Es ist jetzt 7 Uhr am Montagmorgen und ich bin schon seit einer halben Stunde wach. Ich will heute schließlich gut aussehen.
Ich habe mir die Haare geglättet und mich etwas geschminkt. Es bleibt leider keine Zeit zum Frühstücken, obwohl ich tatsächlich sehr hungrig bin und ich gestern nicht mehr viel herunterbekommen habe.
Als ich auf dem Parkplatz der Schule stehe, bin ich verdammt froh, dass meine Eltern gestern noch mein Auto von der Schule abgeholt haben. Ich musste mir zwar eine Geschichte ohne Alkohol ausdenken, warum ich es stehen gelassen habe. Aber anscheinend bin ich überzeugend genug gewesen.
Ich atme ein paar Mal tief ein und aus, bevor ich beschließe, in den Unterricht zu gehen. Ich habe vor allem Angst vor der heutigen Mathestunde.Die Stunden vor Mathe vergehen leider wie im Flug und schon ist es soweit.
Heute bin ich extra pünktlich da, sodass ich die Erste im Klassenzimmer bin. So bald wollte ich auch nicht dran sein. Hoffentlich verspätet Mr. Lancaster sich auch, weil das könnte ich gerade echt nicht gebrauchen.
Mein Leben ist gegen mich, denn im nächsten Moment kommt er auch schon zur Tür hinein und legt seine Tasche auf das Pult vor sich.
Als er hochschaut und mich sieht, erschrickt er. "Ms Almond, Sie sind heute aber sehr früh dran", sagt er, während er seine Utensilien aus der Tasche holt.
"Es geschehen noch Zeichen und Wunder", gebe ich nur von mir.
"Wenn Sie schon mal hier sind und noch kein Anderer hier ist, sprechen wir darüber, was am Samstag passiert ist." Jetzt kommt er auf meinen Tisch zugelaufen und lehnt sich auf dem Stuhl vor mir ab. "Das habe ich nicht ganz durchdacht. Wir sollten das Ganze lieber vergessen?", sagt er, obwohl der letzte Teil eher wie eine Frage klingt, als eine Aussage.
"Da haben Sie wohl recht", flüstere ich beinahe. Ich finde meine Stimme nicht. Er hat leicht Reden. Wie sollte ich jemals den besten Kuss meines Lebens vergessen? Das stellt er sich aber ziemlich leicht vor. "Gut, das hätten wir geklärt. Ich will nicht, dass Sie ein komisches Gefühl haben in meinem Unterricht." Er blickt mir wie so oft tief in meine Augen.
Der Augenblick wird unterbrochen durch Schüler, die langsam ins Klassenzimmer eintrudeln. Mr. Lancaster setzt sich sofort in Bewegung in Richtung seines Pultes.
Das war's dann wohl. Tatsächlich bin ich etwas enttäuscht, obwohl ich wusste, dass es so kommen wird. Das würde schließlich nie funktionieren. Er ist ein Lehrer und hat eine Frau. Moment.
Auf einmal werde ich wütend. Der Mistkerl hat eine Frau und dennoch mit einem anderen Mädchen rumgemacht. Das muss ich unbedingt klären, denn wenn er kein schlechtes Gewissen hat, ich habe definitiv eins.Die Mathestunde zieht sich, weil ich vor allem versuche, Josh nicht anzusehen. Ich bin verdammt wütend, dass er so ist, wie er ist.
Nach dem Unterricht warte ich bis alle Schüler gehen, doch leider erwische ich Mr. Lancaster nicht, denn im nächsten Augenblick ist er aus meinem Sichtfeld verschwunden. Verdammt.
Ich renne aus dem Zimmer raus und sehe ihn gerade noch, als er die Stufen hinuntergeht. Jetzt oder nie.
Ich laufe schnell über den Flur und erwische ihn, als er um die Ecke Richtung Lehrerzimmer biegen will. Ich greife ihn an seinem Arm und drehe ihn ruckartig zu mir herum.
Er schaut mich perplex an und sieht etwas überfordert aus, bevor er sich umschaut, ob die anderen Schüler uns nicht sehen. "Die nächste Stunde hat bereits begonnen. Also ist keine Gefahr in Sicht", sage ich augenrollend.
Mein Hand liegt nach wie vor auf seinem Arm und ich ziehe sie sofort weg, als Josh auf sie runterschaut.
Er stellt sich gerade vor mich hin und reckt sein Kinn etwas nach oben. Wieso ist er denn so heiß? Da fehlen mir glatt die Worte. "Gibt es ein Problem, Ms Almond?", fragt er monoton.
Ich verliere die Fassung und klinge etwas gereizt. "Ja, es gibt ein riesiges Problem. Ich habe Sie nicht für einen Scheißkerl gehalten, wenn ich ehrlich bin."
Ich habe meinen Lehrer gerade als Scheißkerl bezeichnet. Ich schätze, ich kann mir das nächste Nachsitzen schon mal im Kalender rot anstreichen.
Doch zu meiner Überraschung sieht er mich nur mit großen Augen an. Er wirkt sehr ruhig und gefasst. "Wie kommen Sie darauf, dass ich ein Scheißkerl bin, wie Sie es bezeichnen?"
Ich versuche, mich zu beruhigen und atme einmal tief ein und aus, bevor ich fortfahre. "Sie haben eine Frau zuhause sitzen und küssen mich? Haben Sie kein schlechtes Gewissen ihr gegenüber? Ich kenne genug Leute, die ihre Partner betrügen und es gibt nichts Schlimmeres auf dieser Welt für mich." Mir schießen die Tränen in die Augen, denn ich muss an die fast Trennung von meinen Eltern vor ein paar Jahren denken. Meine Mom hat meinen Dad mit einem anderen Mann betrogen, aber er hat es ihr verziehen. Ich verstehe ehrlich gesagt nicht, warum er das getan hat. Seitdem habe ich auch ein besseres Verhältnis zu meinem Vater.
"Es geht Sie zwar nichts an, aber meine Frau und ich sind getrennt, aber noch nicht geschieden. Also passen Sie lieber auf, wen sie als Scheißkerl betiteln." Jetzt wirkt er bedrohlich und ich sinke in mir zusammen. Ich will nicht vor ihm weinen und trockne schnell meine Tränen, bevor er sie sieht.
Leider zu spät, denn im nächsten Moment legt er eine Hand auf meine Wange und sieht mich besorgt an. "Das tut mir leid, wenn du das dachtest, aber so bin ich nicht", sagt er ruhig und ich schmiege mein Gesicht in seine Handfläche. Als ich realisiere, wie wir gerade zusammen dastehen, weiche ich einen Schritt zurück. "Nein, mir tut es leid, dass ich Sie schon wieder beleidigt habe. Ich würde ja sagen, es kommt nicht mehr vor, aber das kann ich nicht garantieren", lächle ich unschuldig.
Er kommt näher an mein Gesicht. "Irgendwie stehe ich auf die Beleidigungen aus Ihrem Mund, bambola", flüstert er mir ins Ohr und ich bekomme eine Gänsehaut. Er löst sich von mir und geht einfach.
Mal wieder stehe ich komplett verwirrt alleine da.
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Schweigsames Verlangen
RomanceFlorence genießt in ihrem Leben und auch an ihrer neuen Schule eine Menge Aufmerksamkeit vor allem von Seiten der Jungs. Sie war noch nie wirklich interessiert an irgendwelchen Bekanntschaften. Doch dann trifft sie diesen einen Typen, der sie zum Sc...