3

11 4 4
                                    

Eine Stunde später stand ich immer noch im Umkleideraum.
Ich kam gerade aus der Dusche, hatte einen frischen, aus der Reinigung gekommenen Kittel an und versuchte, vor dem Spiegel mein nasses blondes Haar in so etwas wie einem Pferde-Schwanz zu bändigen. Unter der Dusche war mein Mascara verlaufen, und ich wischte ihn mit meinem Ärmel fort. Das trug nur dazu bei, dass die schwarzen Ringe unter meinen Augen noch größer wurden. Meine fahle Haut spannte über meinen Wangenknochen, meine blauen Augen waren kalt und glanzlos. Noch nie hatte ich so fertig ausgesehen.
Wann bin ich eigentlich so weinerlich geworden? So ein Angsthase? In mir stiegen Erinnerungen auf, die ich nicht bei-seitedrängen konnte. Wie ich mich zusammen mit den anderen Medizinstudenten über den Austauschstudenten lustig gemacht hatte, der sich am ersten Tag im Anatomiekurs übergeben hatte. Oder damals, als ich in der achten Klasse Amy Anderson, die sich immer für etwas Besseres hielt, von der Bushaltestelle aus nachgelaufen war, um ihr Regenwürmer ins
Haar zu stecken.
Wie sich herausstellte, war ich einer der Menschen geworden, die ich verachtete. Für alle Kollegen der Notaufnahme des St. Mary's Hospital war ich nun ein zimperlicher Fachidiot, Ein Klopfen unterbrach mich in meinem Selbstmitleid., „Ames, sind Sie noch da drin?"
Die Tür ging auf, Dr. Fuller kam herein und ging zu einer schmalen Bank hinüber.
Einen Augenblick lang sagte er gar nichts. Aber ohne hinzusehen wusste ich, dass er den Kopf hängen ließ. Seine Hände steckten in den Taschen seines frischen weißen Kittels, die Ellenbogen hielt er dicht an die Seite gepresst. So sah er aus wie ein großer grauer Storch.
„Also, bleiben Sie noch?", fragte er plötzlich.
Ich zuckte mit den Schultern. Gleichgültig, was ich zu sagen hätte, um meine Vorstellung von vorhin zu rechtfertigen, es wäre nur eine lahme Entschuldigung. Wie die, die von zahllosen Medizinstudenten hervorgebracht werden, die bald darauf nicht mehr zu den Vorlesungen kommen.
„Wissen Sie", fing er an, „ich habe schon viele Ärzte gesehen, gute Allgemeinmediziner, die unter großem Druck einknicken. Sie werden müde. Sie haben Stress, vielleicht haben sie auch persönliche Probleme. Das passiert uns allen einmal.
Aber einige von uns lassen es hier drinnen", er deutete auf die Schränke hinter mir, „anstatt es da draußen kundzutun. Das ist es, was uns zu Ärzten macht, die leistungsfähig sind." Er wartete darauf, dass ich antwortete. Ich nickte nur.
„Ich weiß, dass Sie dieses Jahr viel durchgemacht haben, dass Sie Ihre Eltern verloren haben ..."
»Aber hier geht es nicht um meine Eltern." Ich wollte ihn nicht unterbrechen, aber ich hatte es schon gesagt, bevor ich darüber nachdenken konnte. „Es tut mir leid. Aber ich bin wirklich drüber hinweg.

Meine erste Verwandlung Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt