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Seit vorhin in der Küche ist schon eine ganze Weile vergangen, doch ich kann mich weder auf die Serie konzentrieren, noch kann ich mich darüber freuen, dass ich vorhin einen Auftrag erledigt und dementsprechend das Geld dafür bekommen habe.

Natürlich gehen mir seine Worte nicht mehr aus dem Kopf, weil sie einfach mehr als nur schrecklich waren, doch irgendwie habe ich das Gefühl, dass er mit all dem recht hat.

Ich hätte nicht zurückkommen dürfen und vor allem hätte ich definitiv nicht bleiben sollen.

"Worüber denkst du nach?"
Sofort sehe ich erschrocken hoch und stoße dabei fast den Laptop um, der auf meinem Schoß steht, da ich überhaupt nicht bemerkt habe, wie er in mein Zimmer gekommen ist.

Jetzt steht er allen Ernstes total gelassen, mit verschränken Armen in meinem Türrahmen und sieht zu mir herüber, als wäre nichts passiert?

"Heute Morgen war mir ziemlich warm, aber mittlerweile friere ich wieder", lenke ich von meinen eigentlichen Gedanken ab und drücke auf Pause, ehe ich den Laptop neben mich stelle und die Decke von meinen Beinen ziehe, nur um dann aus meinem Bett zu steigen und zum Schrank zu gehen.

"Was willst du hier und seit wann kommt man neuerdings einfach unerlaubt in die Zimmer von anderen?", frage ich und krame nach einem dickeren Pullover, bis ich den flauschigsten entdecke, den ich besitze.

"Ich hatte so ein Gefühl, dass es dir nicht gut geht. Wie ist das mit der Kälte eigentlich? Ich kann es mir überhaupt nicht vorstellen", sagt er, doch irgendetwas an seiner Stimme, verrät mir, dass es ihn eigentlich kein Stück interessiert.

"Du hast Gefühle? Mal ganz was Neues", kommentiere ich und ziehe mir den Pullover aus, den ich über dem schwarzen Shirt trage, nur um dann in den flauschigen zu schlüpfen.

"Es ist als würde man in kurzer Hose und T-Shirt irgendwo im Nirgendwo stehen. Im Winter mit Minusgraden", sage ich und lasse zu, dass die lockeren und langen Ärmel meine Hände vollkommen verschlingen.

"Es wirkt, als würde das Blut in deinen Adern gefrieren, bis du kaum dazu in der Lage bist, deine Gelenke ordentlich zu bewegen. An den Fingern ist es meistens am schlimmsten", erkläre ich dann desinteressiert, ehe ich meine Hände plötzlich ziemlich bedrückt zu Fäusten balle.

"Hast du nicht noch irgendwem zu sagen, dass er nicht erwünscht ist?", frage ich dann, verschränke die Arme vor der Brust und sehe ihn ernst an, während ich gerade plötzlich das Gefühl verspüre, einfach in Tränen ausbrechen zu wollen.

Das Gefühl hatte ich schon lange nicht mehr, doch dieses kleine brennen in meinen Augen will einfach nicht aufhören, bis ich endlich weine.

Auch dieser starke Druck in der Brust will einfach nicht verschwinden.

Dass mich jemand, den ich überhaupt nicht kenne, so fühlen lassen kann, ist mehr als nur erbärmlich.

Warum interessiert mich überhaupt, was er von mir denkt?

"Du kannst mich für meine Worte ruhig hassen, aber du gehörst hier einfach nicht hin, Makenzie", sagt er ernst, was mich plötzlich ziemlich bedrückt lächeln lässt.

"Nur blöd, dass ich sowohl noch nicht volljährig bin, als auch niemand anderen habe, zu dem ich gehen könnte, also musst du damit klarkommen, dass ich vorerst nicht von hier verschwinde", gebe ich leise zurück und versuche den Gedanken zu verdrängen, dass ich die fehlende Volljährigkeit bald nicht mehr als Ausrede nutzen kann.

Wo bleibt plötzlich meine selbstsichere Art?

Normalerweise würde ich ihm zeigen, wie egal mir seine Worte sind, doch ich kann gerade nichtmal so tun, als wäre das der Fall.

"Und das ist das Problem", sagt er mit strenger Stimme, lässt die Arme locker und kommt plötzlich auf mich zu.

"Du tust Dinge, die alles komplizierter machen und hast nichtmal den Hauch einer Ahnung, was du damit anrichtest", sagt er und bleibt knapp vor mir stehen, weshalb ich nun zu ihm auf sehen muss, da er ungefähr einen Kopf größer ist, als ich es bin.

"Sowas wie?", frage ich und sehe ihn skeptisch an.

"Sowas wie meine Sachen zu tragen, oder plötzlich dort aufzutauchen, wo du nichts zu suchen hast."
Die Art, wie er mich mit diesen blaugrauen Augen ansieht, lässt mich nervös werden, doch ich gebe nicht nach.

Ich werde sicherlich nicht diejenige sein, die zuerst wegsieht und damit zugibt, die schwächere zu sein.

Plötzlich fällt mir wieder etwas ein, dass ich glaube mal gehört zu haben, es aber nur als einen Traum abgestempelt habe.

"Ich hoffe, dass du meinen Gestank trotzdem wieder aus den Klamotten bekommen hast", sage ich und mit einem Mal wirkt seine Miene schockiert.

War es vielleicht doch kein Traum?

Nein, es muss einer gewesen sein und seine Reaktion ist nur reiner Zufall.

"Du verhältst dich ziemlich kindisch, ist dir das klar? Aber keine Sorge. Beim nächsten Mal denke ich vorher darüber nach, bevor ich in dein Revier platze und dem großen bösen Wolf dort kein Respekt zolle", sage ich wieder recht normal, ehe ich ihm mit der rechten auf die Schulter klopfe.

Jetzt sieht er schon fast so aus, als würde ihn etwas total schockieren und verängstigen.

Als er plötzlich total schnell nach meiner Hand greift und sie mit einem festen Griff in seiner behält, sehe ich ihn ziemlich erschrocken an, da es mehr als nur überraschend kam.

"Niemals anfassen", mahnt er mich und sieht mir dabei mitten in die Augen, so als wolle er diese zwei Worte mit seinem strengen Blick in mein Hirn brennen.

"Ist ja gut. Kein Grund gleich die Fassung zu verlieren", sage ich ziemlich leise und versuche meine Hand aus seinem Griff zu befreien, doch er lässt erst nach einigen fehlgeschlagenen Versuchen los.

Ich sehe ihn noch einen Moment total überfordert an, doch dann dreht er sich einfach um und verlässt mein Zimmer, ohne auch nur ein weiteres Wort zu verlieren.

Manchmal würde ich ihm gerne ein Buch über den Schädel ziehen, so sehr nervt mich seine Art.

An Enigmatic GirlWo Geschichten leben. Entdecke jetzt