Ich höre den Lärm der Kanonen und plötzlich geht sogar eine Erschütterung durch das Schiff! Sofort springe ich vom Bett auf, laufe zur Tür und drücke die Klinke herunter. Das Schiff wird sinken und ich muss hier runter! Ich muss von Bord springen, wenn ich leben will!
Trotzdem weiche ich von der Tür zurück, als hätte ich mich verbrannt.
Nein, Lestat wird ausrasten, wenn ich diese Kajüte verlasse. Und durch einen Treffer wird dieses Schiff schon nicht sinken. Ich höre undeutlich, dass Befehle gebellt werden und dann wird es sogar etwas ruhiger.
Verlässt die Mannschaft nun das Schiff? Nein, sie entern ein anderes Schiff! So wie sie die Vierge Marie angegriffen haben. Trotzdem gehe ich wieder zur Tür und reiße sie diesmal auf.
Ich muss hier runter! Wenn sie ein anderes Schiff angreifen, dann kann ich unbemerkt an Bord, mich dort verstecken und...
Aber ich kann Nouel nicht hier lassen!
Doch, ich muss ihn hier lassen! Ich kann ihm nur helfen, wenn ich frei bin. Und ich muss an unser Kind denken!
Ich stehe mitten im Flur, während ich in meinem Kopf ein Streitgespräch führe, das mich daran hindert, weiterzugehen.
Lestat wird Nouel umbringen, wenn er sieht, dass ich weg bin. Andererseits ist Nouel ein Druckmittel. Lestat könnte verlangen, dass ich zurück zu ihm gehe und dann...
Oh, komm schon, Alisea! Will ich jetzt wirklich weglaufen, um mich dann erpressen zu lassen?!
Ich gehe zurück in die Kajüte und kämpfe meine Angst nieder. Alles in mir schreit nach Flucht, obwohl ich Nouel nicht allein lassen will. Tränen sammeln sich in meinen Augen, während ich die Tür anstarre, als wäre sie mein schlimmster Feind.
Wenn er mich erwischt...
Ich denke an die Tage bei Ote und die Angst lähmt mich, raubt mir den Atem und ich fange an zu zittern. Sie werden mir jeden Knochen brechen ... Sie werden ...
Mein Herz rast, während ich die Angst in mir kontrolliere. Und dann höre ich die ersten Schreie. Schreie von Frauen! Jetzt laufe ich doch wieder zur Tür, reiße sie auf und trete auf den Flur. Stimmen und Schreie von Frauen, dazwischen dreckiges Gelächter der Piraten. Der Überfall ist schon vorbei! Aber vielleicht ist das andere Schiff noch nahe genug. Vielleicht schaffe ich es, das Schiff zu wechseln!
Also laufe ich den Flur entlang, renne die Treppe hoch und öffne die Tür zum Deck. Mehrere Frauen sind zusammen gepfercht und Piraten bedrohen diese mit gezogenen Waffen.
Und ich sehe Enrico, der eine Frau untersucht, während zwei dreckige Piraten sie festhalten. Er schaut ihr in den Mund und zieht dann ihren Rock hoch.
Schamesröte steigt mir ins Gesicht, weil ich weiß, dass er prüft, ob die Frau schwanger ist und ihr dafür zwischen die Beine greift. So, wie es Lestat auf der Vierge Marie bei mir tat oder Enrico später.
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Von Sklavenhändlern verschleppt
Historical FictionWir schreiben das Jahr 1771. Alisea de Marchand hat beinahe alles, was sich eine junge, adelige Frau nur wünschen kann. Zumindest glaubt man dies auf dem ersten Blick. Sie ist jung, reich und hübsch. Und einem Grafen versprochen, den sie nicht heir...