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Ginevra

Donnerstag, 22. März
Die Tür geht auf und meine Mutter kommt rein. »Kommst du kurz runter?«, fragt sie. »Ist was passiert?«, frage ich, doch sie schüttelt den Kopf. Ich stehe auf und folge ihr.

Unten angekommen, schaue ich mich fragend um. »Was-« Plötzlich werde ich hochgehoben. Als ich runter blicke sehe ich Silvano. »Omg! Du bist da!«, kreische ich und umarme ihn so fest wie ich kann. Er küsst meine Wange und lässt mich runter. »Ich habe euch zwei vermisst, also musste ich hierher kommen.«

»Laufen die Geschäfte gut?«, frage ich. »Ja, alles läuft perfekt.« »Was macht Papa?« »Er arbeitet Tag und Nacht.« »Wirklich?« »Darüber reden wir später«, flüstert er in mein Ohr. Ich schaue zu ihm und dann zu Mama, die schon ins Esszimmer geht.

»Ist was schlimmes passiert?« »Naja-« »Kommt ihr?!«, unterbricht sie Silvano.

Meine Großeltern, sowie meine Onkel und Tanten, waren hier und gemeinsam haben wir viel Zeit verbracht. »Ich fühle mich total müde«, murmelt Mama. »Es ist auch sehr spät geworden.. einfach schon 22 Uhr.« »Ihr seid ja gar keine Nachtaktiven Menschen«, kommt es von Silvano. Wir lächeln und zucken mit den Schultern. »Habt ihr noch was vor?«, fragt sie. »Eigentlich ni-« »Doch, aber nur was kleines«, meint Silvano. »Echt? Und was?« »Nun ja, lass dich überraschen.«

»Ich lasse euch dann. Habt spaß und Silvano - pass auf deine Schwester auf. Wenn ihr was passiert..« »Natürlich, Mama.« Er geht auf sie zu und umarmt sie. »Hey, nicht ohne mich!«, murre ich und setze mich ebenfalls neben Mama hin. Ich schlinge meine Arme um sie und schmiege mein Kopf in ihre Halsbeuge. »Ihr habt keine Ahnung, wie sehr ich euch liebe«, sagt sie und küsst erst Silvanos Kopf und dann meinen. »Und du hast keine Ahnung, wie sehr wir dich lieben«, sagt Silvano.

Oben im Zimmer ziehe ich meine Motorrad Klamotten an und nehme noch schnell mein Helm in die Hand. Mit allem fertig, gehe ich die Treppen runter und treffe Mama und Silvano im Wohnzimmer. Silvano hat sich auch schon umgezogen und sieht bereit aus. »Ich bitte euch Kinder, fahrt vorsichtig«, sagt Mama. »Machen wir. Du solltest dich jetzt hinlegen und schlafen.« »Wann kommt ihr zurück?« »Vor 2 Uhr sind wir bestimmt da«, schildere ich. Silvano wirft mir einen warnenden Blick zu, weshalb ich ihn fragend anschaue. »Hab dich lieb, Mama«, flüstere ich und umarme sie. Nach mir umarmt sie Silvano und schon gehen wir durch die Haustür.

Vor uns stehen unsere Motorräder, wir steigen auf unsere eigenen Maschinen und starten die Motoren mit einem vertrauten Röhren, das die Stille der Nacht durchbricht.

Wir fahren nun die dunklen Straßen entlang, das Licht der Scheinwerfer durchdringt die Nacht. Schließlich kommen wir an jenem Gelände an, wo die Straßenrennen stattfinden. Wir werden von Freunden und Mitfahrern begrüßt, die uns mit enthusiastischem Beifall empfangen. Es ist schön, Freunde wiederzusehen und sich mit anderen Rennteilnehmern auszutauschen, während die Spannung für das Rennen steigt. Wir parken unsere Motorräder und ziehen unsere Helme aus. Silvano kommt auf mich zu und legt seine Hand auf meinen Arm. »Ich habe es so vermisst«, murmelt er. »Ich auch und diesmal werde ich dir zeigen, wie gut ich bin.«

Mir fällt noch ein.. »Was wolltest du mir vorhin sagen?«, frage ich. »Ehm-« »Ja? Es ging um Papa.« »Lieber nicht jetzt, Ginevra.« »Warum?« »Ich will deine Laune nicht ruinieren.« »Sag einfach.« »Papa..« »Ja, was ist mit ihm?« »Er hat jemanden kennengelernt«, sagt er. Schlagartig weiten sich meine Augen. »Er hat was?« »Es ist alles aber noch frisch.« Ich schlucke hart und senke mein Blick. »Sei nicht traurig, sorella.« Eigentlich hat er recht.. immerhin sind unsere Eltern seit 15 Jahren getrennt, aber es tut trotzdem weh. »Was denkst du darüber?«, fragt er. »Ich will glücklich für ihn sein.. wirklich. Aber ich kann es nicht akzeptieren«, sage ich. »Wieso denn?« »Denk doch an Mama.« »Sie würde sich freuen. Du kennst Mama, Ginevra.« »Innerlich wäre sie aber zerstört. Deswegen hast du es ihr auch nicht gesagt.«

»Es ist nur eine Kennenlernphase«, meint er. »Wie auch immer. Ich will jetzt nicht darüber nachdenken. Lass uns spaß haben.«

»Ginevra Anastazja und Sidda, macht euch startklar!«, verkündet der Moderator mit dem Mikrofon. Silvano wünscht mir Glück und anschließend trage ich mein Helm. Die Motoren heulen auf, als wir uns positionieren und auf das Startsignal warten. Die Menge wird still, gespannt darauf, wer als Erster die Ziellinie überquert.

Das Adrenalin schießt durch meine Adern, als ich meinen Blick auf die Straße vor mir richte. Das Herz pocht schnell, während ich mich auf den Start konzentriere. Das Signal ertönt und wir schießen los, die Motoren brüllen im Einklang mit meinem Puls. Ich schlendere durch die Straßen, fest entschlossen, die Führung zu übernehmen. Sidda ist direkt hinter mir und es ist ein Kampf gegen die Zeit. Jeder Kurvenpunkt wird zur Herausforderung, aber ich fühle mich lebendiger als je zuvor.

Meine Hände sind fest am Lenker, meine Sinne geschärft auf die Bewegungen der Straße. Sidda ist hartnäckig, doch ich spüre, dass sich eine Lücke zwischen uns öffnet. Der Jubel der Zuschauer wird lauter, als ich die letzten Kurven nehme, und ich beschleunige noch einmal. Als ich die Ziellinie durchbreche, fühlt es sich an, als würde die Welt für einen Moment stillstehen. Viele sammeln sich um mich herum und gratulieren. »Super gemacht, prinzessin!«, ruft Silvano und umarmt mich.

Gerade bin ich glücklich, doch als ich mein Handy rausnehme und 5 verpasste Anrufe von Steve sehe, schlägt mein Herz schneller. »Was ist los?«, fragt Silvano, doch ich gehe an ihm vorbei. Da wo ich entfernt von der Menge bin, rufe ich ihn zurück und warte ungefähr 3 Sekunden, bis er rangeht.

»Steve, was ist los? Du hast mich 5 Mal angerufen.« »Ms.. ihre Mutter-« »Was ist passiert?!«, frage ich.

»Wir sind im Privat Krankenhaus.« »Wie geht es ihr?«, hake ich nach. Verdammt, ich bin verzweifelt.. ich muss bei ihr sein. »Nicht gut.. Sie sollten schnell wie möglich da sein.«

»Bin gleich da.«

Ich drehe mich um und blicke zu Silvano. »Folg mir, bitte.« Er darf jetzt kein Panik machen, sonst wird noch was schlimmes passieren. Bevor er was erwidern kann, steige ich auf mein Motorrad und warte, bis er das selbe tut.

Noch vor paar Minuten war ich glücklich.. doch jetzt habe ich das Gefühl, dass heute mein Untergang sein wird.

La mia altra metàWo Geschichten leben. Entdecke jetzt