Kapitel 30/ Tränen und Ehrlichkeit

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Ich beobachte ihre Reaktion und halte sie auf Abstand, doch aus irgendeinem Grund ist es mir egal, nein, es freut mich, Aufmerksamkeit von ihr zu bekommen

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Ich beobachte ihre Reaktion und halte sie auf Abstand, doch aus irgendeinem Grund ist es mir egal, nein, es freut mich, Aufmerksamkeit von ihr zu bekommen. Ich liebe ihren Blick, der abwechselnd zwischen meinen Augen hin und her schweift. Ich liebe ihre Augen, die die gleiche Farbe wie mein rechtes Auge haben. Und ich liebe ihre Reaktion auf mich. Die leichten Tränen, das Glitzern der goldenen Sprenkel an ihren dunkeln Pupillen und ihr Lächeln, das kilometerweit strahlt.

Doch langsam wird die Stille zu laut und ich öffne meinen Mund, um leise zu reden. Jedoch schaffe ich es nicht direkt, da ich plötzlich eine Hand an meiner Wange spüre. Unachtsam zucke ich zurück, schaue Eva erschrocken an und muss mich kurz beruhigen. Es ist alles gut, Lucian. Es war nur Eva. Sie wird dir nichts antun, du vertraust ihr.

"Wovor hast du Angst, Lucian? Welche Erinnerungen kommen hervor, wenn ich dich berühre und dir meine Aufmerksamkeit schenke?", stellt sie mir dieselbe Frage ruhig. Trotz dessen ist ihre Stimme zittrig, die Augen glitzern voll Tränen. Ich halte inne und denke nach, obwohl ich den Grund ganz genau kenne. Jede Nacht träume ich davon oder kann erst gar nicht schlafen, weil mich die Erinnerungen plagen. Seit Jahren. Doch wenn ich nach draußen gehe, auf meinem Balkon rauchen und mich entspannen will, dann sitzt sie dort gegenüber. Und ich vergebe und vergesse alles, was mir je angetan wurde. Ihretwegen.

"Nicht alles ist so einfach zu erklären, wie es scheint, Mariposa. Ich bin mir sicher, du weißt ganz genau wovon ich rede, also bitte, lass mir die Zeit, die ich brauche. Irgendwann werde ich dir jedes einzelne Geschehniss und jede noch so kleine Erinnerung erzählen, doch bis dahin bleibt alles ganz allein bei mir", schaffe ich es rau, Eva zu antworten. Ich erkenne anhand ihrer Augen, dass sie enttäuscht ist. Doch gleichzeitig sieht sie aus, als würde sie mir jeden Moment etwas beweisen wollen, und das will ich nicht.

"Lass und dein Geständnis-Spiel erneut spielen", schlage ich vor und erkenne erneut dieses wissende Glänzen in ihren Augen. Und wenn ich eines weiß, dann ist es, dass ich es jedes fucking einzelne Mal liebe.

"Okay, aber lass uns auf die Bank am See setzen, damit ich Sun festmachen kann", erklärt Eva ruhig und deutet mit dem Kinn zum See, der noch ungefähre 30- 40 Meter von uns entfernt ist. Zustimmend setze ich mich in Bewegung, nicke knapp und drücke den Fuß meiner Maschine nach oben, um sie schieben zu können. Gemeinsam gehen wir zu der einzigen Holzbank, die es hier gibt und mustern sie kurz, ehe ich meine grün- schwarze Maschine abstelle und Eva ihr großes Pferd an der Bank anbindet. Wir setzen uns nebeneinander auf die alte Bank und hören das leise Knarzen, ehe wir in absoluter Stille auf den schönen See vor uns schauen. Er ist dunkelblau und umrandet von großen Bäumen, deren Blätter mittlerweile rot und orange vom Herbst sind.

"Geständnis: Ich würde dir ohne zu zögern alles erzählen, sobald du nur nachfragen würdest", beginnt Eva leise, was mich kurz innehalten lässt. Ich wusste, dass diese Worte kommen werden. Es vergehen Minuten, in denen ich kein einziges Wort sage und nur das Kauen vom Pferd hinter uns zu hören ist. Und genau deswegen habe ich schmunzelnd ein nächstes Geständnis parat.

Bad Neighbor | Don't Lose Your HeartWo Geschichten leben. Entdecke jetzt