»Guten Tag, ich bin Dr. Paisley. Ich bin ab heute deine begleitende Psychiaterin und werde dich jeden Tag besuchen, um mit dir zu reden. Aber nicht nur über irgendetwas, wir werden über dich reden. Ist das nicht spannend?«, stellte sich die Frau im mittleren Alter vor. Ja, sehr spannend. Hörte man die Ironie darin?
Die Frau gegenüber von mir hatte ihr Haar zu einem lockeren Dutt hochgesteckt. Ein paar graue Strähnen hingen locker herunter. Ihr Gesicht war schmal, um ihren Mund herum waren Lachfalten, was zeigte, dass sie ein fröhlicher Mensch war. Es war seltsam wenn man bedachte, dass sie mit psychisch Gestörten abhing.
Sie öffnete ein grünes Notizbuch. Es sah dick aus, als ob es bereit wäre, mit Informationen über mich gefüllt zu werden. Meine persönliche Doktorin wartete darauf, dass ich zu reden begann. Doch ich sagte nichts. Ich blieb stumm und saß einfach nur auf dem schwarzen Sessel gegenüber der mir unbekannten Frau.
»Du bist also Aella. Ich habe schon einiges über dich gehört.« Wahrscheinlich nur Negatives, denn das verbreitet sich besser als gute Neuigkeiten. Wenn es überhaupt welche gab.
Ich musste über den Gedanken lachend schnauben, weshalb Dr. Paisley mir gegenüber die Stirn runzelte. Jetzt dachte sie erst recht, dass ich verrückt war. Aber das interessierte mich nicht.
»Sie sind Psychiaterin. Können Sie mir nicht einfach etwas verschreiben und gehen? Das macht es für beide Seiten nur leichter. Keine Sorge, ich verrate nichts und Sie können einfach Ihr Gehalt erhalten und sich mit dem beschäftigen, was Sie eigentlich machen wollen«, meinte ich schroff und ohne ihr einen weiteren Blick zu schenken.
Ein kurzer Schauer erwischte mich und ich begann am ganzen Körper zu zittern. Ich grub mich tiefer in meine Strickjacke, aber mir wurde trotzdem nicht warm und behaglich. Mir war so kalt. Innerlich fühlte ich mich wie ein Eisblock.
Die Frau gegenüber von mir lächelte mich einfach nur an und notierte etwas. Ich muss wohl ein seltenes Forschungsexemplar sein, dass sie innerhalb der ersten Sekunden schon Daten sammelte. Bin ich so spannend? Gibt es wirklich etwas an mir, was erwähnenswert ist? Alles Wichtige hat sie bestimmt schon von anderen erfahren... immer von anderen.
»Nein, das werde ich nicht tun. Ich möchte mich nämlich mit dir beschäftigen.« Ja, weil sie dafür bezahlt werden. Wie würde es sein, wenn dem nicht so wäre? Dann würden Sie sicherlich genauso wie alle anderen einen großen Bogen um mich machen. Freundlichkeit ist käuflich. Vieles ist käuflich. Sei es mit Geld oder Macht.
Ich stand unaufgefordert auf. »Ich glaube, wir sind hier fertig. Nette Sitzung«, meinte ich und ging mit wackeligen Beinen an ihr vorbei. Mir war gleichgültig, was sie von mir hielt. Ich musste gar nichts. Besonders nicht mit einer völlig Fremden sprechen.
»Moment«, sagte Dr. Paisley, als sie mich aufhielt, aber ich hörte nicht und ging weiter. Zwei Sicherheitsmänner kamen auf mich zu, nachdem sie ein Handzeichen von ihr erhalten hatten, und hielten mich fest. Die Ärztin stand auf, näherte sich mir und drückte meinen Mund auf. Danach roch sie daran.
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More Than Me - Cardell Academy II (German)
Teen FictionWar ich schon immer ihre letzte Wahl? Wieso reicht es mir nicht mehr aus, die letzte Wahl zu sein? Ich will der Erste sein. Der verdammte ERSTE. -•-•-•-•-•-•-•-•-•-•-•-•-•-•-•-•-•-• Ich kann nicht mehr... ›Ich hoffe du erstickst an all deinen Lügen...