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POV Derrick

"Sie ist dir so nahe und trotzdem bist du ihr so fern. Warum, mein Junge?"
Genervt atme ich aus und blicke hoch zu ihr.

Wie sie da auf der Ladefläche sitzt, ihr Buch liest und dabei so einsam aussieht.

"Weil ich nichts mit ihr zu tun haben will. Du bist heute nicht die einzige, die mich auf sie anspricht", gebe ich genervt zurück und umfasse das Glas in meiner Hand fester, als ich sehe, wie Dash sich ihr nähert.

"Kein Wunder. Jeder hier will mehr über sie erfahren. Sie ist sehr besonders und du kannst sie immerhin auch nicht auf ewig verleugnen. Jeder aus unserer Familie hatte seinen Partner in deinem Alter längst gefunden. Sieh dir Felicia an. Sie ist glücklich und erwartet bereits das zweite Kind."

"Micah ist ja auch kein schwacher und kranker Kerl, der eine normale Grippe nur ganz knapp übersteht", murre ich und sehe dann zur Seite.

"Deine Schwester hat mir erzählt, dass die Körpertemperatur der Kleinen sich in letzter Zeit immer ändert. Hast du damit was zu tun?", fragt sie mich, weshalb ich nun sofort zur anderen Seite blicke und in die blauen Augen meiner Mutter sehe.

"Was meinst du?", frage ich sie total verwirrt über ihre Worte.

"Der Kleinen ist nicht mehr nur kalt. Ab und zu soll ihr sogar sehr wohlig warm sein. Und du weißt genau, dass Feli ein Auge fürs Detail hat", lächelt meine Mutter und streicht mir dann sanft eine dunkle Strähne von der Stirn.

Sofort blicke ich wieder herüber zu Makenzie, die sich gerade ziemlich unbeholfen mit Dash unterhält und dabei total so wirkt, als würde sie sich unwohl fühlen.

"Also?", hakt meine Mutter weiter nach.

Ob das wirklich stimmt?

"Ab und zu setze ich mich zu ihr, wenn sie schläft", gebe ich widerwillig zu und sehe instinktiv bedrückt zu Boden.

"Das ist dein gutes Recht. Seit du sie das erste Mal gesehen hast, quälst du dich schon damit herum. Du weißt genau, dass es besser für euch beide wäre, wenn du sie endlich akzeptieren würdest."
Das mag zwar gut möglich sein, aber dabei kann auch so unbeschreiblich viel schiefgehen.

Was ist, wenn sie nicht so verständnisvoll ist, wie Micah es war?

Oder wenn sie Angst vor mir bekommt und wieder aus der Stadt zieht?

"Es ist sicherer für sie, wenn ich sie weiterhin auf Abstand halte und..."
Mit einem Mal verspüre ich diesen unbeschreiblich starken Schmerz in der Brust und sehe direkt auf.

Alle anderen scheinen es ebenfalls bemerkt zu haben und alle blicken in dieselbe Richtung.

Zu Dash, der gerade seine Lippen auf ihre legt.

Für den Bruchteil einer Sekunde wirkt es so, als würde sie es zulassen, doch dann legt sie ihre blassen Hände an seine Brust und drückt ihn von sich.

Ich starre einfach so zu den beiden und blicke nichtmal weg, als das Glas in meinen Händen in tausend Einzelteile zerspringt.

Alles in mir spannt sich an und die Wut scheint die Kontrolle über meinen Körper übernehmen zu wollen.

Als ich dann sehe, wie Dash sich über die Unterlippe leckt und hinterhältig zu mir herüber lächelt, reißt mein Geduldsfaden ein für alle Mal und schon springe ich von der Veranda auf.

"Derrick!", höre ich meine Schwester noch mahnen, doch Dash ist gerade ein rotes Tuch für mich und alles andere spielt keine Rolle.

