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"Willst du sterben, Alter?!", höre ich Danny neben mir zischen und aus dem Augenwinkel nehme ich wahr, wie er Dash am Kragen packt, doch als ich plötzlich von der anderen Seite gepackt und von der Ladefläche gehoben werde, quietsche ich erschrocken auf.

"Wieso machst du mir immer nur Probleme?!", brüllt Derrick mir plötzlich kochend vor Wut ins Gesicht, weshalb ich ihn total perplex ansehe.

"Ich mache dir Probleme?! Seit ich hier bin bekomme ich deinetwegen und den Leuten, die dich umgeben nur Probleme! Außerdem behandelst du mich Grotten schlecht! Du gehst mir mächtig auf die Nerven, ist dir das klar?!", brülle ich zurück und vergesse für den Moment, was ich gerade im Wald gesehen habe.

"Beweg deinen Arsch rüber zu meiner Schwester, bevor ich vollkommen die Kontrolle verliere!", knurrt er so wütend zu mir herunter, dass ich sofort eine riesige Gänsehaut bekomme, doch im selben Moment will ich ihm einfach die Stirn bieten und ihm eine verpassen, weil er mich so wütend macht.

"Komm, Makenzie", kommt es von Danny, der langsam auf mich zukommt und sanft nach meinem Arm greift, doch sofort reiße ich mich aus seinem Griff und schubse Derrick an der Brust zurück, der sich jedoch kein Stück von der Stelle bewegt.

"Du bist ein riesiges Arschloch, hat dir das schonmal jemand gesagt?!", zische ich und sehe ihm selbstbewusst und gleichzeitig kochend vor Wut in die Augen, aber ihn scheint das nicht wirklich zu interessieren, denn nun dreht er mir einfach den Rücken zu, geht um den Wagen herum und packt Dash am Nacken.

Dieser sieht lächelnd zu mir herüber und zwinkert mir zu, während er von Derrick in den Wald gezogen wird.

"War mir eine Freude dich kennenzulernen, Makenzie", grinst er verschmitzt in meine Richtung.

"Ignorier ihn einfach und komm", redet Danny mir sanft zu, ehe er seine Hand wieder an meinen Arm legt und mich mit sich zieht.

"Wohin gehen die beiden?", frage ich und sehe den beiden nach, während Danny mich einfach weiter auf die Menge zu schiebt und mich dann auf eine Bank setzt, die etwas abgelegen von allen anderen liegt und an der nur ein paar Leute sitzen.

"Derrick wird ihn wohl mächtig auseinander nehmen", lacht jemand hinter mir, während ich weiterhin verwirrt in den Wald sehe und die gesamte Situation immer noch kein Stück verstehe.

"Die beiden sind sowas wie Rivalen. Nach dem Tod von Derricks Vater gab es Komplikationen bei der Entscheidung, wer seinen Platz einnehmen soll. Zur Auswahl standen Derrick, Dash und Danny. Als die Wahl dann auf Derrick fiel, wollte Dash das nicht akzeptieren und jetzt ist er ganz einfach frustriert", erklärt mir das Mädchen von dem einen Tag, an dem ich das erste Mal hier war.

Als sie sich dann neben mich setzt, reicht sie mir eine Dose Cola, die ich unbeholfen entgegennehme.

"Tut mir leid, dass du da mit reingezogen wurdest. Mein Bruder kann manchmal ein riesiger Arsch sein", lächelt sie mir entschuldigend entgegen, weshalb ich ihr sofort ein zaghaftes Lächeln schenke.

"Derrick kann wahrscheinlich sowieso niemand toppen. Aber warum ist Dash sauer auf Derrick und nicht auf die Leute, die sich für ihn entschieden haben?", frage ich verwirrt.

"Weil das nicht so einfach ist", kommt es nun wieder von Danny.

"So eine große Entscheidung wird nicht einfach von irgendwem getroffen. Es ist, als wäre es Schicksal. Es ist schwer zu erklären", sagt Danny und sieht nun ebenfalls in den Wald, weshalb ich meine Sicht auch sofort wieder auf die vielen Bäume richte und plötzlich denke ich wieder daran, was ich gerade zwischen den Bäumen gesehen habe.

Einige paar Minuten spricht mich keiner an, bis ich mich zu ihnen umdrehe und sie neugierig ansehe.

"Kommen eigentlich öfter mal Leute hier vorbei?", frage ich, weshalb alle sofort zu mir sehen.

"Eher nicht. Die Leute in der Stadt respektieren uns zwar, aber sie halten uns für lächerlich und überlassen uns den Wald vollkommen", lächelt das Mädchen neben mir.

"Vorhin waren da aber zwei Leute, die uns beobachtet haben", sage ich verwirrt und zeige mit dem Daumen hinter mich.

Mit einem Mal scheinen die Gespräche aller anwesenden leiser zu werden, ehe sich einige zu uns gesellen und sich um unseren Tisch versammeln.

"Wie meinst du das?", fragt Felicia mich, weshalb ich sie total überfordert ansehe.

"Na ja, als Dash und ich am Wagen waren. Ich habe gehört, wie du nach Derrick gerufen hast und wollte mich zu dir umdrehen, aber als ich die zwei Personen im Wald gesehen habe, war ich total von ihnen abgelenkt", erkläre ich und sehe mir an, wie sie plötzlich zu einigen Leuten schaut, die mit einem Mal aufstehen, ihr ein stummes Nicken schenken und sofort darauf Richtung Wald laufen.

"Du hast doch deine Kamera dabei, oder?", fragt Felicia mich nun mit einem sanften Lächeln, weshalb ich sie nur noch verwirrter ansehe und leicht beginne zu nicken.

Können hier alle von null auf hundert das Thema wechseln?

"Könntest du vielleicht ein paar Fotos von uns schießen? Dann können wir sie aufhängen", lächelt sie weiterhin breit und streicht sanft mit der flachen Hand über ihre riesige Kugel.

"Hier? Und jetzt?", frage ich und sehe unbeholfen in die Runde voller Menschen, die ich nicht kenne.

"Ihre Bilder sind der Wahnsinn", kommt es plötzlich total begeistert von Danny, der immer noch neben mir sitzt.

"Übertreib mal nicht", sage ich mit rosigen Wangen, da mir Komplimente zu meinem Hobby total unangenehm sind.

Trotzdem stehe ich auf und sehe kurz zu Felicia und Micah.

"Ich hole schnell meine Kamera", sage ich dann und laufe zum Wagen zurück, wo ich die Hintertür öffne und die Kamera von der Rückbank nehme.

Vielleicht sind hier ja doch nicht alle Leute so schlimm.

Bei Danny, Micah und Felicia habe ich dauerhaft das Gefühl, dass sie versuchen mich immer mit einzubeziehen und das macht mich unfassbar glücklich.

Trotzdem macht Derrick dieses Gefühl immer wieder zunichte, sobald er mir wiedermal zeigt, dass ich hier nicht willkommen bin.

Kurz sehe ich nachdenklich zu der Menschenmenge.

Ich glaube, es dauert noch eine ganze Weile, bis ich mich endlich so fühle, als wäre ich hier zu Hause, aber vielleicht könnte mir der ein oder andere ja tatsächlich dabei helfen.

An Enigmatic GirlWo Geschichten leben. Entdecke jetzt