»Was schlagen Sie denn vor, was ich tun sollte, Veu Turem?«, fragte Rhun — schaute allerdings aus dem Fenster des kleinen Cafés, in dem sie saßen. Laut Öffnungszeiten war der Laden längst geschlossen, doch die Eigentümer haben sie freundlich empfangen, sobald sie die Cruoren gesehen hatten.
Angst und Respekt vor Cruoren bestand scheinbar auch außerhalb von Brus.
Das Ehepaar hatte sich im Nebenraum versteckt und sie mit dem Gebäck allein gelassen.
»Das kann ich Ihnen nicht sagen, befürchte ich.«
»Ich kann nicht plötzlich Wachmännern befehlen, mich nach Brus begleiten. Sie würden mich für verrückt halten, wenn ich denen erzähle, dass ich mit Monstern kommunizieren kann. Und selbst wenn sie mir glauben... die anderen Cruoren würden verbieten, dass ich nach Brus zurückkehre, um dort mit ihnen zu verhandeln.«
»Dann müssen Sie es inoffiziell machen«, sagte Turem -- als sei das eine Leichtigkeit. Der Arzt betrachtete die Kerze, die auf dem Tisch stand und ungewöhnlich schnell herunterbrannte. »Fakt ist, dass wir alles tun müssen, um die Monster zu vertreiben... Auf die ein oder andere Art. Das steht in unserer Pflicht.«
Seel hatte kaum mehr gesprochen, nun aber lehnte sich die Frau auf dem Tisch vor — eine Tasse in beiden Händen. »Turem, bei allem Respekt, du hängst deinen tollkühnen Büchern an. Das hier ist die Realität. Ohne Erlaubnis der anderen Cruoren, und ohne komplette Transparenz, sollten wir nichts tun.«
»Ich muss ehrlich gestehen, dass ich das auch so sehe«, gab Rhun hinzu. Sie sollten sich nicht einmal wagen, die anderen Cruoren zu täuschen. »Es gibt zu viel, dass ich tun muss, um nach Brus zu gelangen. Ich brauche Wächter, um durch die Stadt zu kommen. Vorher muss ich ein Schiff betreten, das zurückfährt. Ich wäre tagelang auf Reise, erneut. In der Zwischenzeit braucht Weyfris jemanden, der sich um die Geschehnisse hier kümmert.« Und der es auch tun würde, wenn Rhun nicht lebendig zurückkehren sollte.
Er wollte nicht sterben.
Seel ließ keine Sekunde verstreichen, bevor sie fragte: »Haben Sie aktuell einen Assistenten?«
Der ist inkompetent. »Veu Drahl kommt frisch aus der Universität. Es wäre eine Zumutung für ihn.«
»Wir mussten auch sofort arbeiten, sobald wir die Universität verlassen haben.«
»Seel«, unterbrach Turem. »Das ist ein anderes Thema. Damals gab es keine Katastrophe.«
Rhun erklärte ruhig: »Veu Drahl ist noch mein Assistent, so, wie ich es jahrelang für Zorn war, um Erfahrungen zu sammeln. Theoretisch könnte ich mich damit abfinden, dass er Weyfris überwacht. Aber wir brauchen nichtsdestotrotz Wächter, damit ich es lebendig zum Regierungsviertel schaffe. Wenn es so läuft, wie ich es mir erhoffe, wird die Reise weniger als eine Stunde dauern. Dafür muss ich den Hintereingang von Brus nehmen.«
Die Frage war lediglich, ob sie Brus auch tagsüber betreten konnten. Nicht umsonst gab es diese surreale, violette Kuppel, die die Hafenstadt vor dem Sonnenlicht verbarg.
Vielleicht sollte er die Monster fragen, was es damit auf sich hatte.
»Das ganze«, fuhr Rhun fort. »Ist viel zu umständlich. Ich müsste mich vor Dutzenden Cruoren erklären, nur um erneut bloßgestellt zu werden. Es wäre theoretisch natürlich einfacher, wenn ich heimlich gehe...«
Seel und Turem sahen sich lang an. Der Arzt war der erste, der den Blickkontakt abbrach, um wieder zur Kerze zu schauen. »Genau so sehe ich das auch. Dann würden Sie jedoch wieder etwas verbotenes tun. So wie in Brus auch schon, als Sie die Verbrecher aus dem Verhör befreit haben.«
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Seele eines Cruors
Fantasia»Für die, die leben, ist der Tod nicht greifbar!« Der Untergang von Brus hat Existenzen zerstört. Flüchtlinge verteilen sich in den umliegenden Dörfern, kriminelle Gruppen bilden sich und die Hafenmetropole wird zum Brennpunkt des Schreckens. Chase...