Kapitel 39

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Milan


"Lass mich los", wimmerte Ayla, aber ich hielt sie weiterhin fest.
"Fee ..." Erneute wollte sie sich befreien. "Wir müssen ihr helfen."
Meinen Griff verstärkend blickte ich auf ihre Mitbewohnerin. Sie lag reglos auf dem Holzboden. Auch wenn ich weitaus Schlimmeres gesehen hatte, war es meines Erachtens nach eine enorme Menge an Blut, die sie verloren haben musste und nun eine riesige Lache um ihren Kopf bildete. Natürlich war ich kein Pathologe und konnte lediglich auf Distanz urteilen. Allerdings war ich davon überzeugt, dass wir ihrer Mitbewohnerin nicht mehr helfen konnten. Ich kannte das Gesicht toter Menschen. Es war immer dasselbe. So unterschiedlich sie im Leben ausgesehen hatten, so ähnlich waren sie sich im Tod.
Das Gesicht ihrer Mitbewohnerin war uns zugewandt und wies ebenjene, leblose Anzeichen auf. Blutleer und eingefallen mutete ihr Äußeres an. Wahrscheinlich weilte sie schon mehrere Stunden nicht mehr unter uns – wenn nicht sogar die gesamte Nacht.
Wieder versuchte Ayla sich aus meinen Armen zu befreien.
Kurzum löste ich meinen Griff, jedoch darauf bedacht, dass sie nicht lospreschen konnte. Stattdessen packte ich ihre Schultern, fixierte sie und rüttelte sachte, um sie aus ihrer Hysterie zu holen.
Ihre Augen quollen vor Tränen über. Es brach mir beinahe das Herz, aber sie musste sich beruhigen und mir zuhören.
"Ayla", fuhr ich sie scharf an.
Benommen blinzelte sie mich an.
Kurz zögerte ich, bevor ich die nächsten Worte aussprach. "Ayla, wir können ihr nicht mehr helfen." Unglauben lag in ihren rot angelaufenen Augen.
"Sie ist tot." Mit einem tiefen Atemzug ließ ich die Hiobsbotschaft auf sie herab donnern. Ich hätte schönere, blumigere Worte finden können, fürchtete aber, dass diese sie nicht erreichen würden.
Ein schmerzerfülltes Aufheulen drang aus Aylas Kehle.
"NEIN", schrie sie und versuchte sich loszumachen, aber keine Chance.
"Das kannst du nicht sagen. Wir ... wir ...", schluchzte sie. "Wir müssen ihr doch helfen."
Verdammt, sie war noch zu fern. Ich musste mir etwas anderes überlegen, um zu ihr durchzudringen, damit sie die unausweichliche Wahrheit endlich begriff.
Ruhig setzte ich an: "Wenn du mir versprichst, dass du hier verharrst, dann gehe ich rüber und überprüfe, ob wir noch etwas tun können."
Misstrauisch schniefte sie. "Ich rufe den Krankenwagen, ja?"
"Nein", entfuhr es mir harscher als beabsichtigt. Der Krankenwagen würde ohnehin nichts mehr bringen, außer den Tod festzustellen und die Polizei zu rufen. Und genau hier lag das Problem. Die Polizei durfte nicht kommen. Nicht, solange ich hier war.
Eigentlich war es schon viel zu spät. Ich hatte den Schlüssel berührt, meine Fingerabdrücke waren an der Tür. Gegebenenfalls befanden sich auch noch Schuhabdrücke im Zimmer.
So ein Scheiß. Aber bevor ich mich darum kümmern konnte, musste ich erst Ayla wieder unter Kontrolle bringen.
"Ich schaue erst, wie die Lage ist, und dann entscheiden wir, in Ordnung?" Es klang wie eine Frage, war jedoch nicht als solche gemeint.
Sie reagierte nicht.
"In Ordnung, Ayla?", schob ich mit mehr Nachdruck hinterher.
Kurz zögerte sie, dann folgte ein Nicken.
Vorsichtig lockerte ich meinen Griff. Als sie keine Anstalten machte loszurennen, ließ ich sie los.
Ayla nicht aus den Augen lassend lief ich zu dem Körper ihrer Mitbewohnerin.
Vorsichtig beugte ich mich neben ihrer Leiche hinab.
Wenig überraschend. Auch bei Betrachtung aus nächster Nähe gab es nur einen Schluss. Sie war tot. Keine Atmung. Den Puls brauchte ich gar nicht erst zu fühlen.
Stattdessen zog ich meinen Schlüsselbund aus der Tasche und tippte mit einem der metallenen Türöffner gegen Fees Arm. Die Leichenstarre hatte bereits eingesetzt.
Mein Blick fiel auf Ayla.
Ihre Augen weiteten sich.
"Nein, nein ..." Fahrig schüttelte sie den Kopf.
Glücklicherweise verharrte sie an Ort und Stelle.
"Nein", wiederholte sie und ein neuer Schwall Tränen lief über ihre Wangen. Jedoch ohne ein Schluchzen. Sie wirkte unnatürlich still, als ob sie geistig nicht mehr anwesend war.
"Es tut mir leid, Ayla", murmelte ich.
"Woher weißt du ..." Sie brach ab.
"Sie atmet nicht mehr."
"Aber das muss doch nichts heißen ..." Ein Funken Hoffnung glomm kurz in den leeren jadefarbenen Augen auf.
Unwohl strich ich mir über den Hals. "Die Leichenstarre hat bereits eingesetzt." In diesem Moment wünschte ich, ich hätte eine sensible Ader. Eine Ader, Dinge schöner und schonender auszudrücken. Aber ich wusste nicht, wie ich diesen Zustand einfühlsamer hätte formulieren können.
Ayla sackte auf den Boden. Mit Augen, die so leblos wie ihre Mitbewohnerin wirkten, starrte sie mich an.
Eine Weile herrschte Stille. Ich ließ meinen Blick erneut über den toten Körper wandern. Das hellblonde Haar war blutgetränkt und wirr. Ich neigte mich zur Seite und begutachtete die Stelle, wo ich die Wunde vermutete. Mein Blick glitt ein Stück weiter.
Neben der roten Lache erblickte ich einen vertrauten Gegenstand. Ein Klumpen aus Ton. Er war ebenfalls blutverschmiert. Die Tatwaffe.
Mein Kiefer zuckte. Selbst meine Abbildnisse richteten nur Tod und Leid an.
Allerdings war etwas unstimmig. Es war viel Blut. Zu viel für eine Wunde, die ein solch kleiner Gegenstand verursachen würde. Zudem vermutete ich auch nur eine Wunde am Kopf. Natürlich hätte der Angreifer mit großer Kraft zuschlagen und eine ungünstige Stelle treffen können, aber mich ließ das Gefühl nicht los, dass hier etwas nicht stimmte.
Ich räusperte mich. "Vielleicht ist die Kopfwunde nicht die alleinige Ursache für ihren Tod."
Entsetzen schlich sich auf Aylas ausdrucksleeres, von Tränen nasses Gesicht. "Wie meinst du das?"
Ich erhob mich und deutete auf die Blutlache. "Es ist eigentlich zu viel Blut für eine einfache Kopfwunde. Auch dass sie tödlich ..."
Ein undefinierbarer Laut ertönte. "O mein Gott." Ayla hustete. "O mein Gott ..."
Ich lief auf sie zu und kniete mich zu ihr hinab. Sanft nahm ich ihr Gesicht in die Hände. Auch wenn der Tod ihrer Mitbewohnerin mich nicht wirklich tangierte, ertrug ich Aylas Leid nicht. Mit den Daumen strich ich über ihre geröteten Wangen, als ob dies auch nur eine Träne trocknen könnte.
Ein grünes schimmerndes Meer aus Kummer umfing mich, als sie meinen Blick erwiderte.
"Hämophilie ..." Sie schniefte. "Sie hatte Hämophilie."
Erhellend blickte ich auf die Leiche. Sie hatte also an einer Blutgerinnungsstörung gelitten. Das erklärte einiges.
Plötzlich krallten sich Aylas Finger in meine Oberarme. "Hätte sie überlebt, wenn man sie früher gefunden hätte?"
Ich erahnte, was sie hören wollte, aber was sie nur weiter zerstören würde.
"Ich kann es nicht sagen", antwortete ich ehrlich. "Die Wunde am Kopf muss untersucht werden. Eventuell ist sie bereits direkt durch den Schlag verstorben und nicht ..."
"Elendig verblutet", vervollständigte Ayla meinen Satz, wobei ich auf das Adjektiv verzichtet hätte.
Ihre Augen wurden glasig. "Wer hat das getan?"
Eine Frage, auf die sie kaum eine Antwort erwarten konnte.
"Wer hat sie hier liegen lassen?" Ihre Stimme wurde schriller. "Wer hat sie erschlagen und dann hier liegen lassen?"
Ich ließ meine Hände sinken und sah mich um. "Ein Einbrecher vielleicht, der erwischt wurde."
Blankes Entsetzen und Fassungslosigkeit spiegelten sich auf Aylas Gesicht wider. "Für etwas Geld und Wertgegenstände."
Ich zuckte mit den Schultern. "Fehlt etwas?"
Sie schaute an mir vorbei und ließ den Blick durch das Zimmer wandern. "Ich ... ich weiß es nicht. Es sieht nicht so aus. Aber vielleicht in den Zimmern."
Gerade wollte ich etwas erwidern, als Ayla meine Hände umgriff.
"Wir müssen die Polizei rufen."
Shit. Das hatte ich befürchtet. Meine Schläfen zuckten und ich löste ihre Hände von mir.
"Das geht nicht", murmelte ich und brachte ein wenig Distanz zwischen uns. Ihre Aufgelöstheit war wie ein giftiger Strudel, der mich mit hinab zog. Ich konnte nicht klar denken bei dem Gefühlschaos, das wie ein Sturm um sie herumfegte.
"Wie bitte?", wisperte sie.
Ich starrte sie an. "Ich sagte, das geht nicht."
Einen Moment schien es in ihrem Kopf zu rattern, dann kam die Erkenntnis. "Ernsthaft?"
Ich ballte die Fäuste. "Du weißt genau, weshalb es nicht geht." Ein stechender Schmerz durchzuckte meinen Brustkorb. Sie hatte alles Recht zu trauern, aber für mich wurde es langsam zu heiß. Auf keinen Fall würde ich für eine solche Lappalie riskieren, dass die Polizei auf mich aufmerksam wird. Nicht nach allen Vorkehrungen, die ich getroffen hatte. Nicht für ein solches Missgeschick, mit dem ich rein gar nichts zu tun hatte.
"Aber ... was ist mit Fee?" Verstört blinzelte Ayla durch den Tränenschleier.
Ich rieb mir den Nacken. "Ich könnte sie verschwinden lassen. Ich meine, ich muss eh ..."
"Willst du mich verarschen?", kreischte sie.
Okay, das war wohl die falsche Antwort. Ich hatte gewusst, dass es nicht die taktvollste Art war. Aber wir saßen nun einmal hier mit einer Leiche. Und noch einer weiteren zerstückelten Leiche in meinem Keller. Ich war ein mehrfacher Mörder. Sie hatte zumindest einem Mord beigewohnt. Das Allerletzte, das wir brauchten, war die fucking Polizei.
"Nein", sagte ich ruhig. "Ich weiß, dass aktuell nicht der Zeitpunkt ist, aber sobald die Polizei hier aufschlägt, um auf Mord oder Totschlag zu ermitteln, durchleuchten sie alles und jeden. Und wenn ich dich erinnern darf, würden uns unsere letzten achtundvierzig Stunden direkt ins Gefängnis befördern. Dich etwas kürzer, mich etwas länger. Und wie wir dann jemanden davon überzeugen, dass wir nicht auch noch Fee auf dem Gewissen haben, wird ein Ding der Unmöglichkeit."
Ayla schluckte.
Natürlich würde ich sie nicht ins Gefängnis wandern lassen. Sie wäre nie in meinem Keller gewesen, hätte nie Blut an den Händen gehabt. Eventuell würde ich es sogar so hindrehen, dass ihre Mitbewohnerin mir auf die Schliche gekommen war und ich sie deshalb hatte beseitigen müssen. Hauptsache Ayla wäre aus dem Schneider.
Allerdings sah es ein egoistischer Part in mir nicht ein, sich einfach so zum Fraß vorzuwerfen. Wenn Ayla parierte, müsste niemand in den Knast.
In ihrem Kopf schien allerdings wenig Konsens mit meiner Idee zu herrschen.
Langsam beugte sie sich zu mir. Eine Mischung aus Wahnsinn und Besessenheit starrte mich aus dem so hübschen Gesicht an.
"Fee wird nicht in eines deiner Fässer wandern."
Ich schnaubte. "Es sind nicht meine Fässer."
Schweigsam musterte sie mich, bevor sie ansetzte: "Und was ist mit Fees Mörder? Ohne Leiche wird die Polizei niemanden suchen. Es wird nie jemand nach ihr suchen."
Ich runzelte die Stirn. Ihr Mörder. Eine weitere Komponente in dem Ganzen, die mich unruhig stimmte. Wer hatte sie attackiert? Ein Einbrecher oder ... Mir wurde schlecht. Jemand der es auf Ayla abgesehen hatte. Und wieso sollte es jemand auf sie abgesehen haben, ohne dass ich der Grund dafür war.
"Wir müssen die Polizei rufen", wiederholte sie mantraartig – mehr zu sich selbst als zu mir. "Das sind wir ihr schuldig."
Allmählich wurde ich wütend. "Dein Verlust tut mir leid, meine Liebe. Aber ich bin deiner Mitbewohnerin gar nichts schuldig."
Aylas Lippen zitterten. "Du lässt mich damit allein?"
Ich stütze mich auf, bereit aufzustehen. "Was denkst du denn? Dass ich hier brav wartend sitze, bis die Bullen aufschlagen."
Wie ein Schalter kippte Aylas Gesichtsausdruck um. Empörung wich Verletztheit, Wut wich Verzweiflung.
"Aber ich brauch dich jetzt", flüsterte sie.
Ich ballte die Faust. Es war so schwer, ihr zu widerstehen, wenn sie mich so anblickte. Aber ich musste.
"Bitte." Ihre Stimme klang wie der Hilferuf einer Ertrinkenden.
Alles in mir sträubte sich dagegen, sie abzuweisen. Wie immer. Aber in diesem Fall konnte ich nicht anders.
"Entweder machen wir es so, wie ich es gesagt habe", sagte ich, bemüht um eine feine Schicht Emotionslosigkeit, "Oder ich bin weg." Normalerweise schlug der befehlende Ton direkt bei ihr an. Aber sie war in einer Ausnahmensituation und ich verlor die Kontrolle. Über alles und über sie.
"Du hast gesagt, du liebst mich", spuckte sie die Worte aus.
Ja, das Thema Liebe. "Ich dich auch" hatte ich gesagt. Es war eine bewusste Entscheidung, weil der Satz das Wort "liebe" nicht beinhaltete.
Auch wenn Ayla meinen Gedankengang unmöglich lesen konnte, schien sie die Intention erahnen zu können. Zuerst zeichneten sich wieder Tränen in ihren Augen ab, wichen dann glitzerndem Zorn.
"Dann geh", zischte sie. Ihre Stimme bebte und in ihrem Blick sah ich den kleinen Teil, der schrie und flehte "Bleib".
Aber ich ignorierte ihn. Bemüht kontrolliert erhob ich mich. Auch wenn mein Körper mich anschrie, zurück auf den Boden zu ihr zu kehren und sie in die Arme zu nehmen, sie zu trösten und an mich zudrücken, bis das Alles vorbei war. Aber der egoistische Part meines Gehirns hatte endgültig die Steuerung übernommen. Wenn ich nicht in den Bau wandern wollte, musste ich gehen. Wenn ich mein Leben weiterführen und meine Bedürfnisse stillen wollte, musste ich gehen.
Flüchtig nahm ich das Schluchzen wahr, das Ayla entwich. Doch ich blendete aus. Wie mit Scheuklappen bestückt wanderte ich zur Haustür.
Bevor ich den Knauf berührte, zog ich ein sauberes Taschentuch hervor. Mein Kopf funktionierte wie immer perfekt, trotz des Sturms in meiner Brust. Ich öffnete die Tür und auch draußen wischte ich mit dem Tuch die Klinke ab. Auch wenn ich damit mögliche Spuren des Täters vernichtete. Es war mir egal. Es sollte, nein es musste mir egal sein.
Denn es ging hier um mich. Um mich allein. Wie immer. Und dass ich Ayla verletzt am Wegesrand zurücklassen musste, hätte mir von Anfang an klar sein sollen.

Wie in Trance parkte ich das Auto vor meinem Haus. Ich war förmlich gerast, um nach Hause zu kommen. Sollte ich geblitzt worden sein, hätte ich es wahrscheinlich gar nicht mitbekommen. Wütend schlug ich auf das Lenkrad. Ich musste mich fokussieren, das Gefühlschaos abstellen und auf das konzentrieren, was vor mir lag. In meinem Keller warteten zerstückelte Leichenreste, die beseitigt werden mussten. Ich wusste nicht, was Ayla tat. Geschweige denn, was sie sagen würde, wenn sie erst einmal die Polizei gerufen hatte. Doch einer Sache war ich mir sicher. Obwohl ich sie wieder abserviert und verletzt hatte, würde sie mich nicht verpfeifen. Wie ich mich dafür hasste. Wie konnte ich ihr das nur antun? Immer und immer wieder?
Erneut wollte ich auf das Lenkrad schlagen, als etwas meine Wange kitzelte. Ich fühlte nach oben. Eine Träne. Mehrere Tränen. Ohne dass ich es bemerkt hatte, hatte ich begonnen zu weinen.
Das konnte doch nicht sein.
Zornig strich ich die Tränen weg. Ich musste mich zusammenreißen. Es hatte keinen Sinn, wie ein beschissenes Kleinkind rumzuheulen. Außerdem bedeutete es nicht, nur weil Ayla dichthielt, dass nicht ein Nachbar meinen Wagen oder mich aus dem Haus hatte stürmen sehen. Ich musste mich beeilen, die letzten Beweise meines Massakers zu beseitigen.
Rasch löste ich den Gurt und stieg aus. Die Wagentür knallte ich hinter mir zu. Schnurstracks lief ich zum Haus.
Doch vor der Tür verharrte ich. Ein weißer Briefumschlag lag auf der Fußmatte. Was zur verfickten Hölle?
Das Schlimmste befürchtend hob ich diesen hoch und öffnete ihn. Doch, was sich mir offenbarte, übertraf meine Erwartungen um Längen. Zwei Fotos sprangen mir ins Auge und ihr Inhalt ließ blankes Entsetzen über mich hinweg rollen.
Meine Kehle wurde staubtrocken. Kurz fürchtete ich, dass meine Muskeln den Geist aufgeben und meine Beine unter mir wegbrechen würden. Scharf die Luft einsaugend lehnte ich mich gegen die Tür. Ungläubig betrachtete ich die beiden Bilder, die wirkten wie die Undercoveraufnahmen eines Grobmotorikers, der zum ersten Mal in seinem Leben eine Kamera in der Hand hielt. Aber es war scheißegal, wie verwackelt und schlecht beleuchtet sie waren. Man sah genau, worum es ging.
Die Fotos zeigten mich. Sie zeigten mich, wie ich den zerstückelten Mann in meinem Keller betäubt und in meinen Kofferraum verfrachtet hatte – wohlbemerkt, als er noch ganz und lebendig war.
Scheiße.
Nach Luft japsend wollte ich den Umschlag wegwerfen, da fiel mein Blick auf den Zettel, der gefaltet drinsteckte. Mit schwitzigen Händen zog ich diesen aus dem Umschlag. Ich überflog die Sauklaue und mit jedem Wort drehte sich mir der Magen um.
Heute Abend 21 Uhr Eds Hof
Falls nicht, geht die gesamte Fotomontage via Express an die Polizei
Und bring gerne deinen Kellerbesuch mit;)

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