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Ich habe eine ganze Weile im Badezimmer verbracht.

Zum einen wollte ich Derrick nicht wieder begegnen, doch das Weinen war wahrscheinlich auch ein Grund dafür.

Ich konnte es irgendwie nicht zurückhalten.

Die ganzen Emotionen in mir, kann ich nicht beschreiben und sie zu fühlen ist einfach erdrückend.

Ich habe mich noch nie in meinem Leben, so sehr nach einer Umarmung gesehnt, doch jetzt tue ich es und ich habe keine Ahnung, wie ich damit umgehen soll.

Ich weiß gar nicht, wie lange ich schon vor der Tür des Badezimmers gesessen habe, als es leise beginnt zu klopfen.

"Die Jungs haben gesagt, dass du schon eine halbe Ewigkeit hier drinnen bist. Alles in Ordnung, Lilo?"
Die Stimme von meinem Onkel zu hören, lässt mich sofort aufspringen und die Tür aufschließen.

Als ich sie aufziehe, zögere ich keine Sekunde und falle Micah sofort in die Arme.

Ziemlich perplex legt er seine Arme um mich und drückt mich sanft an sich.

"Du sehnst dich nach einer Umarmung und hast die gesamte Zeit das Gefühl weinen zu müssen, richtig?", fragt er leise und streicht mir behutsam über den Rücken.

Zögerlich nicke ich an seine Brust und versuche die Tränen zurückzuhalten, doch es gelingt mir nicht.

"Das wird erst besser, wenn ihr einander akzeptiert, Lilo. Lass ihn wenigstens zu dir kommen", redet er mir gut zu, doch das kommt für mich gar nicht infrage.

"Es gibt einige Probleme, weshalb ich jetzt wieder losmuss. Ich werde wahrscheinlich eine ganze Weile ständig arbeiten, also musst du damit klarkommen, dass Derrick an meiner Stelle auf dich aufpasst. Lass es ihn erklären", sagt er noch, ehe er mir einen flüchtigen Kuss, auf das noch feuchte Haar setzt, sich dann von mir löst und mich einfach im Flur stehen lässt, während ich den Blick auf den Boden gerichtet behalte und mein Bedürfnis nicht mal ansatzweise gestillt ist.

**

Ich habe schon alles versucht, um mich abzulenken, oder wieder aufzuwärmen, doch nichts davon hat funktioniert.

Mit vier Decken auf mir, sitze ich in meinem Bett und versuche mich auf eine Serie zu konzentrieren.

Ich habe noch so viele Fragen, doch ich werde den Teufel tun und Derrick auch nur darum bitten, mir eine dieser Fragen zu beantworten.

Genau jetzt, wünsche ich mir, dass ich einfach auf eine andere Privatschule gegangen wäre und niemals hier geblieben wäre.

Mit einem Mal beginnt mein Magen zu knurren, weshalb ich genervt den Kopf nach hinten fallen lassen, der direkt leicht gegen die Wand fällt.

Ich will nicht raus, aber ich habe weder gestern noch heute auch nur eine Kleinigkeit gegessen und wenn ich schnell wieder gesund werden möchte, muss ich essen, also stelle ich widerwillig meinen Laptop bei Seite und stehe mit einer Decke auf, die ich mir sofort um die Schultern lege.

Als ich meine linke Hand um die Türklinke lege, beginnt sie zu schmerzen, weshalb ich sofort das Gesicht verziehe und die Hand wieder zu mir nehme.

Nachdenklich betrachte ich das Handgelenk, das ziemlich rot und etwas angeschwollen wirkt.

Habe ich mich vorhin wirklich verletzt, als ich gefallen bin?

Mit der rechten öffne ich dann die Tür, laufe durch den Flur und direkt in die Küche, doch als ich den Kühlschrank öffne, spüre ich sofort eine warme Präsenz hinter mir, die mir eine riesige Gänsehaut verpasst.

"Du hast Schmerzen", sagt er, doch ich antworte nicht und sehe mit einem Tunnelblick in den Kühlschrank.

Ich nehme nicht einmal eine Kleinigkeit darin wahr, sondern nur seine starke Präsenz hinter mir.

"Wo genau hast du Schmerzen?", fragt er dann und schon fühle ich mich so, als müsse ich ihm mein gesamtes Herz ausschütten.

"Geht dich nichts an", sage ich stattdessen leise und versuche mich auf den Inhalt des Kühlschrankes zu konzentrieren, doch es gelingt mir nicht, da er ihn plötzlich zu knallt.

Ziemlich genervt blicke ich ihn an.

Nur ein Blick in seine blaugrauen Augen und schon werde ich wieder von der Wut geleitet.

"Du bist ein Arsch!", zische ich leise in seine Richtung und will an ihm vorbei, doch er stellt sich mir in den Weg, also werde ich noch wütender.

"Du bist der Grund dafür, dass ich wieder krank bin und das nur, weil du einfach zu dumm und zu stolz bist, meine Anwesenheit in dieser Stadt zu akzeptieren!", brülle ich ihm nun entgegen und boxe ihm mit der rechten Faust gegen die Brust.

"Du hast keine Ahnung von all dem, Makenzie. Das alles ist schwieriger, als du es dir vielleicht vorstellst", sagt er plötzlich total ruhig und mit einer anderen Stimmlage, als sonst.

"Dann erklär es mir endlich! Ich bin es leid zu Tode zu frieren!", brülle ich plötzlich total unkontrolliert und spüre sofort wieder, wie mir schwindelig wird.

Einen Moment betrachtet er mich stumm, doch als ich stützend meine linke Hand um den Griff des Kühlschrankes lege, sieht er mich wieder ernst an.

"Geh zurück ins Bett. Ich komme gleich zu dir", sagt er, doch ich atme sofort genervt aus.

"Und wieso sollte ich auf dich..."

"Mach es, oder ich werfe dich über die Schulter und schmeiße dich persönlich ins Bett!", knurrt er bestimmend zu mir herunter und unterbricht damit sofort meinen Satz.

Ich bin viel zu müde, um ihm jetzt noch weiter zu widersprechen, also lasse ich es einfach bleibe, ziehe die Decke enger um meinen Körper und laufe an ihm vorbei, ehe ich in den Flur und dann zurück in mein Zimmer gehe.

An Enigmatic GirlWo Geschichten leben. Entdecke jetzt