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Gestern bin ich sofort ins Bett und habe, wegen eines seltsamen Gefühls meine Zimmertür abgeschlossen, nachdem Micah mich alleine gelassen hat, doch einschlafen konnte ich erst nach einer ganzen Weile.

All das war einfach viel zu viel für mich.

Es wirkt noch immer total absurd, dass ich nichts davon realisiert habe.

Ich bin zwar schon eine Weile wach, da ich wiedermal einen Albtraum hatte, doch aus meinem Zimmer bewegt, habe ich mich bisher noch nicht.

Ich sollte langsam wirklich mal aufstehen und endlich duschen gehen, auch wenn das Fieber immer noch da ist, doch genau dieses Fieber ist das, was mich ziemlich nervt.

Dadurch habe ich Kopfschmerzen, mir ist ziemlich übel und auch das Schwitzen ist einfach unerträglich.

Das einzig positive ist, dass mir gerade weder heiß noch kalt ist.

Ziemlich gequält schiebe ich also meine Decke von mir, steige aus dem Bett und gehe auf meinen Kleiderschrank zu, aus dem ich mir ein paar frische Klamotten nehme.

Als ich dann jedoch zur Tür gehe, den Schlüssel im Schloss drehe und sie dann aufziehe, richtet sich vor mir gerade eine riesige weiße Kreatur auf.

Sofort verliere ich vor Schreck das Gleichgewicht, stolpere zurück und falle direkt zu Boden, wobei ich auf meinem linken Handgelenk lande und es mir dabei sofort verletze.

Das ist jedoch gerade ziemlich uninteressant, denn der Schock und die Überraschung kontrollieren gerade meinen gesamten Körper.

Ich starre es einfach an und versuche jedes kleine Detail wahrzunehmen, doch als ich direkt in die wunderschönen Augen blicke, packt mich die vollkommene Faszination.

Es ist derselbe Wolf, den ich damals im Wald fotografiert habe, nur wirkt er jetzt, wo er so nah bei mir ist, plötzlich so monströs.

Um sicherzugehen, dass es wirklich dasselbe Geschöpf ist, blicke ich hinter mich zu dem Bild, welches direkt über meinem Bett hängt und als ich wieder zurückschaue, erkenne ich die faszinierende Ähnlichkeit.

Verdammt langsam richte ich mich wieder auf, versuche dabei keine hektischen Bewegungen zu tätigen und knie mich vor den Wolf.

Einen Moment sehe ich ihn einfach an, bis ich verdammt langsam meine Hand nach ihm ausstrecke und das Zittern, welches der kleine Schmerz in meinem Gelenk verursacht, überhaupt nicht wahrnehme.

Er legt den Kopf zunächst schief und streckt ihn mir dann zögerlich entgegen, bis meine Finger sein unbeschreiblich weiches Fell berühren.

"Wie kommst du hier rein?", frage ich flüsternd und streiche mit sanften Bewegungen durch sein schönes weißes Fell.

"Durch die Tür", ertönt eine dunkle und bereits viel zu bekannte Stimme, die mein Herz sofort zum schneller schlagen bringt.

"Du solltest mir doch Bescheid sagen, wenn sie rauskommt", wendet sich Derrick dann an den weißen Wolf, was mich sofort verwirrt zwischen den beiden hin und her blicken lässt.

Trotzdem kann ich mich einfach nicht dazu bringen, dieser wunderschönen Kreatur meine Aufmerksamkeit zu entziehen.

"Ich habe Micah gesagt, dass du mir fern bleiben sollst", murre ich ziemlich leise und recht genervt über seine Anwesenheit.

"Nur hat Micah mir nichts zu sagen, also ist es dein Pech. Außerdem hat sich die Situation drastisch verändert. Micah wurde aufgrund einiger Vorfälle in die Stadt gerufen und Felicia ist mit Isaac im Reservat, da es dort sicherer für die beiden ist", erklärt Derrick und verschränkt die Arme vor der Brust, ehe er sich an die Wand lehnt und mich streng betrachtet.

"Wieso hast du die Tür abgeschlossen?", fragt er dann, doch ich sehe wieder zu dem schönen Tier und betrachte seine bernsteinfarbenen Augen, die mir so verdammt bekannt vorkommen.

"Ich wollte Parasiten fernhalten", sage ich leise und plötzlich beginnt der Wolf vor mir zu brummen, was mich irgendwie glauben lässt, dass er von meinem Konter amüsiert ist, doch das würde auch bedeuten, dass er mich verstehen könnte.

Plötzlich kommt mir ein ziemlich absurder Gedanke und schon packe ich mit beiden Händen den Kopf des Wolfes und schwenke ihn unbedacht hin und her.

Dass meine Linke durch jede Bewegung schmerzt, oder dass ich das gerade mit einem wilden Tier mache, ignoriere ich für den Moment vollkommen.

"Du nimmst mich doch auf den Arm", murmel ich vor mich hin und lasse mich auf den Hintern fallen, ehe ich die Hände in den Schoß fallen lasse.

Ein Wolf mit weißem Fell, bernsteinfarbenen Augen und Humor.

"Danny ist also auch so, hm?", frage ich eher an mich, als an Derrick gewandt.

"Ich habe ihn eigentlich nur gebeten, auf dich zu achten, aber er wollte dich nicht alleine lassen", bestätigt Derrick nun meine Vermutung.

"Vor einer Weile fand ich es noch seltsam, wenn ich mal keinen Appetit hatte und jetzt sowas?", murmel ich in mich hinein und sehe auf meine Finger.

Ich verstehe das meiste immer noch nicht, doch am liebsten hätte ich es, wenn ich nichts davon wüsste, oder es überhaupt keine Zusammenhänge geben würde.

"Ich will zu meinem Onkel", sage ich plötzlich, wie ein kleines trauriges Kind und spüre, wie die Tränen in meine Augen steigen.

Als der weiße Riese sich dann plötzlich hinlegt und seinen Kopf in meine Hände fallen lässt, sehe ich ihm total überrascht in die Augen.

"Dir ist schon klar, dass ich dich dafür verprügeln werde, oder?", fragt Derrick, weshalb ich sofort verwirrt aufsehe, doch als der Wolf in meinen Händen ein weiteres Mal beginnt zu brummen, realisiere ich, dass diese Worte nicht an mich gerichtet wurden.

"Was soll das denn heißen?!", fragt Derrick plötzlich ziemlich gereizt, weshalb ich wieder in die bernsteinfarbenen Augen blicke.

"Könnt ihr einander verstehen?", frage ich dann an den Wolf gewandt.

"Einen scheiß, bin ich! Zisch ab, bevor ich dir den Kopf abreiße, Jaden!", mahnt Derrick finster und schon erhebt sich der weiße Riese.

Er schenkt mir noch einen kurzen Blick, doch dann dreht er sich um und läuft den Flur entlang, der plötzlich so winzig wirkt, wenn ein monströs großer Wolf in ihm auf und ab läuft.

Als ich dann einen Moment später realisiere, dass Derrick und ich inzwischen alleine sind, stehe ich sofort auf, packe meine Sachen und laufe ins Badezimmer, wo ich sofort die Tür hinter mir abschließe.

An Enigmatic GirlWo Geschichten leben. Entdecke jetzt