POV Makenzie

Ganz plötzlich schiebt mir jemand die Kopfhörer von den Ohren, weshalb ich sofort zusammen zucke und zu meiner rechten schaue.

"Kann ich dir helfen?", frage ich mit rasendem Herzen, da ich bei aller Liebe nicht erwartet habe, dass sich irgendwer einfach zu mir gesellt.

"Tatsächlich kannst du das", lächelt mir der Kerl mit dem schwarzen Haar entgegen.

"Ich bin Dash. Ein alter Freund von Derrick", lächelt er und reicht mir höflich seine Hand, die ich nur ziemlich zögerlich entgegennehme.

"Ganz schön eisig", sagt er und sieht überrascht auf meine Hand, die in seiner liegt.

Schon seit ein paar Wochen habe ich das nicht mehr gehört, doch vermisst habe ich es auch nicht.

"Ist nichts Neues. Für mich ist die Tatsache, dass Derrick Freunde hat, eher sehr neu", sage ich und sehe ihm in seine dunkelbraunen Augen.

"Na ja, er ist schwierig zu händeln", lacht Dash amüsiert und zieht dann vorsichtig seine Hand zurück, ehe er sie in die Taschen seiner schwarzen Jeans schiebt.

"Irgendwie sind wir das hier alle. Abgesehen von Derrick und Danny’s Familien, sind wir anderen nur ein lächerlicher Haufen, der sich im Laufe der Zeit den beiden Familien angeschlossen hat", erklärt er mir und sieht ziemlich nostalgisch zu all den Leuten herüber.

"Felicia hat mir erzählt, dass ein Mann namens Ambrose White diesen Ort gefunden hat. Gehört dieser Mann auch zu einer dieser beiden Familien?", frage ich nun doch ziemlich interessiert.

Natürlich ist mir das alles hier ziemlich wider, doch dass es interessant ist, kann ich leider nicht abstreiten.

"Jap", sagt er und atmet tief ein.

"Dieser Mann war der Großvater von Danny’s Mutter. Mit ihm hat all das hier begonnen. Er hat diesen Ort gefunden, ihn für wertvoll empfunden und dieses Reservat aufgebaut", erklärt er und lehnt sich nun mit seinen Armen auf den Rand des Wagens.

"Kann ich dich um einen Gefallen bitten?", fragt er, weshalb ich ihn ziemlich überrascht darüber ansehe, dass er innerhalb von ein paar Sekunden so schnell das Thema wechseln kann.

"Kommt auf den Gefallen an, würde ich sagen", sage ich und sehe kurz auf meine Hände, in denen ich immer noch das Buch halte und es jetzt endlich schließe.

"Kann ich dich küssen?"
Sofort sehe ich schockiert zu ihm auf und blicke ihm total perplex in die Augen.

"Weißt du was? Vergiss die Frage einfach", sagt er und schiebt seine rechte Hand plötzlich in meinen Nacken, ehe er mich zu sich zieht und seine Lippen auf meine drückt.

Für einen kurzen Moment bin ich so überrascht davon, dass ich mich einfach nicht rühren kann, doch als ich realisiere, was er da gerade tut, schiebe ich meine Hände an seine Brust und drücke ihn sofort von mir, ehe ich eilig den Handrücken meiner rechten Hand an meine Lippen lege.

"Spinnst du?!", frage ich ihn wütend und rutsche instinktiv etwas zurück.

"Tut mir total leid, aber das musste sein", sagt er und leckt sich über die Unterlippe, ehe er beginnt zu grinsen und dabei hinter mich blickt.

"Das ist mehr als nur unangebracht! Sind hier denn alle total durchgedreht?!", frage ich wütend und sehe ihn mehr als nur angewidert an.

"Derrick!", höre ich Felicia plötzlich rufen, doch gerade als ich mich umdrehe, halte ich in der halben Drehung inne und sehe noch verwirrter in den Wald.

An Enigmatic GirlWo Geschichten leben. Entdecke jetzt