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Mit einem Mal wird ein Kästchen auf meinen Schreibtisch gedonnert.

Ich sehe ziemlich gelangweilt auf und schaue Derrick dabei zu, wie er sich das Shirt auszieht und es auf mein Bett wirft.

Das hatten wir doch schon einmal.

"Eine Bitte oder ein Befehl?", frage ich unglaublich desinteressiert, während ich wieder zu meinem Laptop blicke.

"Du kannst nicht ewig sauer auf mich sein, Makenzie", murmelt er mit seiner tiefen Stimme, die ich in den letzten drei Tagen so unglaublich vermisst habe.

Ich bin immer wieder von einem Haus zum anderen gewandert, während ich versucht habe, Informationen zu bekommen, doch ich habe nichts gefunden.

"Es wird heilen", sage ich und scrolle weiter auf dem kleinen Pad herum, ehe er den Laptop einfach zu donnert.

"Natürlich wird es das, aber es braucht Zeit. Können wir jetzt bitte darüber reden?", fragt er wütend und schon ziehe ich die Brauen zusammen und sehe zu ihm auf.

"Du hast kein Recht sauer auf mich zu sein, Derrick", beginne ich und öffne den Verbandskasten.

Ich nehme mir ein paar Kompressen, gieße das Desinfektionsmittel darauf und drehe mich dann zu ihm um, ehe ich die Kompresse einfach in seine Wunde an seinem muskulösen Bauch drücke.

"Du hast mich versprechen lassen, dass ich nichts Dummes tun würde und dann prügeln sich meine Jungs, während du mit verschränkten Armen dabei stehst und dir das alles nur ansiehst. Blaze ist kein Wolf mehr. Jason hätte ihn umbringen können", sage ich und reinige die Wunde voller Wut.

"Regeln, Makenzie. Die Regeln verbieten es, sich in die Angelegenheiten eines fremden Rudels einzumischen", argumentiert er sofort.

Ich lege die Kompresse bei Seite, nehme mir alles nötige aus dem Kasten und klebe eine Kompresse mit einem Pflaster darüber auf die Wunde, ehe ich aufstehe.

"Die Regeln interessieren mich nicht. Und überhaupt", sage ich und stoße die Badezimmer Tür auf, ehe ich mich vor das Waschbecken stelle.

"Fremdes Rudel?", frage ich aufgebracht und drehe unbeholfen den Wasserhahn auf, während meine Finger an einigen Stellen mit Derricks Blut bedeckt sind.

Ich beginne das Blut mit meinen Fingern von meiner Haut zu schieben und spüre, wie er zu mir kommt.

"So meinte ich das nicht und das weißt du auch", versucht er mir ruhig zu erklären, während ich nun Seife zur Hilfe nehme.

"Ich wusste nicht, ob ich mich einmischen darf, Makenzie."
Er kommt näher, während ich inzwischen die Seife von meinen Händen wasche und das Wasser ausstelle.

"Wieso solltest du dich nicht einmischen dürfen?", frage ich wütend und trockne mir meine Hände ab.

"Du bist immerhin", beginne ich, als ich wie wild zu ihm herumfahre, doch ich halte inne.

"Wir sind", sage ich und versuche es erneut, doch Fehlanzeige.

"Siehst du", sagt er verdammt sanft und hebt seine rechte Hand, ehe er mir eine lose Strähne aus dem Gesicht streicht.

"Du weißt selber nicht, was wir eigentlich sind."
Er lächelt sanft und kommt noch einen Schritt näher, sodass er jetzt unglaublich nahe bei mir steht.

Erst jetzt wird mir klar, wie viel zwischen uns eigentlich noch ungeklärt ist.

Wir wurden zwar zu Seelenverwandten, doch etwas dafür getan, um dies zu besiegeln, haben wir bisher nicht.

Wir haben es noch nicht einmal in Betracht gezogen.

Ich jedenfalls noch nicht.

Um ehrlich zu sein, macht es mich nervös, jetzt darüber nachzudenken.

Ich lasse meine Stirn verzweifelt an seine Brust fallen und streiche vorsichtig mit dem Daumen über das Pflaster an seinem Bauch.

"Wem muss ich eine Lektion erteilen?", frage ich fast schon flüsternd, was ihm ein kleines Lachen entlockt.

"Ich habe Jason angeboten, seinen angestauten Emotionen freien Lauf zu lassen. Wer hätte gedacht, dass er so gute Angriffe auf die Beine stellt?", lacht er wieder leicht auf und greift plötzlich nach meinem Haargummi, welches er einfach aus meinem Haar befreit.

Verwirrt sehe ich zu ihm auf und sehe dann zu seinen Händen, wo er sich das Haargummi gerade um das Handgelenk macht.

"Mit offenen Haaren, wirkst du viel freier", sagt er und lässt seine Finger dann einmal durch mein langes Haar gleiten, wobei er all meine Haare sorgfältig nach hinten streicht.

Ich sehe ihm tief in die Augen, spüre, wie mein Herz bei diesem Anblick beginnt schneller zu schlagen und verspüre plötzlich nur noch einen einzigen Wunsch.

"Ich will, dass du mich markierst, Derrick", sage ich und gebe meinen Gedanken nach, ohne überhaupt über die Folgen nachzudenken.

Schockiert betrachtet er mich und scheint sich vollkommen zu verkrampfen, doch ich sehe ihm weiterhin bloß in die Augen.

"Was hast du gerade gesagt?", fragt er total perplex und sieht mich auch dementsprechend an.

"Du hast mich gehört", ist das einzige, was ich ihm antworte, ehe ich meine Hände an seine Hüften lege, nur um mit ihm in Berührung zu kommen.

"Ich wünsche, ich hätte es nicht", murmelt er, was plötzlich dazu führt, dass sich alles anders anfühlt.

Die Zeit um uns herum vergeht viel langsamer und unser Blick fühlt sich plötzlich so fremd an.

Will er mich jetzt wieder verleugnen?

"Bitte sag mir, dass ich mich gerade verhört habe", sage ich mit zittriger Stimme und schon verändert sich seine Miene.

"Scheiße, Makenzie, so war das nicht gemeint", sagt er fast schon panisch und legt seine Hände an meine Wangen.

"Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie sehr ich das möchte, doch ich werde es nicht tun. Jetzt zumindest noch nicht. Ich möchte, dass es besonders ist und nicht einfach eine kurze Entscheidung", versucht er mich sofort wieder zu beruhigen.

Irgendwie hilft das jedoch nicht und die Tränen, welche sich in meinen Augen gebildet haben, laufen ganz langsam an meinen Wangen hinab.

An Enigmatic GirlWo Geschichten leben. Entdecke jetzt