Erbe eines Cruors

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Die Welt fand im Sommer zu neuem Leben.
Abgesehen von den Schatten der Vergangenheit, fürchteten die Menschen die Dunkelheit nicht mehr.

Die Hafenstadt Brus trat von der Industrie zurück und widmete sich dem Handwerk. Sobald der Krieg des Westens als verloren galt, kamen die geschundenen Seelen zurück und bauten die Häuser auf. Sie ließen es sich nicht nehmen, eine Cruoren-Statue zu errichten, die zwischen den Häusern in den Himmel emporkroch. Symbolisch thronte der Mann mit den Hirschhörnern im Regierungsviertel, so, dass man ihn von jedem Fenster auf dem Platz sah. Es war ein Mahnmal, dem man nicht entgehen konnte, mit der eindeutigen Botschaft: Wir sind Schuld, weil wir nicht fühlen.

Die Cruoren waren im Leben präsent, doch Veu Turem — vorerst erst heimlich — hatte eine Behandlung angeboten, die ihnen die Menschlichkeit zurückbrachte. Er und Seel hatten die Praxis umgewandelt, um ihresgleichen zu behandeln. Auch ein Cruoren-Kind war an ihrer Seite.

Harding war nach Brus zurückgekehrt und lebte ein Leben in Unvernunft, wie man es von ihm erwartete. Der Nachtschwärmer und die Formwandlerin waren noch an seiner Seite. Kenga und Scarlett waren bei seiner Familie untergekommen.

Dolunay und Chase hatten einen schweren Abschied hinter sich, als sie sich entschieden hatte, bei dem Priester zu bleiben. Dieser war dabei, eine neue Siedlung zu errichten, die sich nach den neuen Aart-Prinzipien richtete. Die Siedlung befand sich an einem geheimen Ort, in Entfernung zu Brus, an einer verlassenen Stätte.

Die Welt fand zwar ihr Gleichgewicht nicht — und die Menschen waren sich nicht bewusst, wie viel ihr Leben wert war — doch immerhin kamen die Gefahren aus den Inneren Reihen. Chase beispielsweise war noch immer ein Dieb und hatte es sich nicht abgewöhnen können, Cruoren-Witze zu reißen.

Der wirtschaftliche Wandel würde noch die nächsten Jahre kein Wunder erleben; doch es genügte. Die Menschen hatten andere Probleme und der große Riss, der sich durch Brus zog, musste ohnehin erst geschlossen werden, ehe die Hafenstadt eine Touristenattraktion sein könnte.

Zorns Adoptivsohn hatte sich am Ende des Frühlings endlich für einen Namen entscheiden können, welcher betonbar anständig war: Nuhr.

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