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Immer wieder sage ich mir, dass es so besser ist, doch ich will nicht gehen.

"Du wirst darüber hinwegkommen", sagt er, als er zu mir in den Wagen steigt, doch ich sehe einfach nur in den Wald, in der Hoffnung, Derrick noch ein letztes Mal zu entdecken.

Auch wenn ich spüre, dass er sich dort befindet und mich beobachtet, kann ich ihn zwischen all diesen Bäumen nicht ausmachen.

"Ich hasse dich", sage ich, als er den Wagen startet.

"Dazu hast du auch jedes Recht. Trotzdem ist es mir lieber, wenn wir den Vorfall von vor sechs Jahren nicht wiederholen müssen. Willst du, dass ihnen dasselbe passiert?", fragt er, weshalb ich nun doch zu ihm sehe und in seine hellgrünen Augen blicke.

"Wie hast du Micah dazu bekommen, dass er mich dir anvertraut?", frage ich ziemlich misstrauisch.

Er konzentriert sich auf die Straße und ich ignoriere dieses unbeschreiblich schmerzhafte Gefühl, was wahrscheinlich die gemischten Gefühle von mir und meinem Mate widerspiegelt.

"Ich hatte zwei Leute auf dich angesetzt. Sie sollten dich im Auge behalten und das haben sie auch gemacht", erklärt er, sieht dabei aber ziemlich alarmiert aus.

"Und warum schleifst du mich dann zurück, wenn du wahrscheinlich alles weißt?", frage ich ihn genervt.

"Das ist es ja, Mazie. Wir wissen rein gar nichts, weil wir dich erst vor zwei Tagen gefunden haben."
Sofort weiten sich meine Augen.

"Das bedeutet ja, dass die Leute, die mich wollen, nicht von dir kamen", stelle ich fest, was ihn mit ernster Miene nicken lässt.

"Und warum bringst du mich dann zurück?! Wenn diese Leute hier sind, weil sie mich wollen, dann haben sie nun meine Familie, die sie bedrohen können, um an mich heranzukommen!", brülle ich ihn an.

"Das könnte man annehmen, aber dieser Gedanke ist falsch. Sie werden uns folgen, Mazie. Das versichere ich dir", sagt er vollkommen von sich überzeugt und konzentriert sich auf die Straße.

"Deine Versprechen kannst du dir sonst wohin schieben. Deinetwegen muss ich meine Familie verlassen", murre ich und sehe wieder aus dem Fenster.

Diese Sachen gehen mir mehr als nur auf die Nerven.

Kurz bevor wir die Stadtgrenze erreichen, hält der Wagen an und schon steigen zwei bekannte Gesichter zu uns in den Wagen.

Wie ich das alles vermisst habe.

Jedenfalls wünschte ich, ich könnte das behaupten, denn dem ist nämlich überhaupt nicht so.

POV Derrick

"Warum zum Teufel hast du sie gehen lassen?!", brülle ich Micah entgegen, während ich zurück ins Haus stürme, doch er wirkt total gelassen darüber.

Wenn irgendjemand zulassen würde, dass Isaac mir genommen wird, würde ich alles kurz und klein schlagen, aber er?

Er sitzt einfach total gelassen da und blickt durch die Gegend.

"Der Mann war der Ehemann ihrer Mutter, also ist er quasi ihr Stiefvater", erklärt er plötzlich und sieht langsam zu mir auf.

Sofort ziehe ich meine Brauen zusammen und sehe ihn verwirrt an.

"Ich dachte sie hätte, abgesehen von dir, keine Verwandten mehr."
Er nickt.

"Dem ist ja auch so. Sie hat ihn nie als einen Verwandten betrachtet. Sie hat ihn gehasst, weil er sie nicht vor meinem Bruder beschützen konnte", erklärt er mit neutraler Miene und auch seine Stimme klingt eben.

Wie kann ihn das so verflucht kaltlassen?

"Woher weißt du das?", frage ich, da er mir immer wieder gesagt hat, dass Makenzie nie wirklich eine Bindung zu ihm aufbauen konnte.

"Von ihm", sagt er und steht auf.

"Heute vor sechs Jahren, ist mein Bruder gestorben. Kurz darauf standen wir in Kontakt zueinander und mussten einige Dinge klären, die mit Lilo zu tun hatten, aber auch da hat er mir schon klargemacht, dass er Lilo irgendwann holen müsse."
Ich sehe ihn voller Wut an, während diese Wut sich in meinem gesamten Körper ausbreitet.

"Willst du, dass sie stirbt?! Weil sie das definitiv tun wird, wenn sie diese Stadt verlässt!", brülle ich ihn an, da mir seine Sorglosigkeit mächtig auf den Sack geht.

"Nein, das wird sie nicht", sagt er und geht auf die Tür zu.

"Das hat er mir versichert. Sie ist bei ihm in guten Händen, Derrick. Wenn sie krank wird, wird er sich um sie kümmern und du wirst die Verbindung zu ihr nicht mehr spüren können, weil sie zu weit weg ist", erklärt er und umfasst die Türklinke.

Plötzlich schießt mir eine Frage wieder in den Kopf, weshalb ich ihm eilig hinterherlaufe.

"Micah!", rufe ich, als er auf seinen Wagen zugeht und die Fahrertür aufzieht.

Sofort sieht er mich fragend an und hält für einen kurzen Moment inne.

"War Makenzie jemals richtig verletzt?", frage ich und sehe ihn ziemlich misstrauisch an.

Uns entgeht immer noch viel zu viel und ich denke, dass mir nur ein winziges Puzzleteil fehlt.

Er hebt eine Braue.

"Warst du nicht dabei, als sie deinetwegen krank wurde?", fragt er genervt, was mich ebenfalls genervt ausatmen lässt.

Natürlich war ich dabei und ich habe auch alles gespürt.

"Nicht so verletzt", stöhne ich und fahre mir frustriert mit den Fingern durch mein Haar.

"Sowas wie ein Knochenbruch, oder eine tiefe Schnittwunde."
Ich blicke meinen Schwager ernst an, doch er schüttelt den Kopf hin und her, so als sei das nicht wirklich von Belang.

"Warum?", fragt er dann.

"Weiß ich noch nicht genau", gebe ich zurück und drehe mich um, ehe ich voller Wut zurück im Haus verschwinde und zulasse, dass die unbeschreibliche Hitze Kontrolle über meinen Körper übernimmt.

Kurz darauf laufe ich durch die Hintertür und renne dann mit vier Pfoten eilig und voller Emotionen in den Wald.

An Enigmatic GirlWo Geschichten leben. Entdecke jetzt