Milan
Und wieder war es mir nicht gelungen, Ayla loszuwerden – auf welche Weise auch immer. Ich löste mich von den Laborbefunden und starrte auf die offene Tür.
Die Praxis war leer. Alle waren bereits im frühen Mittwochfeierabend, nur ich saß noch am Tisch und dachte über meinen vergeigten Samstagabend mit Ayla nach.
Statt sie auf Distanz zu bringen, kam sie mir immer näher. Gefährlich nahe. Sollte es so weitergehen, würde sie früher oder später von meinem Geheimnis erfahren. Andererseits gab es eine Reihe von Fällen, in denen Täter über Jahrzehnte ein harmonisches Familienleben führten und später alle aus den Wolken fielen, als sie von den Gräueltaten erfuhren. Ich bezweifelte allerdings, dass dies mit Ayla möglich war. Sie war zu neugierig und in gewisser Weise dickköpfig.
Sie würde mir früher oder später auf die Schliche kommen.
Entnervt rieb ich mir die Schläfen. Ich war der schlechteste Serienmörder aller Zeiten. Die Gelegenheiten, die Ayla mir geboten hatte, waren endlos. Jeder andere hätte schon längst kurzen oder auch längeren Prozess mit ihr gemacht. Doch ich schaffte es schlichtweg nicht.
Im Gegenteil. Noch nicht einmal meinen Schwanz hatte ich unter Kontrolle. Aus einem "Ich muss sie loswerden" war nicht nur ein Beinahe-Fick im Park geworden, sondern auch ein Museumsbesuch am vergangenen Sonntag. Für Kunst hatte ich wenig übrig. Es war auch kein Wunder. Mein Vater und Onkel waren nie besonders kulturaffin gewesen. Ayla hingegen brannte für jedes Gemälde, für jeden Pinselstrich. Wenig überraschend in Anbetracht ihres Studiums.
Vor jedem Bild hatte sie einen wahren Monolog über das Werk, den Künstler, die Epoche gehalten. Freundlich, aber desinteressiert hatte ich diesen zugehört sowie ab und an mit einem Nicken quittiert.
Ein Bild hatte jedoch meine Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Es zeigte ein Operationsgeschehen. Rudimentär durchgeführt, wie es im 18. Jahrhundert nicht besser möglich war. Ayla hatte eine Leier über den spanischen Künstler, dessen Namen ich wieder vergessen hatte, und seine Werke vom Stapel gelassen. Natürlich hatte ich als Arzt ein gewisses fachliches Interesse für das, was dort abgebildet war. Allerdings war es auch das Gesicht des Patienten, das mich für wenige Augenblicke gefangen hielt.
Es war schmerzverzerrt. Ein Eingriff ohne Betäubung. Ein spitzer Gegenstand penetrierte das Fleisch. Blut rann über die Haut. Das Leid war förmlich spürbar. Ein Genuss, dem ich mich nicht entziehen konnte.
Ebenso wie Ayla, deren süße Lippen und Haut ich danach schmecken durfte. Im Vergleich zu dem Parkvorfall waren wir geradezu brav gewesen. Ihre Mitbewohnerin hatte uns vor ihrer Wohnung gestört, bevor wir über etwas Rumgemache hinausgehen konnten. Die hochgewachsene Blondine mit der weiten, gegerbten Lederjacke hatte mich interessiert gemustert. Psychologiestudentin wie Ayla mir vorher erzählt hatte. Beide wollten mich zu einem Kaffee in ihre WG bewegen. Doch ich hatte wenig Lust auf ein Kreuzverhör. Und alles an ihrer Mitbewohnerin schrie danach. Ich kannte ihren Schlag von Psychologiestudenten, die gerne schon einmal ohne beendete Ausbildung mit dem Therapieren begannen. Wahrscheinlich war dies auch der Hauptgrund, weshalb sie einen Narren an ihrer Mitbewohnerin gefressen hatte.
"Milan?"
Ich schreckte aus meinen Gedanken hoch.
Es war Aylas glockenhelle Stimme, die mit vorsichtiger Note durch die Praxis hallte.
Einen tiefen Atemzug nehmend erhob ich mich und lief zur Tür. Ich hatte ihr zugesagt, dass sie mich nach dem Feierabend in der Praxis besuchen könne.
Ein weiterer Schritt in Richtung Nähe. Ein weiterer Schritt in die falsche Richtung.
"O hey." Sie lächelte freudig und hielt zwei Becher empor. "Ich habe uns Kaffee geholt. Keine Sorge, deinen ohne Milch, sondern schwarz und extra stark."
Scheiße, sie begann sich bereits meine Vorlieben einzuprägen.
"Danke dir." Ich lehnte mich an den Türrahmen des Behandlungszimmers und beobachtete, wie sie die Becher auf dem Empfangstresen stellte.
"Wer hätte gedacht, dass ich Ärzte jetzt auch in ihrer Freizeit belästige." Sie zwinkerte mir zu, blieb jedoch unsicher stehen.
"Du belästigst mich nicht", erwiderte ich.
Ein breites Grinsen legte sich auf ihr Gesicht. "Alles klar, ich habe seit gestern ein Ziehen in der rechten Brust. Vielleicht können Sie mal nachschauen, Herr Doktor."
Ich verdrehte die Augen und ging auf sie zu. Sie tat es mir gleich. Es war wie ein unsichtbares Band, das uns zusammenzerrte. Eine undefinierbare Anziehung, der ich mich liebend gerne widersetzt hätte, es aber nicht konnte.
Ihre Arme legten sich um meinen Hals, als wir aufeinandertrafen. Innig küsste sie mich und ich konnte nicht anders, als es zu erwidern. Meine Zunge glitt in ihren Mund, neckte ihre. Bereits jetzt vernahm ich ein leichtes Stöhnen an meinen Lippen.
Begierig langte ich unter ihren perfekten Hintern und hob sie empor. Ihre Beine schlangen sich um meine Hüften.
Sie roch so verlockend, schmeckte so gut, dass mein Schwanz in Sekunden steinhart wurde. Mit Ayla auf dem Arm lief ich in das Behandlungszimmer. Auch wenn die Praxis wie leergefegt war, mussten wir es nicht unbedingt im Eingangsbereich wie auf dem Präsentierteller tun.
"Wo tragen Sie mich denn hin, Doktor Degard?" Ihre Stimme war ein liebliches Säuseln. Doch ich hörte auch die gequälte Lust, die darin lag. Nachdem wir Sonntag so nonchalant unterbrochen worden waren, loderte es in mir, endlich in ihr zu sein. Vor allem, wenn sie sich mir so willig entgegendrängte.
"Du wolltest doch von mir untersucht werden."
Sie lehnte ihre Stirn an meine und ihre zarte Fingerspitze strich von meiner Wange über meine Unterlippe. "Ich will noch viel mehr von dir." Wieder war es nur ein sanftes Flüstern, das meine Sinne kitzelte. Ihre leuchtend grünen Augen blickten mich freudig und zugleich so sehnsüchtig an, dass mir die Worte im Hals versiegten. Es war wieder dieses kitzelnde Gefühl in meiner Magengegend und mein pochendes Herz.
Scheiße, sollte es doch mehr als sexuelle Anziehung zwischen uns sein?
Ayla küsste mich erneut und zumindest jetzt überwiegte die sexuelle Anziehung alle anderweitigen Gefühle.
Ich setzte sie auf der Theke neben dem weißen Medizinschrank ab, gegen den ich sie beim letzten Mal gefingert hatte. Wie nass sie gewesen war.
Auch wenn es mich reizte, ihr wieder einen Finger oder direkt meinen Schwanz reinzuschieben, gab es etwas anderes, das meine Aufmerksamkeit auf sich zog.
"Trägst du eigentlich jemals einen BH?", murmelte ich und strich mit den Fingern über ihre Brust, über die sich ein dünner Baumwollstoff spannte.
"Manchmal", wisperte sie und streichelte über meine Brustmuskeln, die ebenfalls noch bekleidet waren.
Ich kniff in ihre Brustwarze, was ihr ein sinnliches Stöhnen entlockte, bevor sie fortfuhr: "Wenn ich dich beispielsweise nicht sehe ..."
Ich löste mich von ihren Brüsten, langte mit den Händen um ihren Nacken herum und fuhr in ihr dichtes braunes Haar. Mit festem Griff packte ich es und zog ihren Kopf ein Stück nach hinten, damit sie mich ansehen musste. Auch aufrecht auf dem Tresen sitzend, war sie ein gutes Stück kleiner als ich.
Mit großen Augen blickte sie mich an.
"Du solltest damit aufhören, mich ständig zu provozieren und verführen zu wollen."
"Was wenn nicht?" Natürlich musste sie wieder die Aufmüpfig spielen.
Ich verstärkte meinen Griff und ihre gerötteten Lippen öffneten sich leicht, ohne dass ein Ton zu hören war.
"Könnte es gefährlich für dich werden", knurrte ich.
"Warum?"
"Menschen wie ich fügen Menschen wie dir oft großes Leid und ... Schmerz zu." Für einen Moment fühlte ich den Impuls, ihr zu verraten, wie genau dieses Leid und der Schmerz aussehen konnten. Wie sehr es mich berauschte, diese bei anderen Menschen auszulösen. Es wäre wohl ein Garant dafür, sie ein für alle Mal loszuwerden. Dachte ich ...
Doch kaum hatte ich die Worte geraunt, wurden ihre Nippel unter dem feinen Stoff noch härter. Es war wie eine verführerische Einladung.
Und ich gab ihr nach.
Mit einem Zug streifte ich ihr Oberteil hoch und genoss den Anblick, der sich mir bot. Sie mit halb entblößtem Oberkörper, vor mir sitzend auf der Theke. Zwei wohlgeformte Brüste mit rosigen Nippeln. Und sie waren wie gemacht für meine Hände. Ich knetete sie, während Ayla den Kopf nach hinten gleiten ließ und ihre Lider schloss. Für einen Moment war ich versucht, ihr auch die Hose runterzureißen und sie so hart durchzuvögeln, dass ihre makellosen Brüste wippten und sie meinen Namen schrie. Doch alles hatte seine Zeit ...
Ein Keuchen erklang, als ich endlich einen ihrer Nippel in den Mund nahm, an ihm saugte und ihn mit meiner Zunge umspielte. Ihre Beine schlangen sich erneut um meinen Körper.
"Milan", stöhnte sie, während ich mich der anderen Brust widmete. Erneut ließ ich meine Zunge um die Spitze kreisen, nahm sie zwischen die Lippen, dann meine Zähne und zog. Aylas Körper bebte unter meinem fordernden Biss und ein süßlich erregtes Wimmern entfuhr ihr bei dem sanften Schmerz, den sie empfinden musste. Gerade wollte ich mich wieder ihrem Mund zu wenden und endlich ans Eingemachte gehen, als eine Tür aufgeschlagen wurde.
"Hallo? Milan?" Famkes Stimme echote durch die Praxis.
Ich löste mich von Aylas Brüsten und blickte in ihre erschrockenen Augen. Gerade wollte sie etwas sagen, aber ich legte ihr meinen Finger auf den Mund.
"Hallo?", schrie Famke erneut. Die Stimme unserer Arzthelferin klang wie das schrille Quietschen von Violinsaiten, wenn ein blutiger Anfänger oder Grobmotoriker sich das erste Mal auf ihnen probierte.
Das war außerdem, wenn ich mich Recht erinnere, schon das zweite Mal, dass sie mir dazwischen schoss.
"Ja, ich bin noch hier", rief ich und fragte mich, warum Famke wieder in der Praxis war. Sie hatte schon lange Feierabend.
"Was machst du denn noch hier?", krakeelte es erneut durch die Praxis.
"Ich gehe noch Laborbefunde durch", antwortete ich, obwohl es sie nichts anging.
"Ach so, okay." Geraschel war zu hören. Was auch immer sie am Empfang zu tun hatte, hoffentlich beeilte sie sich.
Ayla lächelte und ihre rosa Zungenspitze fuhr über mein Fingergelenk. Ich konnte ein Grinsen nicht verbergen und nahm ihr Gesicht in die Hände, um sie zu küssen.
"Wo bist du denn?" Schritte in unsere Richtung erklangen.
Sofort riss Ayla sich von mir los.
Entnervt stöhnte ich auf und hob sie von der Theke. "Im Behandlungszimmer zwei", gab ich in gemäßigter Lautstärke zurück.
Aufgeregt wollte Ayla in Richtung der Gardinen abdampfen, doch ich hielt sie auf.
Ein absolut bescheuertes Versteck. Der helle Stoff reichte nicht bis zum Boden. Und Famke würden zwei Paar Schuhe und die schmalen Waden, die unten rauslugten, wohl nicht entgehen.
Unsanft schob ich Ayla vor mir her und hinter die Tür.
Keinen Moment zu spät. Als ich diese ein Stück aufzog, stand Famke bereits bestens gelaunt vor mir.
"Na, noch fleißig am malochen?" Sie lachte, aber ihre Augen suchten bereits den Raum hinter mir ab.
Ayla hinter der Tür ignorierend, murmelte ich. "Ja, ist einiges liegen geblieben."
"Kann ich dir helfen?"
Ich zog eine Augenbraue hoch. "Laborbefunde auswerten?" Die Frage sollte nicht abwertend klingen. Ich schätzte unsere Fachangestellten und würde mich niemals erdreisten, ihre Arbeit unter meine zu stellen. Bis ich ihr allerdings die Tabellen und das lateinische Fachjargon erklärt hatte, war ich allein schneller fertig. Genauso wie ich bereits nach fünf Minuten genervt aufgegeben hatte, als sie mir das System für die Termin- und Patientenplanung näherbringen wollte. Und auch beim Auffinden feiner Venen bei der Blutabnahme war Famke deutlich geschickter als ich. Eine mühselige Feinarbeit. In Anbetracht meiner Nebentätigkeit war ich wohl eher der Mann für das Grobschlächtige.
"Okay, da kann ich wohl kaum helfen." Sie wollte sich umdrehen, hielt dann jedoch inne und blickte mich neugierig an. "Bist du allein?"
Ernsthaft? "Ja", erwiderte ich knapp.
"Aber die zwei Kaffeebecher am Empfang ..."
Natürlich war es ihr nicht entgangen. Auch wenn ich sie nicht direkt sah, spürte ich Aylas Unwohlsein.
Ich fuhr mir durch die Haare. "Ja, ich hatte mir vom Bäcker einen Kaffee geholt, weil es heute länger wird. Die Bedienung hat jedoch die Bestellung falsch weitergegeben und die haben Milch in den Kaffee gekippt. Und ich trinke nur ..."
"Schwarz, ich weiß." Famke nickte zufrieden.
"Genau, den einen gab's dann trotzdem gratis."
"Ich mag Kaffee mit Milch." Sie betrachtete die beiden Becher auf dem Tresen.
Mein Kiefer knackte. "Nimm ihn, auch wenn er wahrscheinlich bereits kalt ist. Die stehen da schon ne Weile rum. Hatte sie vergessen, weil ein Anruf reinkam."
"Was hältst du davon ..." Famke zwirbelte eine ihrer Strähnen und lächelte mich an. " ... wenn wir hier noch etwas arbeiten und anschließend gemeinsam mit den Kaffeen einen Spaziergang machen." Kaffeen? Ich beschloss, sie nicht zu korrigieren.
Stattdessen kratzte ich mich am Kopf. "Was hast du denn noch zu tun?"
"Ach, eigentlich wollte ich nur mein Portemonnaie holen. Aber ich finde schon was." Wieder umspielte sie mit den Fingern eine ihrer Haarsträhnen. Es war ungewohnt, kam mir aber aus unerfindlichen Gründen bekannt vor.
"Also, was sagst du?" Famke spitzte die Lippen.
Da traf es mich wie ein Donnerschlag. Natürlich bei der letzten Betriebsfeier hatte sie dies nach einer Reihe Hugo und Aperol ebenfalls getan. Das Herumspielen mit den Haarsträhnen, das versucht verführerische Spitzen der Lippen.
Der Alkohol schien damals ihre sonstige Verklemmung zu lösen und den Sextrieb anzukurbeln. Auch wenn ich mich null zu ihr hingezogen gefühlt hatte, war ich an dem Abend meinen Prinzipien wenig treu geblieben. Nachdem online neue Beweise zu einem mir sehr bekannten Vermisstenfall aufgetaucht waren, hatte ich mich dermaßen abgeschossen, dass ich nicht mehr klar hatte denken können. Irgendwann hatte sich Famke auf meinen Schoß gesetzt und angefangen mich zu küssen. Mehr war aber auch nicht passiert.
