War ich schon immer ihre letzte Wahl? Wieso reicht es mir nicht mehr aus, die letzte Wahl zu sein? Ich will der Erste sein. Der verdammte ERSTE.
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Ich kann nicht mehr...
›Ich hoffe du erstickst an all deinen Lügen...
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Etwas nach Aellas Therapie
Dass die Kleine erst nach all dieser Zeit mit dieser Frage herausrückte, grenzte aufgrund ihrer Neugier schon an ein Wunder. Ich hätte viel früher damit gerechnet, wahrscheinlich als sie noch ein kleiner Giftzwerg war.
»Kleines, wo sind deine Gedanken gerade?«, fragte ich Aella, die seit ihrer Behandlung wieder bei mir war. Sie schien manchmal immer noch nicht ganz bei sich zu sein. Das konnte ich an ihrem verlorenen Blick und den von Wind zerzausten Haaren erkennen.
Sie zuckte zusammen und versuchte, ihre Haare mit den Fingern einigermaßen zu richten. Ich hatte sie schon viel schlimmer erlebt, zum Beispiel wie eine halbe Obdachlose. Ich hatte Angst, Läuse zu bekommen, was ich seit ihrer Kindheit nicht mehr hatte.
Sie war schon immer wild und schreckte vor nichts zurück, nicht einmal vor Brennnesseln.
»Nirgends, bin ich wieder weg gewesen?l«, antwortete sie schmunzelnd. Manchmal bemerkte sie es gar nicht, wenn sie nicht ansprechbar war. Ich nahm sie mit nach drinnen, für den Fall, dass ihr nicht auffiel, dass sie draußen ihre Zehen abfror.
Wir ließen uns beide in unsere Sessel im Wintergarten sinken, dort wo ihr blonder Freund vor Liebeskummer noch vor einigen Wochen Trübsal geblasen hatte.
Ich deckte meine kleine Wilde zu, und auch sie mich. Manchmal imitierten wir uns gegenseitig, oder wir waren uns einfach zu verdammt ähnlich in diesem makabren Leben. Meine Gelenke schmerzten, da die Temperaturen langsam zu sinken begannen.
»Mervlyn.« Meinen Namen von ihr zu hören, war nach ihren langen ausbleibenden Besuchen nicht ganz neu, aber auch nicht mehr vertraut. Etwas Melancholisches schwang in Aellas Stimme mit. Ich sah die junge Frau an und hatte immer noch das Gefühl, dass das kleine Mädchen neben mir saß. In meinen Augen würde sie wohl immer ein kleines Kind bleiben. Die Tochter sein, die sich mein Ehemann immer gewünscht hatte. Die Tochter, die mir, warum auch immer, mehr ähnelte als ihm.
»Ja, Aella«, antwortete ich ihr. Ihre verschiedenen Augenfarben hätten Jonathan immer wieder fasziniert und er hätte ihr ständig Kleidchen gekauft, die sie dann sofort zerrissen hätte. Sie wäre zu den Rosenbüschen gelaufen, hätte sich anstatt der Blume eine Schnecke geschnappt und wäre dabei im Gebüsch hängen geblieben.
Die Verrückte ist schließlich doch in der Anstalt gelandet. Ich hatte auch mal meine eigene. Es fühlte sich an, als würde ich meine Vergangenheit immer wieder vor mir sehen.
»Warum magst du Pflanzen?«, wollte Aella das erste Mal wissen. Nach ihren Einbrüchen und Verwüstungen meines Gartens hörte ich die Frage tatsächlich ganz frisch. Ich konnte nicht anders, als mir mein zuckendes Mundwinkel nicht ganz geschickt zu verstecken. Meine Muskeln waren nicht mehr so leicht zu kontrollieren, wie damals, als ich jünger war.
»Ich wollte dir nicht zu nahe treten. Es tut mir leid«, entschuldigte sich das Mädchen neben mir. Ich ließ meine Tasse sinken und legte meine Hand auf ihre, um sie sanft zu tätscheln.