III - Vinja (1/2)

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Die Glöckchen, welche Belfonso über der Tür befestigt hatte, klingelten leise, als Vinja die Tür öffnete und den Laden verließ. Auf der Straße angekommen, drehte sie sich um. Rigund hatte die Fenster geputzt und auch wenn sie eine Trübung ins gelbliche hatten, konnte man nun von außen in den Laden hinein sehen. Die Theke war bereits hergerichtet und aller überflüssige Plunder war in die hinteren Waschräume oder in den Keller geräumt.

Von außen sah die Wäscherei nun fast einladend aus. Einzig die Wäschemangel stand noch da, wo sie nach dem Ausladen gestanden hatte, bei welchem ihnen Mara und Unto noch geholfen hatten. Wieso haben wir sie nicht einfach direkt nach hinten geräumt, fragte sich Vinja, aber so weit hatte niemand gedacht.

Die Wäschemangel in die hinteren Waschräume zu tragen, war der nächste Schritt, den sie unternehmen mussten und dafür brauchten sie Hilfe.

Rigund und Belfonso hatten Vinja beim Frühstück damit beauftragt, in der Nachbarschaft bei den anderen Handwerkern zu fragen, ob ihnen jemand helfen würde. Vinja wollte eigentlich nicht, aber ihre Eltern waren von der Idee so überzeugt gewesen, dass ihre klägliche Widerrede nichts genutzt hatte.

Sie blickte die Straße hinunter. Es war früher Vormittag und noch nicht so heiß, wie es vermutlich im Laufe des Tages werden würde. Dazu wehte ein sanfter Wind von Osten, der eine angenehme Frische mit sich brachte.

Wo sollte sie anfangen? In ihrer Heimatstadt Halwar war es selbstverständlich, dass man sich gegenseitig aushalf, aber Vinja war sich nicht sicher, ob das auch in Ijaria der Fall sein würde.

Ein Laden ist so gut wie der andere, dachte Vinja und drehte sich zu der Bäckerei, die sie schon aus dem Dachfenster gesehen hatte. Sie hatte nur kleine Fenster, dafür aber ein schönes Schild über dem Eingang.

Vinja fasste sich ein Herz, ging über die Straße und öffnete die Tür der Bäckerei. Von drinnen roch es angenehm nach Teig und Backwaren. Mehlstaub lag in der Luft. In mehreren Regalen lagen Brote von unterschiedlicher Form und Größe.

»Guten Tag!«, kam eine Stimme aus dem hinteren Teil der Bäckerei und ein Mann, der ein weißes Hemd und über seiner braunen Leinenhose eine helle Schürze trug, machte ein paar Schritte auf sie zu. Auf dem Kopf trug er eine weiße Mütze, die seine Haare komplett bedeckte. Über seiner Oberlippe trug er einen dünnen Schnurrbart.

»Was kann ich für dich tun?«, fragte er freundlich.

»Ich bin Vinja, meine Eltern betreiben die Wäscherei auf der Straße gegenüber.«

»Ah, eine Wäscherei wird das also«, sagte der Mann, »Ich habe mich schon gefragt, was da wohl reinkommt. Willst du ein Brot kaufen?«

Vinja schüttelte den Kopf.

»Nein, meine Eltern schicken mich, weil wir Hilfe brauchen, eines unserer Arbeitsgeräte umzustellen.«

»Arbeitsgeräte umstellen, soso!«, sagte der Mann. Er drehte sich um und warf einen Blick in einen dunklen Durchgang hinter der Ladentheke.

»Nicko!«, rief er laut und dann nach einer kurzen Pause noch einmal. »Nicko!«

Es dauerte nicht lange, da erschien ein Junge in Vinjas Alter in der Öffnung. Er war dick und hatte ein rotes Gesicht. Es war der Junge, den Vinja schon vom Dachfenster aus gesehen hatte.

»Ja?«, fragte er außer Atem.

Der Mann drehte sich zu Vinja.

»Das ist mein Sohn Nicko.«

»Hallo«, begrüßte Vinja den Jungen, der sie verlegen angrinste.

»Das ist Vinja, ihre Eltern brauchen kurz deine Hilfe, geh mit ihr rüber.« Die Stimme des Bäckers war streng.

Der Untergang Ijarias I - Die Schatten erheben sichWo Geschichten leben. Entdecke jetzt