Stell dir vor, dein Leben ist eintönig, langweilig und voller Trauer, die du nicht loswirst. Mit jedem einzelnen Tag verschließt du dich mehr und deine Eltern, die nie zu Hause sind, tragen nicht gerade zu einer Besserung deiner Gefühle bei. Du lebs...
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Im Westernsattel auf Sun's Rücken spaziere ich mit ihm durch den Wald, trabe über Felder und gehe vorsichtig über eine klapprige Holzbrücke bis hin zu einer großen Blumenwiese, die wir galoppierend überqueren. Ich genieße den Wind um mich herum und schließe die Augen, während ich meinen braunen Cowboyhut mit einer Hand festhalte. Der alte Schimmelhengst schnaubt glücklich und wird immer schneller, sodass ich ihn an der Hackamore (Trense ohne Gebiss) etwas zügeln muss, damit wir langsamer werden.
Schließlich traben wir von der Wiese hinab und ich sehe schon von weitem den Dreck der Crossstrecke, auf dem jedes zweite Wochenende ein Rennen stattfand. Heute gibt es jedoch eine neue Strecke, was heißt, dass diese hier maximal zum Üben genutzt wird. Ich zügle Sun so weit, dass wir nun in entspannter Schrittgeschwindigkeit auf dem grauen Kies der Parkplätze gehen und ich sanft in seinen Bewegungen mitwippe. Der Westernsattel passt perfekt und ist in dem gleichen Braun wie mein Hut, den ich immer noch auf dem Kopf trage, worüber ich unendlich froh bin. Mein Haar, das ich dummerweise offen hatte, ist zerzaust und eine einzige Matte aus verknoteten Locken und bunten Herbstblättern.
Als ich plötzlich den Motor eines Motorrades höre, schaue ich zur gleichen Zeit wie Sun auf und sehe mich um. Eine grün- schwarze Cross kommt geradewegs auf mich und das Pferd, auf dem ich sitze, zugefahren. Ich ziehe leicht am Hackamore und bringe Sun zum Stehen, während meine Augen den Fahrer der Cross abscannen. Sofort springt mir der schwarze Pullover und die Kapuze auf dem Kopf des Fahrers, der keinen Helm trägt, ins Auge und ich weiß direkt, wer auf dieser Cross sitzt. Lucian kommt auf uns zu gefahren, hält neben Sun und mir an, und schaltet den Motor ab.
"Lucian", stelle ich dann fest, als ich seinen Kiefer und die silbernen Ringe an seinen großen Händen sehe. Mir schießen die Erinnerungen von gestern Nacht in den Kopf und ich fühle plötzlich seine Hände an meinen Wangen und weiche Lippen auf meinen. Ein Kribbeln überzieht meinen Körper und ich schüttle mich kurz, ehe ich wieder nach unten sehe und erkenne, dass er nun seine Hand nach Sun ausgestreckt hat. Der Schimmel, auf dem ich sitze, streckt seinen Kopf glücklich zu Lucian und schnaubt leise, was meinem Nachbarn ein minimales Lächeln auf die Lippen zaubert. Ich beobachte die Beiden und bleibe ruhig, um sie nicht zu unterbrechen, doch Lucian stoppt nach einiger Zeit und schaut erneut zu mir auf.
"Wie schnell kann er galoppieren?", fragt er überraschend, was mich kurz innehalten lässt. Schulterzuckend schaue ich nach unten und richte meinen Cowboyhut grinsend.
"Willst du es herausfinden?", grinse ich auf Lucian herunter und fixiere seine Lippen, die verführerisch glänzen. Für wenige Sekunden ist seine Zunge zu sehen und ich beobachte, wie er seine Lippen langsam befeuchtet, während ich das Brennen seines Blickes auf mir spüre. Lucian scheint nicht lang zu überlegen und antwortet mit einem ernsten Nicken auf meine Frage.
"Deine Herausforderung nehme ich gern an, Mariposa. Ich auf der Rennstrecke und ihr auf der Wiese daneben?", fragt er und richtet sich auf. Ich nicke und folge ihm zum Start der Rennstrecke, auf der weit und breit niemand zu sehen ist. Wir stehen nebeneinander und sehen uns an, während leichter Wind über uns zieht. Lucian startet den Motor seiner Cross und hebt den Kopf, sodass ich sein verführerisches Grinsen erkennen kann. Leicht erwidere ich es und klopfe Sun kurz auf den starken Hals.
