Wir schreiben das Jahr 1771.
Alisea de Marchand hat beinahe alles, was sich eine junge, adelige Frau nur wünschen kann. Zumindest glaubt man dies auf dem ersten Blick.
Sie ist jung, reich und hübsch. Und einem Grafen versprochen, den sie nicht heir...
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Nachdem ich endlich alleine bin, atme ich tief durch und versuche, das Erlebte zu vergessen. Aber jedes Mal, wenn ich die Augen schließe, sehe ich das Mädchen vor mir und wie sie über die Reling springt.
Ich halte mit Mühe und Not die Tränen zurück und reibe über meinen Unterarm, wo sie mich gebissen hat. Die Zahnabdrücke sind deutlich zu sehen und färben sich blau und rot.
Oh Gott...
Ich hebe den Kopf und starre an die Decke, aber die Tränen laufen trotzdem. Das Mädchen war noch so jung...
Es klopft an der Tür und ich wische schnell die Tränen weg. Dann öffnet sie sich und Pepin kommt herein. Er schließt sie auch wieder, aber bleibt an Tür stehen. „Hast du dich wieder etwas beruhigt?"
Ich presse kurz die Lippen aufeinander, damit ich nicht anfangen muss zu weinen. Dann drücke ich wieder mit einer Hand auf die Bisswunde. „Es ist ein Kind gestorben und du fragst mich ernsthaft, ob ich mich beruhigt habe?!"
Pepin lehnt sich gegen die Tür und seufzt auf. „Wir haben keine Kinder an Bord geholt, das zum einen und zum anderen, es sterben immer wieder Menschen. Nur, weil du das bisher nicht so mitbekommen hast, heißt es nicht, dass es nicht so ist. Hier auf dem Schiff sterben aber weit weniger als auf den Straßen." Seine Stimme wird sanfter. „Sie ist gesprungen und wollte es. Wenn du sie davon abgehalten hättest, wäre sie dennoch bei der nächsten Gelegenheit gesprungen."
„Sie war erst zwölf, höchstens dreizehn Jahre alt... Sie...! " Ich breche ab und schaue wieder bei Seite. Warum rede ich überhaupt mit ihm? Sobald ein Mädchen die erste Periode bekommen hat, gilt sie für einen Mann schon als Frau. Aber, dass sich das Mädchen immer noch als Kind fühlt, spielt für die Männer doch keine Rolle.
Meine Cousine war doch auch erst vierzehn Jahre alt, als sie verheiratet wurde.
„Genau, sie war kein Kind mehr. Wir sind Piraten. Sie kann froh sein, dass wir sie nicht getötet haben. Du hast, glaube ich, keine Vorstellung, mit wem du es gerade zu tun hast. Vermutlich hattest du einen kleinen Palast und Wachen, oder?"
Ich öffne den Mund, um zu antworten, doch die will er gar nicht, denn er redet direkt weiter: „Es geht eben nur den Adligen gut. Der Rest hat das Nachsehen. Wenn du Graf Roux geheiratet hättest, dann wäre dir sicher nie aufgefallen, wie dreckig und gemein die Welt in Wirklichkeit ist. Dir wäre es gut gegangen und ich denke, du wärst sogar ewig Jungfrau geblieben. Ich glaube kaum, dass sein schrumpeliger, alter Schwanz noch funktioniert." Nach einer kurzen Pause fügt er noch hinzu: „Warum hatte er eigentlich Interesse an dir?"
„Woher soll ich das denn wissen? Ich bin ja nur eine Frau. Mein Vater hat bloß gesagt, er hätte einiges zahlen müssen", antworte ich und füge in Gedanken hinzu: 'damit er mich endlich loswird.' Aber das konnte ich so gerade eben noch für mich behalten. Vielleicht hoffen die Piraten ja wirklich noch, mein Vater zahlt Lösegeld für mich. Aber da nun meine ganze Mitgift weg ist, wird er wohl kaum doppelt und dreifach draufzahlen.