Am nächsten Montag gab es ein unangenehmes, klärendes Gespräch, bei dem wir eindeutig den Alkohol als Verursacher dieser Eskapade ausmachten, und damit war das Ganze für mich beendet. Für sie auch, dachte ich.
"Besser nicht. Ich kann nicht einschätzen, wie lange ich heute noch dransitze", log ich.
"Sicher?" Famke blickte unzufrieden drein.
"Ja. Ich muss jetzt auch mal wieder."
Mit einer Schnute wandte sich Famke ab, drehte sich aber prompt wieder zu mir um. So langsam strapazierte sie meine Nerven.
Wieder lugte sie in mein Büro hinein. "Ist wirklich niemand da?"
Mal davon abgesehen, dass es sie einen Scheiß anging ...
"Nein." Mein Ton klang barscher, als ich es beabsichtigt hatte. Allerdings war Famke auch nicht der Typ, der sich davon beeindrucken ließ.
"Ist das auf dem Tisch eigentlich die Bestellliste?" Sie konnte es nicht lassen. "Hast du die schon unterzeichnet? Kann ich die eben mitnehmen?"
Meine Finger knackten. "Nein, ich habe sie noch nicht durchgeschaut." Eine weitere Lüge.
"Hm, okay." Famke machte keine Anstalten zu gehen.
Ich verschränkte die Arme. "Gibt es sonst noch etwas?"
Misstrauisch beäugte sie mich.
Da wir hier nicht weiterkamen, legte ich ein gespielt entschuldigendes Lächeln auf. "Entschuldige bitte, aber ich brauche heute wirklich länger und bin aktuell auch etwas angespannt."
Der mildere Ton schien sie zu besänftigen.
"Na gut, dann holen wir das nach, wenn es dir besser geht."
Bitte nicht.
"Den Kaffee nehme ich aber dennoch mit." Sie entblößte ihre gebleachten Zähne.
Ich nickte. Wenn sie dafür endlich verschwand.
"Okay, dann wünsche ich dir später auch einen schönen Feierabend. Vielleicht kann man ja am Wochenende mal was machen." Mit dem Becher aus der Hand verließ Famke endlich die Praxis.
Ich seufzte auf, als die Tür zufiel.
"Läuft da was zwischen euch?" Aylas federleichte Stimme erklang von hinter der Tür. Sie hatte es bemerkt. Natürlich hatte sie es.
"Nicht, dass es mich etwas angeht", schob sie hinterher, als ich keinen Ton sagte. Sie bemühte sich, desinteressiert zu klingen, aber die zarte Note von Eifersucht zwischen den Worten entging mir nicht. Auch wenn wir uns nicht lange kannten, hatte ich ein Gespür für sie entwickelt. Und sie für mich.
Etwas, das mir vorne und hinten nicht gefiel.
Eifersucht war ein Anzeichen von Interesse, das über Sex hinausging. Und das galt es im Keim zu ersticken, wenn ich mein Geheimnis wahren wollte. Allerdings wollte ich auch nicht, dass sie dachte, dass ich etwas mit Famke hatte.
Nicht, dass Famke mir unangenehm war. Nervig vielleicht, aber unattraktiv war sie nicht.
Es gefiel mir nicht, dass der Gedanke Ayla verletzte. Ein weiteres Indiz von Interesse, das übers Ficken hinausging. Und dieses Mal lag der Ball auf meiner Seite.
"Tut mir leid", sprach Ayla mit gequälter Stimme. "Ich wollte nicht übergriffig sein."
Nachdenklich strich ich ihr eine Strähne aus dem Gesicht, die nach vorne gefallen war. "Bist du nicht und da läuft auch nichts." Warum mir die nächsten Worte rausstolperten, wusste ich nicht. "Es gab einen alkoholbedingten Ausrutscher bei der letzten Betriebsfeier, aber das ist lange her, endete auch nicht in der Kiste und Interesse an einer Wiederholung habe ich auch nicht."
Sofort sah ich die Funken der Freude in ihren Augen aufglimmen. "Ich habe auch mit niemand anderem etwas parallel laufen."
