Kapitel 11

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Weinend sitze ich auf dem Dach. Sie ist Tod. Meine beste Freundin ist Tod. ,,Aiko", flüstere ich. Ich wollte ihr doch noch das Dach zeigen. Ihr hätte es hier gefallen. Plötzlich öffnet sich die Tür hinter mir. Mit meiner rechten Hand, wische ich mir über die feuchte Wange. Es ist Kuina. Sie setzt sich neben mich und schaut mich bemitleidend an. Dann zieht sie mich in eine unterwartete Umarmung. Jetzt lasse ich meinen Tränen freien Lauf. ,,Hey, ist schon gut, lass alles raus", murmelt sie und streicht mir beruhigend über den Rücken. Warum ist sie eigentlich hier? Woher weiß sie, dass ich hier bin? Vielleicht hat Chishiya ihr bescheid gesagt. Diesen Gedanken verwerfe ich aber gleich wieder. Schließlich reden wir über Chishiya. Sie sitzt noch lange mit mir zusammen oben, auf dem Dach. Die Sonne geht schon langsam auf. Kuina hilft mir hoch und schleppt mich dann in ihr Zimmer. Dort sinke ich erschöpft auf das Bett und schließe endlich meine Augen.

***Ich stehe auf einer grünen Wiese. Die Sonne scheint auf mich herab und um mich herum, sind überall bunte Blumen zu sehen. Nicht weit von mir steht ein Baum. Der Baum, auf dem Aiko und ich immer sitzen. Lächelnd laufe ich auf ihn zu und klettere hoch. ,,Hey, Mei!", höre ich meine beste Freundin rufen. Ich schaue runter und sehe sie. Sie trägt das rote Oberteil, welches sie so oft trägt. Ich greife nach dem Ast und schwinge mich vom Baum. Dann ziehe ich meine Freundin in eine Umarmung. Plötzlich fühlt es sich so an, als würde ihr ganzes Körpergewicht auf mir lasten. Ich lasse sie los und schaue sie verwundert an, aber sie fällt einfach auf den Boden. Es ist so, als hätte die ganze Spannung ihren Körper verlassen. Erschrocken schaue ich auf ihren schlaffen Körper runter. ,,Aiko?", flüstere ich und knie mich neben sie. Ich hebe leicht ihren Kopf und sehe Blut an ihrem Kopf. Ein Keuchen entfährt meinem Mund. ,,Oh mein Gott... Aiko!", schreie ich, mit Tränen in den Augen. Ich schüttel ihren leblosen Körper etwas, aber sie regt sich nicht. ,,Aiko verdammt!", schreie ich erneut...***

Ich schrecke hoch. Nur ein Traum. Ein Traum. Sie ist nicht vor meinen Augen gestorben. Naja, Tod ist sie trotzdem. Aber ich kann nicht mehr weinen. Es kommen einfach keine Tränen mehr raus. Ich bin alleine. In Kuinas Zimmer. Wo sie wohl ist? Suchend schaue ich mich um. Ihr Zimmer sieht eigentlich genau so aus wie meins. Auf ihrem kleinen Tisch liegt eine Wasserpistole. Daneben ist ein Feuerzeug zu sehen. Kopfschüttelnd setze ich mich auf. Ist doch auch egal. Was ist heute nur mit mir los? Es war doch klar, dass sie sterben könnte. Es war mir bewusst. Auch ihr war es bewusst. Jedem war es bewusst. Aber nie hätte ich mir vorstellen können, ohne sie zu leben. Als ich sie im Kindergarten kennengelernt habe, habe ich ihr ein Versprechen gegeben: Falls ich mal sterbe, leb für mich weiter. Wehe, du trauerst mir nach. Versprochen? Ich habe breit gegrinst und nickend zugestimmt. Oh man, was für ein bescheuertes Versprechen. Plötzlich geht dir Zimmertür auf und Chishiya kommt rein. ,,Kuina, hast du die Sa-", fängt er an zu sprechen, bricht dann aber mitten im Satz ab. Er schaut mich fragend an. Ich starre nur zurück. Was hat Kuina? Jetzt bin ich neugierig. Aber Chishiya dreht sich einfach wieder um und will gehen. Aber bevor er aus der Tür verschwinden kann, steht Kuina schon im Türrahmen. ,,Chishiya, was machst du hier?", fragt sie skeptisch. Er tritt etwas näher an sie ran und flüstert ihr was ins Ohr. Gemein! Ich will auch mithören. ,,Ja, sie liegen auf dem Tisch", antwortet das schlanke Mädchen. Bein Blick schweift zu dem besagten Möbelstück. Die Wasserpistole und das Feuerzeug? Der Junge nimmt sich die beiden Sachen und geht wieder. ,,Bis gleich", sagt er noch, bevor er hinter der Ecke verschwindet. Jetzt setzt sich Kuina neben mich. Besorgt schweift ihr Blick an mir hoch. Dann umarmt sie mich. Oh, schon die zweite Umarmung. Ich muss ja furchtbar aussehen. Ich probiere ein Lächeln zu Stande zu bringen. ,,Danke Kuina, du bist echt eine gute Freundin", sage ich mit brüchiger Stimme. Ich hab es so Satt immer Taff sein zu wollen. Ich bin so Müde. Ich will nicht mehr stark sein. 

Kuina hat mich gezwungen runter zu gehen und etwas mit ihr zu essen. Ich hab zwar nicht viel runtergekriegt, aber wenigstens habe ich jetzt was im Magen. Das Mädchen zieht mich gerade an meine Hand hin. Wohin auch immer. Ich hab keine Ahnung. Sie will mich nicht alleine lassen. Sie ist zu gut für die Welt. Zu gut für Borderland. Ich will nicht noch einen Menschen verlieren. Ich kann das einfach nicht. ,,Kuina, bitte versprich mir, dass du vorsichtig bist. Egal was los ist, dein Leben geht vor", flüstere ich. Kurz denke ich, dass sie mich nicht gehört hat, aber dann sehe ich ihr nicken. Lächelnd folge ich ihr weiter. Wir bleiben vor einem Zimmer stehen. Es ist zwei Stöcke höher als mein Zimmer. Meine Freundin hebt ihre Hand und klopft. Ein leises Gemurmel ist zu hören. Kuina öffnet die Tür und geht rein. Unschlüssig bleibe ich stehen. 

Crazy games (Chishiya FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt