Ginevra
Ich sitze in meinem Zimmer, alles schon eingerichtet, und schaue ein Fotoalbum an. Fotos von meiner Mutter, Silvano und mir ist auf den nächsten Seiten zusehen. Schmunzelnd streichle ich auf das eine Foto, wo ich in Silvanos Armen liege und unsere Mutter uns betrachtet. Damals war alles so viel besser. Auf der nächsten Seite sehe ich, Aurora und mich und hinter uns sind unsere Brüder. Ist das etwa Enrico? Ich schaue ihn genauer an und sofort kommen mir die schwarzen Augen bekannt vor. Es ist Enrico.
Plötzlich geht die Tür auf und Silvano kommt rein. »Sorella, was machst du?«, fragt er und setzt sich neben mich hin. »Ich schaue die alten Fotos an.« »Zeig her-« Er schaut rein und lächelt sofort. »Das ist einfach schon 15 Jahre her«, sagt er und schüttelt sein Kopf. »Wir werden alt«, murmelt er. »Du bist jung«, entgegne ich und schaue ihn an.
Silvano ist 29 Jahre alt, ist sportlich, muskulös und sieht einfach gut aus. Er hebt seine Augenbrauen hoch und mustert mich. »Nein, ich bin bald 30. Das ist alt genug.« »Wie alt war nochmal Enrico?« »Er ist 32«, antwortet er. »Hmm, er ist ja auch so gewachsen.« »Mhm gewachsen auch. Er ist 1,90m.« Das habe ich tatsächlich schon bemerkt. Wenn er neben mir steht und ich hoch schaue, kriege ich fast einen Genickbruch. »Und du bist doch 1,86m oder so. Also viel unterschied habt ihr nicht.« »Nun ja, Enrico ist trotzdem der bedrohlichere.«
»Ich wollte dir Bescheid geben, dass Massimo uns zum Abendessen eingeladen hat. Wir sind also heute Abend dort.« »Um wie viel Uhr?« »19 Uhr.« Ich nicke und klappe das Fotoalbum zu. Er küsst meinen Haaransatz und verlässt dann meinen Zimmer.
—
Wir sind schon seit ungefähr 1 Stunde bei den Pellegrinis und haben uns jetzt auch an den Tisch gesetzt. »Ich hoffe die Geschäfte laufen gut, Marcello.« Mein Vater nickt und erzählt ihm dazu noch Sachen, die mich überhaupt nicht interessieren. »Was machst du so?«, frage ich und schaue zu Aurora. »In deiner Freizeit«, ergänze ich. »Ich mache vieles.. aber am meisten hänge ich mit Freunden ab.« »Sie haben dich so vermisst. Wir könnten sie überraschen«, fügt sie hinzu. Ich lächle und nicke. »Ich habe sie auch vermisst. Es ist wirklich so lange her.« »Wo ist eigentlich Enrico?«, fragt Silvano. »Er sollte gleich da sein. Heute hatte er viele Meetings«, antwortet Massimo.
Ich höre wie die Haustür auf und dann wieder zugeht. »Er ist da«, murmelt Aurora. Ich drehe mich aus reflex um und sehe ihn. Er trägt ein Anzug wie heute Morgen und sieht elegant aus. »Buona sera«, begrüßt er und setzt sich vor mein Vater und neben Silvano hin. »Du hast uns gefehlt«, sagt sein Großvater Massimo. Enrico nickt nur und fängt an zu essen. »Ist er immer so?«, flüstere ich zu Aurora. Sie schmunzelt leicht und schaut zu ihm. »Man kann sagen, er ist sehr launisch.«
Ich nicke und setze mich aufrecht hin. Als ich ungewollt zu Enrico schaue, treffen sich plötzlich unsere Blicke. Fast verschlucke ich mich an meinem Wasser, rette mich jedoch rechtzeitig. Diese schwarzen Augen sind wie ein Abgrund, in den ich gerne hineinfalle. Mój Boże
Ich sollte mich auf das Essen konzentrieren, statt auf seine Augen.
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Ich sitze alleine am Pool und genieße die Stille. »Was machst du hier alleine?« Ruckartig drehe ich mich um und sehe Enrico. »Du kannst reden?«, frage ich und schaue wieder auf den Pool. Er setzt sich auf die andere Liege, spreizt seine Beine auseinander und stützt seine Ellbogen auf die Knie. »Du bist groß geworden«, wechselt er das Thema. »Selbstverständlich. Es sind Jahre vergangen«, entgegne ich. »Früher, als du ein kleines Kind warst, hast du mich geliebt.« »Was? Wirklich?«, frage ich nach und schaue zu ihm. Sein Seitenprofil ist wirklich- Ok hör auf ihn anzustarren, Ana.
»Wieso bist du schockiert?« »Es ist sehr unrealistisch, so jemanden, wie dich zu lieben.« »Du hast es trotzdem getan.« »Du hast dich aber auch sehr verändert. Trainierst du?« »Ja, schon sehr lange sogar. Als du auf die Welt gekommen bist, war ich 12. Da habe ich mit Boxen angefangen.« Ich nicke erstaunt. »Machst du irgendeine Sportart?«, hakt er. »Ich spiele Tennis.« »Deswegen hat Silvano ein Tennis Platz bauen lassen.« »Ja, immerhin das. Er will das ich mich wie zuhause fühle.« »Dafür bin ich ihm auch dankbar.« Als ich auf meine Oberschenkel schaue, sehe ich plötzlich eine Spinne. »Mio dio!«, zische ich und lasse meine Arme panisch hoch. »Nimm die Spinne weg! Enrico bitte!«
Er schaut mich kurz überrascht an, steht dann aber auf und nähert sich mir langsam. Seine Hand gleitet vorsichtig unter mein Kleid, um die Spinne zu entfernen. Ein leichtes Erröten steigt mir ins Gesicht, als sein Blick kurz auf meine Beine fällt und er meine nackte Haut berührt. Doch seine Berührung ist sanft und beruhigend, und ich atme erleichtert auf, als er die Spinne behutsam wegnimmt. »Grazie«, bedanke ich mich. »Du hast immer noch Angst vor Spinnen«, stellt er fest. »Ich hasse Spinnen.« »Ich weiß.« »Früher wolltest du auch immer, dass ich die Spinnen wegnehmen. Das hat sich also nicht geändert.«
Er erinnert sich an das? Ich bin sprachlos.
Ich räuspere mich und stehe auf. »Es wird langsam kalt. Lass uns reingehen«, sage ich.
Wie findet ihr die Story bis jetzt? Wie wir sehen hat sich Enrico vieles gemerkt.. hat das eine Bedeutung???
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La mia altra metà
Romansa𝐆𝐢𝐧𝐞𝐯𝐫𝐚 𝐀𝐧𝐚𝐬𝐭𝐚𝐳𝐣𝐚 𝐕𝐞𝐧𝐭𝐮𝐫𝐢 ist die Tochter eines wohlhabenden Geschäftsmannes. Nach der Trennung ihrer Eltern lebt sie mit ihrer Mutter in Polen und führt dort ihr eigenes Leben. Doch als ihre Mutter unerwartet an einer Krankhe...