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„Ich will Antworten."
„Aber bisher hast du mir noch keine Fragen gestellt." Mit seinen Zähnen rieb er an meiner Haut. „Aber du willst eigentlich gar nicht reden." Doch, das will ich", beharrte ich und versuchte mich von ihm loszumachen.
Er hielt mich fest. „Dein Körper will aber etwas anderes. Das rieche ich. Du willst mich. «
Ich knirschte mit den Zähnen. „Das sind die Blutsbande. Wenn du irgendein anderer Typ wärest, hätte ich dir schon eine runtergehauen." Wenn ich irgendeine andere Frau vor mir hätte, wäre sie jetzt schon tot.« Trotz seiner drohenden Worte ließ er mich los. „Ich habe heute Abend ziemlich lange geschlafen und noch nicht gefrühstückt. Würdest du mir Gesellschaft vielleicht leisten?"
„Wirst du meine Fragen beantworten?"
„Das hängt davon ab, was du wissen willst, Mandy. Aber ja. Ich werde dir die Fragen beantworten, nach denen du so tapfer suchst." Er hielt mir die Hand hin. Ich biss mir auf die Lippe und überlegte, ob ich sein Angebot annehmen sollte.
War das ein Trick? Eine Falle? Aber er konnte nicht wissen, dass ich ihn heute besuchen wollte. Er hatte eben noch nicht einmal gewusst, wer ich war. Er hätte keine Zeit gehabt, etwas Gemeines zu planen. Im schlimmsten Falle würde ich mit ihm essen und die ganze Zeit versuchen, die Wirkung der Blutsbande zu bekämpfen. Im besten Fall würde ich allerdings verstehen, was mit mir geschehen war. Ich gab ihm meine Hand und ließ mich von ihm in einen anderen Raum führen. Das Esszimmer war riesig und hatte keine Fenster. Es war sogar noch protziger als der Ballsaal, wenn das überhaupt möglich war. Die Wände waren dunkel getäfelt und das einige Licht spendeten Kerzen, die in verzierten Silberleuchtern steckten.
Cyrus zog einen Stuhl unter dem langen Esstisch hervor und bedeutete mir, mich hinzusetzen. Dann setzte er sich zu meiner Rechten an den Kopf der Tafel. An diesem Tisch hätten sicher zwanzig Leute Platz gehabt, aber es war nur für zwei gedeckt. Statt Tellern standen Kristallkelche auf dem Tisch. In der Mitte stand die größte Platte mit Haube, die ich jemals gesehen hatte. Ich fragte mich, mit wem er hatte essen wollen, bevor ich gekommen war. ,,Leyla", beantwortete Cyrus meinen Gedanken, als er mit einer eleganten Handbewegung die Serviette über seinem Schoß ausbreitete. Eine zierliche Kristallglocke lag neben seiner linken Hand, er läutete. Es machte mich nervös, dass er meine Gedanken so leicht lesen konnte.
Ein sehr distinguierter schwarzer Butler, dem zwei Wachen folgten, betrat den Saal. Er griff nach der glänzenden silbernen Haube über der Platte, zögerte aber mit Blick auf mich. Einer der Wächter machte ein Geräusch. Der Diener sah ihn böse an, dann zog er die Glocke weg.
ihr Frühstück, Sir« In seinem alten Gesicht wurde deutlich, dass er das Gericht nicht guthieß.Auf der Platte lag der nackte Körper einer jungen Frau. Offensichtlich war sie tot. Sie starrte mit ausdruckslosen Augen an die Decke, eine Hand lag schlaff auf ihrer Brust, Der andere Arm war im  Bogen über dem Kopf ausgestreckt und zeichnete die Form der Platte nach. Jemand hatte sie mit Rosenblätter garniert. Die Frau lag in einer Pose vor uns wie eine Renaissance Göttin. Ich war schockiert. Diese Frau war tot, und ihre
Leiche diente ästhetischen Zwecken.
Um dem Mann neben mir zu gefallen.
Der Schrecken, der mich eigentlich in dieser Situation befallen sollte, wurde schnell durch die Blutsbande besänftigt.
Obgleich Cyrus mir Schlimmes angetan hatte, schien es mir absurd zu denken, er könne es jemals wieder tun. Ich ertappte mich dabei, dass ich mir wünschte, ihn zu berühren. Ich hatte Sehnsucht nach der Sicherheit, die mir eine Berührung von ihm gab, aber ich unterdrückte dieses Verlangen.
Er ist ein Monster. Ein Mörder. Du weißt es doch besser. Danke, Clarence, das war alles", sagte Cyrus mit einem höflichen Kopfnicken.
Der Butler und die Wachen verschwanden. Cyrus stand auf und nahm mein Glas. Dann hob er den Arm des Mädchens an und zog mit einer kurzen Bewegung seine messerscharfen Fingernägel über ihr Handgelenk. Aus der Wunde trat dunkelrotes Blut hervor. Sie konnte noch nicht lange tot sein.
Die ruhige, sachliche Art und Weise, wie er mit der Leiche umging, vermittelte mir den Eindruck, es sei vollkommen normal, sich von einem toten Körper zu ernähren. Ich hörte auf, mich ständig zu ermahnen, das alles hier schrecklich zu finden - was würde es mir nützen? -, und konzentrierte mich stattdessen lieber auf die Fragen, die ich ihm stellen wollte.
Als Nächstes schenkte er sich ein Glas ein und schnupperte daran. Er atmete den Duft tief ein. Ich rührte mein Glas nicht an, aber das schien ihm nichts auszumachen.
„Nun, worüber hatten wir gerade gesprochen?", frage er mich, nachdem er sich wieder gesetzt hatte.Du erwähntest Leyla. Aber was mich interessiert: Hast du meine Gedanken gelesen?"

Meine erste Verwandlung Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt