Kopfschmerzen hämmern hinter meiner Stirn, als ich wach werde und langsam die Augen öffne. Es ist dunkel und ich will mich auf die Seite drehen. Allerdings kann ich mich nicht bewegen. Weitere Schmerzen kommen hinzu und ich erinnere mich daran, dass meine Füße aufgeschnitten wurden. Oder wurden mir die Zehen abgeschnitten?
Panik steigt in mir auf und ich will mich bewegen. Aber das ist unmöglich. Ich liege auf dem Bauch und meine Arme und Beine sind ausgestreckt und in schweren Fesseln. Nicht mal schreien kann ich, weil mein Mund geknebelt ist. Trotzdem schreie ich. Aber sie werden durch den Knebel geschluckt.
Heiße, bittere Tränen brennen in meinen Augen, als mir klar wird, dass ich wieder an Bord dieses elenden Piratenschiffes sein muss. Immerhin habe ich die Stimme von Enrico gehört, als ich gefoltert wurde. Und Ote hielt meinen Mund zu, damit ich nicht schreie! Ich fange an zu weinen, denn ich wünsche mir im Stillen, ich wäre einen schnellen Tod gestorben, wie Nouel ihn hatte.
Nouel! Ich werde ihn nie wieder sehen! Er ist tot, nur weil ich dieses Abenteuer wollte! Voller Verzweiflung, Wut und Trauer schreie ich in den Knebel hinein und wünschte, ich wäre an Stelle von Nouel gestorben. Denn es ist meine Schuld, dass er gestorben ist. Nur meine Schuld!
...
Ich muss irgendwann eingeschlafen sein, denn ich werde wieder wach, als sich jemand an meinen Füßen zu schaffen macht. Sofort fange ich an zu zappeln. Aber der Fuß ist immer noch in Ketten und er wird zudem noch gnadenlos festgehalten.
„Halte still!", höre ich die Stimme von Enrico. „Ich will nur den Verband wechseln."
Diese Schweine! Sie wollen mich langsam sterben lassen, indem sie die Wunden, die sie mir zufügen, noch behandeln und versorgen! Mir hätte klar sein müssen, dass Lestat mich qualvoll sterben lässt. Er will immer noch mit mir spielen, aber nun kann er seine sadistische Seite voll und ganz ausleben.
Nachdem Enrico fertig ist, nimmt er mir den Knebel aus dem Mund und hebt meinen Kopf etwas an. Dann spüre ich, dass er mir einen Becher an die Lippen hält. „Hier, trink etwas Wasser."
Im ersten Moment öffne ich sofort den Mund, aber kaum spüre ich die kalte Flüssigkeit auf meiner Zunge, spucke ich sie wieder aus.
„Es ist nicht vergiftet." Der Arzt nimmt den Becher und trinkt selbst einen Schluck. Dann hält er mir den Becher wieder an die Lippen. Aber ich öffne sie diesmal nicht.
Wenn Lestat mich über mehrere Wochen hinweg foltern will, dann sterbe ich lieber durch Wassermangel. Das geht schneller. Auch, wenn es Selbstmord ist und ich dadurch in die Hölle komme. Aber an einen barmherzigen Gott glaube ich eh nicht mehr. Nicht, wenn er zugelassen hat, dass ich dieses Schicksal erleiden muss. Mir wurde alles genommen, was mir je wichtig war. Meine Mutter, meine Freiheit, Nouel...
„Du musst etwas trinken, Alisea." Wieder legt er den Becher an meine Lippen, aber ich presse sie fest zusammen. Ich werde nichts trinken!
Selbst Enrico merkt es wohl, denn er lässt seufzend von mir ab. Er stopft mir wieder den Knebel in denMund und erhebt sich dann. Ich spüre allerdings, dass er noch eine Decke über mich legt, bevor ich die Zellentür quietschen höre.
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Von Sklavenhändlern verschleppt
Ficción históricaWir schreiben das Jahr 1771. Alisea de Marchand hat beinahe alles, was sich eine junge, adelige Frau nur wünschen kann. Zumindest glaubt man dies auf dem ersten Blick. Sie ist jung, reich und hübsch. Und einem Grafen versprochen, den sie nicht heir...