»Und?«, fragte Belfonso interessiert, kaum, dass sie die Wäscherei wieder betreten hatte. »Wo sind die neuen Sachen?«
»Hiljo verkauft uns keine Kleider mehr«, sagte Vinja mit trockenem Mund.
»Dieser Hund, hab ich es dir nicht gesagt?« Rigund schlug mit der Faust in ihre flache Hand. »Es war klar, dass er nicht den Mumm haben würde.«
Belfonso kratzte sich am Kinn.
»Wir werden uns einen neuen Stoffhändler suchen müssen.«
Rigund nickte. »Wir könnten es auf dem großen Markt versuchen.«
Belfonso schüttelte den Kopf. »Möglich, dass es klappt, aber der große Markt steht unter der Aufsicht der Handelsgilde. Sicher wird man versuchen, uns auch dort Schwierigkeiten zu machen.«
Vinja schaute von Belfonso zu Rigund, aber ihre Eltern beachteten sie nicht weiter. Beide schienen sich ausschließlich mit der Frage zu beschäftigen, bei welchem Händler sie in Zukunft einkaufen würden. Wie sie sich fühlte, schien ihnen völlig egal zu sein. Warum um alles in der Welt sperrten sich die beiden so, in die Gilde einzutreten? Um wie viel Geld ging es bei der Frage, ob es sinnvoll war oder nicht? Oder ging es ihren Eltern nur darum, ihren Willen durchzusetzen? Vinja beschloss, zu fragen.
»Wieso treten wir nicht einfach der Gilde bei?«
Mit Absicht hatte sie »wir« gesagt, auch wenn sie sich eigentlich nicht mit einschloss. Aber es war wahrscheinlicher, eine sinnvolle Antwort zu bekommen, wenn sie die Frage als Ausdruck eines gemeinsamen Interesses stellte. Rigund und Belfonso starrten sie überrascht an. Für einen Moment fragte sich Vinja, was sie mehr überraschte: Dass sie noch hier stand, oder, dass sie es gewagt hatte, eine Frage zu stellen. Vinja sah, wie Rigund zu einer giftigen Antwort ansetzte, aber Belfonso kam ihr zuvor.
»Vinja, Liebes, schön, dass du dich dafür interessierst, aber ich glaube nicht, dass du es verstehen würdest.«
Er schüttelte den Kopf, als wäre die Frage damit ausreichend beantwortet. So leicht wollte Vinja sich jedoch nicht geschlagen geben.
»Vielleicht ja doch!«, sagte sie schnell, bevor Belfonso sich wieder von ihr abwandte. Belfonso lächelte sie an, als hätte ein Kleinkind darum gebeten, man möge ihm erklären, wie man ein Schloss baut.
»Ich denke nicht. Es geht um Geld, Vinja, aber nicht nur! Es geht auch darum, dass man nicht die falschen Leute über sich bestimmen lässt. Schau«, er machte eine ausladende Geste mit seinen Armen, »in ganz Ijaria gibt es keine einzige Wäscherei, verstehst du? Keine einzige!«
Sicher verstand Vinja das. Hielt ihr Vater sie etwa für dumm? Schließlich waren sie deswegen überhaupt nach Ijaria gezogen und was um alles in der Welt sollte daran nicht verständlich sein? Ungeduldig nickte sie. Belfonso fuhr fort: »Wir müssten in die Gilde der Bader und Seifer eintreten. Aber worin auch immer diese Leute gut sein mögen, von Wäsche waschen haben sie keine Ahnung.« Er machte ein angewidertes Gesicht. »Bisher waschen sie die Wäsche abends in den öffentlichen Bädern, kannst du dir das vorstellen? Sie waschen die Wäsche in dem Wasser, in welchem den ganzen Tag Leute gebadet haben. Diese Leute wollen nicht, dass wir hier sind. Sie wollen nicht, dass wir besser sind als sie und wir sind viel besser.« Bei diesen Worten richtete sich Belfonso auf und ein stolzer Ausdruck trat auf sein Gesicht. Rigund hatte die Hände in die Hüften gestemmt und nickte zustimmend. »Und diesen Leuten sollen wir Geld dafür geben, dass wir unsere Arbeit tun dürfen? Das ergibt überhaupt keinen Sinn, findest du nicht?«
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Der Untergang Ijarias I - Die Schatten erheben sich
FantasíaEntdecke den Untergang Ijarias - Ein episches Abenteuer voller Mut, Magie und Freundschaft! Ein dunkler Schatten zieht auf über Ijaria, der prachtvollen Hauptstadt des Freien Reiches, und das Schicksal von drei jungen Helden steht auf dem Spiel. Eln...