VI - Jorian (4/6)

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Der Ruf einer Eule war es, der Jorian aus seinen nächtlichen Gedanken zurück in die Gegenwart holte. Er lag noch immer im Bett. Stumm lauschte er in die Dunkelheit seines Zimmers und der Nacht, dann seufzte er, schloss abermals die Augen und verfiel in eine Art Halbschlaf, der wenig erholsam war.

Als schließlich der Morgen herandämmerte, war Jorian fast froh, einen Grund zu haben, sein Bett zu verlassen, auch wenn er innerlich aufgewühlt und gleichzeitig immer noch müde war.

Er machte sich auf in den Gästesaal, um etwas zu frühstücken. Oft war er alleine hier, abgesehen von einem Bediensteten, der ihm etwas zu essen und zu trinken brachte. Nur manchmal saß einer der anderen Gäste hier. Die meisten beachteten Jorian gar nicht und schienen nicht einmal zu bemerken, dass er da war. Auch heute war er allein. Er aß Brot und Käse und trank Kaffee dazu. Der Kaffee war stark und heiß und nachdem er ihn getrunken hatte, fühlte er sich besser. Er beschloss, direkt mit seiner Arbeit zu beginnen, und machte sich auf den Weg, seine Unterlagen zu holen.

Jorian hatte begonnen, eine Karte der Bibliothek anzufertigen. Das war nicht einfach, denn es gab viele Regale und Gänge und es war nicht immer eindeutig, in welchem Winkel sie zueinander standen. Nicht zuletzt dieser Umstand machte die Bibliothek so verwirrend. Auch wenn eine Regalseite im rechten Winkel zu einer anderen stand und um die Ecke führte, so waren die Regalbretter oft in einem kleinen Winkel angebracht. Man hatte zwar den spontanen Eindruck, man wäre im rechten Winkel abgebogen, tatsächlich stimmte das aber gar nicht. So konnte man schnell die Orientierung verlieren.

Selbst nachdem ihm dieser eigentümliche Umstand aufgefallen war, verlor er noch den Überblick und ob er die Gänge auf seiner Karte richtig eintrug, konnte er beim besten Willen nicht sagen. Für heute hatte er beschlossen, die bisherige Karte abzulaufen und zu überprüfen, ob er sich mit ihrer Hilfe zurechtfand. Wenn es ihm gelang, so hatte er schon einen wichtigen Teil geschafft. Zumindest sagte er sich das, damit ihm die Arbeit nicht völlig sinnlos vorkam. Denn dem Buch, das er suchte, war er gefühlt noch kein Stück näher gekommen.


Der Untergang Ijarias I - Die Schatten erheben sichWo Geschichten leben. Entdecke jetzt