"Leider mehr als dir lieb ist, Kleines", richtet sie sich erst mit einem sanften Lächeln an mich, ehe sie sich zu ihrer Tochter dreht.

"Zunächst muss Derrick einfach nur Zeit mit ihr verbringen und in ihrer Nähe sein, damit sie sich wieder aufwärmt. Aber früher oder später müssen wir ihn dazu bringen, dass er ihr alles erzählt."
Wieder ergeben ihre Worte, für mich keinen Funken Sinn, doch noch weniger verstehe ich, was es mir bringen soll, wenn Derrick in meiner Nähe ist.

Jedes Mal, wenn er das nämlich ist, endet es in einem Streit, oder damit, dass ich einfach nur weinen möchte.

"Oder wir zwingen ihn dazu, indem wir ihr selber von der Verbindung erzählen", schlägt Felicia nun vor.

"Das wäre natürlich auch eine Option, aber damit würden wir genau das tun, was wir nicht dürfen. Es ist Außenstehenden verboten, sich in die Verbindung einzumischen, Feli", erklärt Aeryn ziemlich nachdenklich.

"Ich verstehe wirklich kein Wort, aber es nervt mich ziemlich, dass ihr so miteinander redet, als wäre ich nicht anwesend", sage ich und wische mir die Tränen von den Wangen.

Ich beobachte Aeryn und Felicia dabei, wie sie einfach nur stumm einige Blicke miteinander teilen, ehe beide sich zu mir drehen und mich konzentriert ansehen.

"Wie erklären wir es ihr am besten?", fragt Aeryn, während sie mich genau betrachtet.

"Wie hast du es Micah beigebracht?", fragt sie dann und sieht über ihre Schulter hinweg, direkt zu ihrer Tochter.

"Ich habe ihm von allem erzählt und als er mir nicht geglaubt hat, habe ich es ihm gezeigt. Wie war das bei Vater und dir?"
Langsam glaube ich wirklich den Verstand zu verlieren und es macht mich immer wütender, dass die beiden so um den heißen Brei herum reden.

"Bei uns war das vollkommen unkompliziert, weil dein Vater und ich so geboren wurden, Liebes", antwortet Aeryn und dreht sich wieder zu mir um.

"Lilo liebt Filme, Serien und Bücher. Ich könnte mal versuchen, ihr die Situation so zu erklären, dass sie es sofort versteht", meldet sich nun auch Micah zu Wort, weshalb die beiden Frauen erst zu ihm und dann zueinander sehen.

Als Aeryn ihm ein zustimmendes Nicken schenkt und sich von ihrem Stuhl erhebt, kommt Micah stattdessen zu mir und setzte sich auf ihren vorherigen Platz.

"Ich hasse, dass ich das jetzt tun muss, weil dieser Vergleich einfach mehr als nur lächerlich ist, aber du hast doch bestimmt Twilight gesehen, oder?", fragt er mich und lehnt sich etwas auf die Matratze.

"Gesehen, gelesen und einige Fan-Geschichten ebenfalls gelesen", gebe ich nickend zu.

Die gesamte Geschichte ist eigentlich total lächerlich.

Vampire, die in der Sonne glitzern und wie Porzellan in Stücke gebrochen werden müssen, ehe man sie anzündet, nur damit man sie töten kann.

Vollkommener Schwachsinn, aber die Fan-Geschichten von Renesmee und Jacob waren es einfach mehr als nur wert.

"Erinnerst du dich noch daran, was zwischen dem Wolf und dem Baby passiert ist?", fragt er mich dann, was ich wieder mit einem nicken beantworte.

"Jacob hat sie angesehen und sich auf sie geprägt, was ziemlich abartig ist, wenn man die ganze Sache genauer betrachtet, da er sich auf ein Baby geprägt hat. Das ist einfach krank", erkläre ich angewidert, was ihn kurz zum Schmunzeln bringt.

"Die Filme sind ja auch schlecht und ergeben kaum einen Sinn. Jedenfalls gibt es in der Realität etwas Ähnliches. Manche bezeichnen diese Leute auch als Seelenverwandte."
Ziemlich überrascht sehe ich ihn an und versuche herauszufinden, was er mir damit sagen will.

"Und was willst du mir jetzt damit sagen?", frage ich ihn schließlich verwirrt, während Aeryn sich gerade zu mir herüber lehnt und mir das nasse Tuch an die Stirn hält.

"Okay, ich glaube, dass man das nicht einfach erklären kann, also verwende ich einfach mal die Pflaster Taktik", kommt es nun ziemlich ungeduldig von Felicia, die sich auf mich zu bewegt, ihre Hände auf die Matratze stützt und mir direkt in die Augen sieht.

"Die meisten hier in diesem Reservat sind Wölfe. Jeder Wolf hat seinen passenden Partner, auch Mate oder Luna genannt. Manche finden ihren Mate schnell, manche als Teenager und manche begegnen ihrem Mate nie."
Mit großen Augen starre ich sie an und lasse mir das alles durch den Kopf gehen, ehe ich beginne zu Lachen, doch dieses Lachen entwickelt sich sofort in ein unkontrolliertes Husten.

Sobald das Husten aufgehört hat, habe ich angefangen etwas ruhiger und tiefer zu atmen, doch die ernsten Blicke der drei Personen, die auf mich gerichtet sind, machen mich nervös.

"Ihr seid Wölfe?", frage ich stotternd und total mit der Situation überfordert.

"Micah ist mein Mate. Als wir uns damals begegnet sind, wurde es mir sofort klar. Derrick ist deiner, Makenzie und du bist seine Luna."
Nun werden meine Augen noch größer und der Schock steigt ins Unermessliche.

An Enigmatic GirlWo Geschichten leben. Entdecke jetzt