Der Aart-Priester gab die Nachricht an seine Leibwächter weiter — er formulierte es nicht als Befehl, mehr als Bitte.
»Für das Dorf und seinen Frieden«, sagte er. »Wir müssen es versuchen. Ich habe den Cruoren in meinen Vsionen gesehen. Ich bin überzeugt, dass er dazu in der Lage ist.«
Rhun währenddessen stand daneben — deutlich beschämt. Er murmelte Chase etwas zu, das Dolunay zu gern verstanden hätte.
Sie warteten lang auf dem Marktplatz, dort, wo ihre Gruppe dem Priester urpsrünglich begegnet war.
»Ich fasse es nicht, dass die uns wirklich helfen werden«, bemerkte Kenga.
»Die Aart können anderen vergeben«, sagte Dolunay — auch, wenn sie selbst wusste, wie nachtragend ihresgleichen sein konnte.
»Und sie sind normalerweise friedlich«, gab Kenga zurück. »Man sollte annehmen, sie sprechen sich gegen diese Art von Gewalt aus.«
»Die traditionellen Wege haben sich scheinbar verändert«, flüsterte sie.
»Ich bin froh, dass du Leute gefunden hast, die dich aufnehmen«.
»Danke dir. Ich hoffe, auch für dich wird sich die Situation mit deiner Familie zum besseren wenden«
Chase saß mit Abstand zu den anderen auf einem Fass. Es war noch immer ungewohnt, ihn mit einer neuen Pfeife zu sehen — die alte hatte ihn jahrelang durch Brus begleitet.
Seine Knie hatte er angezogen, hielt den Kopf schief und suchte die Häuser nach Gefahren ab.Dolunay rutschte zu ihm. »Es ist schön, dich zu sehen. Ich bin froh, dass dir nichts passiert ist.«
Er antwortete, während er den Qualm ausstieß: »Ich bin selbst verwundert, wie ich das alles unbeschadet überleben konnte. Sonst ziehe ich das Unglück doch immer an.«
»Vielleicht magst du körperlich unbeschadet sein, aber ich bezweifle, dass du es wirklich komplett bist.«
»Wer definiert schon Unbeschadenheit? Ist halt für jeden anders. Während die einen innerlich sterben und sich unbeschadet bezeichnen, leben die anderen ihr Leben in Wohlbehagen.«
Sie lehnte sich an seine Schulter, nahm ihm die Pfeife aus der Hand. »Du machst mit? Du begleitest die anderen nach Brus?«
»Ich werde dich nicht allein da hingehen lassen.«
»Woher willst du wissen, dass ich Veu Rhun begleiten möchte?«
»Weil du dich über Gute Taten definierst«, sagte er heiser. »Und ich kenne dich lang genug, um zu wissen, was du unter guten Taten definierst.«
»Selbst, wenn es bedeutet einen Cruoren zu unterstützen?« Das war eine Frage, die sie sich selbst stellen müsste — sie kannte die Antwort tatsächlich nicht.
»Selbst, wenn es bedeutet, dein Leben aufs Spiel zu setzen, um Hoffnung auf eine Zukunft zu haben.«
»Du kommst doch nicht ausschließlich mit, weil du mich beschützen willst«, antwortete Dolunay. »Brus ist deine Folterstätte, aber auch dein Herzschlag. Du hast dir immerhin dort einen Namen gemacht.«
»Der hat keine Bedeutung, wenn die Stadt tot ist.«
»Aber du wirst in jeder Fuge nach etwas Vertrautem suchen. Das weiß ich.«
Chase streckte seine Hand zu ihr aus, um die Pfeife abzunehmen. »Krieg' ich die auch irgendwann mal wieder?«
Dolunay ließ ihren Blick schweifen, bis sie den kleinen Jungen sah, der einst zu dem Cruoren gehört hatte. Er lief geradlinig auf sie zu — lächelte verschmitzt, als würde er etwas zu verbergen haben.
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Seele eines Cruors
Fantasy»Für die, die leben, ist der Tod nicht greifbar!« Der Untergang von Brus hat Existenzen zerstört. Flüchtlinge verteilen sich in den umliegenden Dörfern, kriminelle Gruppen bilden sich und die Hafenmetropole wird zum Brennpunkt des Schreckens. Chase...