Ein Diener weckte ihn.
»Wenn Ihr die Reise nach Ijaria machen wollt, dann müsst Ihr nun packen«, sagte er, während Jorian sich noch den Schlaf aus den Augen rieb und sich fragte, wo er war. Der Gedanke daran, nach Hause zurückzukehren, hatte etwas so Verlockendes, dass er jedoch schnell die Fassung fand.
Als er den durch seine Gefangenschaft heruntergekommenen Mantel in den Händen hielt, den Nikia ihm geschenkt hatte, schossen ihm mit einem Mal die Tränen in die Augen. Wo war Nikia? Er wünschte, sie wäre bei ihm. Jetzt, wo er sich erholt hatte, stürmten all die Sorgen auf ihn ein, die sich in seiner Gefangenschaft in ein Gewirr aus unsinnigen Gedanken verloren hatten. Er sah den Diener an.
»Wisst Ihr, was aus der Tochter der Coldibs geworden ist? Nikia Coldib?«
Der Diener machte ein Gesicht, als ob er in eine Zitrone gebissen hätte.
»Die Coldibs werden in Ijaria wegen Hochverrats und Verschwörung gegen die Krone angeklagt. Mehr weiß ich über ihren Verbleib nicht.«
Jorian schluckte schwer. Das durfte einfach nicht sein, Nikia durfte nicht in einem dunklen Verlies sitzen und wegen Verschwörung angeklagt werden. Dann keimte Hoffnung in ihm auf. Wenn Prinz Aik sich für ihn eingesetzt hatte, dann würde er es sicher auch für Nikia tun. Sicher wusste er, dass sie mit der Verschwörung nichts zu tun hatte.
Als der Diener sich erbot, Jorians Sachen hinunter zu einer Kutsche zu tragen, nutzte Jorian die Zeit, die Gemächer der Coldibs aufzusuchen.
Doch als er dort ankam, fand er sie leer und verlassen vor. Alles war bereits wieder so hergerichtet, dass jemand Neues hätte einziehen können. Jorian ließ den Blick durch das Zimmer wandern. Was hatte er hier finden wollen? Hatte er wirklich gehofft, Nikia wäre noch hier? Geplagt von Sorgen lief Jorian zum Hof hinunter, wo sich bereits zahlreiche Reisende versammelt hatten. Jorian war ein Platz in einer Kutsche reserviert worden, und sein Gepäck war bereits fertig zur Abreise verstaut.
»Jorian!«
Der Klang der Stimme, die quer über den Platz seinen Namen rief, ließ sein Herz aufspringen und für einen Moment war all der Schrecken vor und während der Gefangenschaft wie weggeblasen. Jorian wirbelte herum und er hatte sich nicht getäuscht. Auf der anderen Seite des Platzes, neben einer Kutsche, stand Nikia.
Ohne zu zögern lief er zu ihr hinüber und als er sie erreicht hatte, schloss sie ihn in ihre Arme.
Für einen Moment strahlte Jorian vor Glück. Nikia war frei, es ging ihr gut, sie lebte. Doch löste sie die Umarmung viel früher, als es ihm lieb gewesen wäre. Er sah sie an und sah ihr Gesicht vor Kummer verzerrt.
»Ich bin so froh, dass es dir gut geht!«, sagte sie, dann liefen ihr Tränen über das Gesicht. Jorian wollte »Ich auch!« sagen, aber er sah, dass es Nikia überhaupt nicht gut ging.
»Was ist los?«, fragte er stattdessen unbeholfen. Nikia verzog gequält das Gesicht.
»Ach Jorian, was ist das denn für eine Frage? Meine Eltern sitzen im Kerker von Ijaria und werden wahrscheinlich hingerichtet! Sie haben versucht, Prinz Aik zu entführen! Ich habe gehört, dass mein Vater mehrere Männer getötet hat, als Prinz Aik entführt wurde! Verstehst du? getötet!«
Sie hob die Hände zum Gesicht. Jorian wusste nicht, was er sagen sollte. Stattdessen nahm er Nikia erneut in die Arme, wo Nikia weinte und weinte. Dann löste sie sich erneut von ihm. Sie wischte sich die Tränen aus den Augen.
»Sie haben mich gehen lassen. Ich war die ganze Zeit in unserem Zimmer eingesperrt, bis Prinz Aik befreit wurde. Jetzt sind sie sich sicher, dass ich nicht wusste, was meine Eltern planten.«
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Der Untergang Ijarias I - Die Schatten erheben sich
FantasíaEntdecke den Untergang Ijarias - Ein episches Abenteuer voller Mut, Magie und Freundschaft! Ein dunkler Schatten zieht auf über Ijaria, der prachtvollen Hauptstadt des Freien Reiches, und das Schicksal von drei jungen Helden steht auf dem Spiel. Eln...