Auch wenn ich es unterbinden wollte, erleichterte es mich.
Sie glitt an meine Seite und ich streichelte ihr mit dem Daumen über ihre gerötete Wange.
"Das freut mich. Ich teile nicht gerne." Etwas besitzergreifendes schlich sich in das Verlangen, das mir bei ihrem bezaubernden Anblick wieder in den Lenden zog.
"Ich auch nicht", sprach sie gedämpft. "Allerdings wirst du deinen Kaffee wohl mit mir teilen müssen."
"Ich dachte, du magst keinen schwarzen Kaffee."
Sie verzog ihr Gesicht. "Ja, zu bitter. Aber ich bin auch süchtig nach Koffein. Und schwarzer Kaffee ist besser als kein Kaffee."
Ich schmunzelte. "Eine weise Lebenseinstellung, aber du musst dich nicht quälen. Ich pack meine Sachen und dann hole ich dir gleich einen neuen mit Milch."
"Cappuccino wäre auch nicht schlecht."
"Was auch immer da der Unterschied ist ..." Während ich bereits zu meinem Schreibtisch lief, um meine Sachen zusammenzupacken, hörte ich ein empörtes Schnauben von Ayla. Ähnlich wie im Museum verfiel sie in einen Monolog über die Unterschiede koffeinhaltiger Heißgetränke.
Dabei griff sie nach ein paar Tüchern, bespritzte sie mit Sterillium und begann die Theke abzuwischen.
"Was tust du da?", fragte ich verwirrt.
"Na, wir haben doch hier ..." Mit den Augen deutete sie auf die sterile Fläche.
Ich sah sie an. "Was?"
"Na, wir haben hier ... du weißt schon."
Es amüsierte mich, wie sie nicht in der Lage war, auszusprechen, was wir getan hatten.
"Was, Ayla?", neckte ich sie und streifte mir den Mantel über.
"Ja, rumgemacht und so ..."
"Und so, okay. Und von deiner Hose ist jetzt die Theke kontaminiert?"
"Du hast dir auch die Hände desinfiziert, nachdem wir letztes Mal ... zugange waren."
Ich lachte auf. "Ja, weil ich meine Finger in dir hatte. Das fänden die Patienten danach, denke ich, nicht so gut."
"Aber die Fläche ...", setzte Ayla erneut an.
Ich schritt auf sie zu und nahm ihr die Tücher weg. "Freut sich über deine gründliche Reinigung." Die Augen verdrehend warf ich sie in den Mülleimer.
Ayla stieß mir gegen den Arm. "Ja sorry, ich hatte Biologie nur im Grundkurs. Außerdem hatte ich heute Morgen nur einen Mini-Kaffee und bin dementsprechend kopfmäßig noch nicht ganz auf der Höhe."
"Die Kaffeesucht, natürlich", raunte ich und schob sie aus dem Behandlungszimmer, bevor sie noch etwas putzte, was sie berührt hatte.
"Ja, solche Entzugserscheinungen können dem Körper echt zu schaffen machen." Ayla lief zum Empfang und griff nach dem Becher, um ihn mir zu reichen. "Kennst du das nicht? Hast du etwa keine heimlichen Süchte oder Laster?"
Meine Hand langte nach dem Kaffee. "Doch."
"Schwarzer Kaffee?" Ayla warf mir einen verschmitzten Blick zu.
"Schlimmer." Mit einem dunklen Grinsen schob ich sie aus der Tür. Während ich abschloss, kreisten meine Gedanken um meinen wohl schwerwiegendsten Laster. Von Ed hatte ich seit seinem Anruf nichts mehr gehört. Es schien still um seinen Kumpel, den Autohändler, geworden zu sein. Eventuell sollte ich ihm in den nächsten Tagen mal einen Besuch abstatten. Denn vielleicht, aber auch nur vielleicht wäre es endlich wieder an der Zeit für frisches Fleisch ...
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Down our Darkest Paths
HorrorMan sagt, dünn sei die Mauer zwischen Liebe und Hass. Doch wieviel dünner ist sie zwischen Schmerz und Lust ... Als die junge Studentin Ayla in die Praxis von Doktor Degard reinstolpert, ist sie sofort gefesselt von dem attraktiven Arzt. Fast verges...