Briefe an euch

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An meinen großen Bruder Blaze 

Es tut mir leid, Blaze.

Ich würde ungern mit einer Entschuldigung beginnen, aber ich bin es dir schuldig.

Ich weiß, dass du ungern liest, aber du wirst es dennoch tun müssen, Bruderherz.

Du wirst wahrscheinlich ungläubig auf den Brief schauen, dich fragen, warum ich es dir nicht einfach persönlich sage, und warum ich nicht dabei sein will, wenn du den Umschlag öffnest. Sei nicht sauer auf mich. Oder anders ausgedrückt, bitte nimm es mir nicht übel.

Ich will dich zu nichts nötigen.

Ich denke, du würdest mich spätestens an diesem Punkt in deinen Armen einfach zerquetschen wollen. Ich hätte nichts dagegen.

Du fehlst mir. Du hast mir die ganze Zeit gefehlt.

Ich konnte mich an vieles erinnern. Weißt du noch, als wir damals so getan haben, als wären wir Spione? Wir hatten Walkie-Talkies und haben etwas in Alyssias Zimmer gesucht. Ich weiß wirklich nicht mehr, was es war.

Es ist schade, dass die Walkie-Talkies kaputt gegangen sind, nachdem uns deine Schwester erwischt hat und die Geräte im hohen Bogen durch den Raum geflogen sind.

Scheinbar sind die Mängel seitdem geblieben, denn auch nachdem die Geräte eine kurze Zeit funktioniert hatten, waren sie nicht reparabel. Selbst unsere eigenen Reparaturversuche haben nichts genutzt, wenn man das einfache Draufklopfen als solche bezeichnen kann.

Ich weiß, die Erinnerung ist total aus dem Zusammenhang gerissen. Aber irgendwie fühle ich mich wie die Walkie-Talkies.

—Ich habe den Faden verloren.—

Manchmal hatte ich das Gefühl, dass du plötzlich auftauchen würdest, als hättest du einfach spontan beschlossen vorbeizukommen. Wie in alten Zeiten, als du aufgeregt geklingelt hast, um mir von deinen verrückten Träumen zu erzählen. Wir hätten dann versucht, deine Ideen auf eine abenteuerliche und verrückte Art umzusetzen. Manchmal auch ganz schön gefährliche Dinge.

Das wäre lustig gewesen...

...aber so ist es nicht.

So schwer es auch ist, Bruderherz, ich brauche weiterhin noch Zeit. Ich mag zwar wieder da sein, aber ich komme nicht mehr ›auf meiner Basis‹ klar. Ich bin nicht mehr wer ich zuvor war und ich weiß auch nicht, ob ich wieder so sein werde.

Wenn ich nicht richtig ansprechbar oder abwesend bin, ignoriere ich dich nicht. Ich kämpfe nur mit mir selbst und meinen Gefühlen.

Ich hoffe, dass du das verstehst.

Du solltest als großer Bruder dennoch sauer auf mich sein. Du kannst mich auch so fest in deiner Umarmung halten, dass ich blau anlaufe.

Das war übrigens ein gemeiner Witz von mir. Ein schlechter Witz, aber ein Witz.

Hoffentlich können wir bald wieder gemeinsam lachen, ohne uns über jede Kleinigkeit Sorgen zu machen. Ich versuche die beste kleine Schwester der Welt zu sein.


Mit großen Wünschen, frisch aus der Privatklapse entlassen.

Deine kleine Schwester Ale



An Brea, der kleine Lutschbonbon

Hast du jemals gedacht, dass ich dir einen Brief schreiben würde? Total old school.

Ich weiß nicht, ob du dich darüber freuen würdest zu erfahren, dass ich jetzt einer von denen bin, die ein Tagebuch führen. Auch wenn es für mich gerade eher eine Pflicht ist. Mein Tagebuch führen wurde von meiner Quarantäne inspiriert. Ja genau, ich war in einer Art Isolationshaft.

More Than Me - Cardell Academy II (German)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt