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POV Makenzie

Mit einem starren Blick sehe ich in die Spiegelung des Autofensters.

Soeben haben wir Blaze und Jason einen Crashkurs in den Sachen gegeben, die wir für wichtig empfanden.

Einige Dinge haben wir jedoch bewusst ausgelassen.

Wie zum Beispiel die Sache mit Jasons leiblichem Vater oder die Sache mit einem weiteren wahren Alpha.

Natürlich habe ich auch ausgelassen, was ich mit Silas gemacht habe.

Ich habe ihnen lediglich gesagt, dass ich die Dinge geregelt habe und sie sich nicht mehr Sorgen brauchen.

Jetzt stehe ich jedoch hier im Reservat, blicke mein Spiegelbild an und verstehe es kaum.

Ich stehe noch.

Besser als jemals zuvor.

Um ehrlich zu sein, stehe ich fester am Boden, als ich es jemals getan habe.

Ich stehe wirklich noch.

Nach all dem, nach all den inszenierten Dingen, stehe ich noch.

Und nach dem, was ich vorhin erst getan habe, nach der Entscheidung, die ich vorhin erst getroffen habe, hat sich meine Erscheinung vollkommen verändert.

Ich sehe aus, wie die Wahre Alpha.

Endlich fühle ich mich so, als wäre ich es wert und nicht mehr so, als wäre es eine Last, die auf mir liegt.

Nach all den Jahren voller Qualen stehe ich wirklich noch.

Ich lache freudlos und gleichzeitig stolz auf, während sich die drei Kerle unterhalten und ich mich weiterhin betrachte.

Jetzt kann ich durch den kommenden Krieg gehen, ohne dich dabei im Sinn zu haben, Silas.

Du bist eine Last weniger, auf meiner Liste voller Sorgen.

Ein Finger legt sich unter mein Kinn und hebt es an, sodass ich aufsehe und in Naels besondere Augen schauen muss.

"Du solltest mich nicht berühren. Er ist ziemlich eifersüchtig", warne ich, da ich Derricks Blick schon die gesamte Zeit auf mir spüre, doch Nael lächelt nur.

"Ich bin weiterhin in der Nähe. Wenn du mich brauchen solltest, wirst du mich finden", versichert er mir.

Mein Nicken ist zaghaft.

"Das werde ich. Immerhin habe ich jetzt wieder unbeantwortete Fragen für dich. Außerdem musst du mir bei dieser Mondstein Sache helfen, über die wir im Auto gesprochen haben", sage ich und bekomme ein sanftes Lächeln von ihm.

"Werden wir, wenn die Zeit reif ist."
Manchmal spricht er wie ein hochgestochener und gleichzeitig nobler Kerl.

Er lässt sanft von mir ab, dreht sich um, geht um den Wagen herum und steigt ein.

Erst jetzt bemerke ich, dass Blaze und Jason gar nicht mehr neben mir stehen, doch das ist, glaube ich, auch besser so.

Immerhin beginnt Derrick sich sofort zu nähern, als Nael mit seinem schwarzen Wagen das Reservat verlässt.

Hinter mir kommt er zum Stehen, berührt mich nicht und spricht mich nicht an, doch seine Wut ist eindeutig zu spüren, also habe ich eine nette Umarmung auch nicht erwartet.

"Interesse daran, mich mit einer Einschätzung vorzuwarnen, wie wütend du genau bist?", frage ich und rühre mich dennoch nicht von der Stelle.

"Scala von eins bis zehn", füge ich noch hinzu.

"Elf", knurrt er direkt in mein Haar, was mir eine kleine Gänsehaut beschert.

"Also mächtig sauer. Kann ich es mit einer kleinen Entschuldigung wiedergutmachen?", frage ich und drehe mich nun endlich zu ihm um, um das schöne blau seiner perfekten Augen sehen zu können.

Sein Blick ist starr und voller Zorn.

"Du hast versprochen, nichts Dummes zu tun, Makenzie", zischt er auf mich herab, was mich irgendwie lächeln lässt.

"Ich habe nichts Dummes getan, wirklich nicht. Es war sogar sehr schlau, wenn man es genau nimmt", sage ich und bekomme als Antwort sofort ein dunkles Knurren.

"Aber wir nehmen es nicht genau, richtig", nicke ich deshalb und sehe mit einem kleinen Schmunzeln zu ihm auf.

"Das ist alles andere als witzig. Ich habe mir Sorgen gemacht", sagt er weiterhin wütend.

"Ich möchte mich nicht mit dir streiten, Derrick. Lass mich kurz zu Felicia und dann können wir nach Hause gehen und dort erkläre ich dir alles. Abgemacht?", frage ich und greife nach dem Ende seines Shirts.

Er zögert, scheint es abzuwägen und sieht mich dabei intensiv an, während ich einen Schritt näher komme und mich auf die Zehenspitzen stelle.

"Hm?", frage ich, um seine Antwort etwas schneller zu bekommen.

"Du hast zehn Minuten. Dann verlassen wir das Reservat", murrt er und erinnert mich damit voll und ganz an den Derrick, den ich vor einigen Monaten zum ersten Mal getroffen habe.

Ich strecke mich noch etwas mehr, drücke ihm einen flüchtigen Kuss auf die Lippen, welchen er nicht erwidert und packe dann nach seiner Hand, ehe ich ihn mit mir in das Haus seiner Mutter ziehe.

Wir haben noch einen weiten Weg vor uns, doch eines weiß ich genau.

Auch, wenn der Krieg kommen wird, und das nur meinetwegen, bin ich dazu bereit, ihn zu gewinnen.

Nicht alleine, sondern mit meinem Rudel und mit meiner Familie.

Natürlich ist mir bewusst, dass sie nur meinetwegen in Gefahr sind, doch wenn ich jetzt gehen und sie alleine lassen würde, wären sie genauso in Gefahr.

Also kämpfe ich lieber hier und an ihrer Seite, statt etwas Dummes zu tun und sie ein weiteres Mal zu verlassen.

Ich betrete das Schlafzimmer und werde sofort mit vielen lächeln begrüßt.

Bald.

Bald geht es weiter und wir werden kämpfen.

Gemeinsam.

Seite an Seite.

An Enigmatic GirlWo Geschichten leben. Entdecke jetzt